Signatur: BArch, MfS, VRD, Nr. 6260, Bl. 53-55
Bis heute liegt das Hans-Zoschke Stadion in direkter Nachbarschaft zur ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Dort hat der Sportverein SV Lichtenberg 47 seine Heimat. Die enge Bebauung des Stasi-Areal Mitte der 70er und der trotzdem steigende Platzbedarf des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sorgte dafür, dass die Stasi ihre Lichtenberger Zentrale auf das Gelände des angrenzenden Stadions ausdehen wollte. Doch eine Übernahme war nicht ohne Weiteres möglich.
Bereits seit Mitte der 70er Jahre zeigte das MfS großes Interesse daran, das Gelände des Hans-Zoschke-Stadions im Zuge baulicher Erweiterungen der Stasi-Zentrale zu übernehmen. Mittlerweile war der Hauptsitz des MfS zu einem riesigen Areal von über fünf Hektar angewachsen. Seit 1979 kam nördlich des Fußball-Stadions, an der Gotlindestraße gelegen, ein neu errichteter Gebäudekomplex hinzu (Häuser 40 bis 49). Dieses Teilobjekt Gotlindestraße hatte keine direkte Verbindung zum Hauptareal. Getrennt waren die beiden Objekte nur durch das Hans-Zoschke-Stadion, wo die Fußballer von Lichtenberg 47 ihre Heimspiele austrugen.
Das Stadion war der Stasi deshalb ein Dorn im Auge. Laut MfS verhinderte es die Schaffung eines in sich geschlossenen Dienstobjekts. Dies war für die Stasi einerseits aus Sicherheitsgründen problematisch, da das Stadion zwischen den beiden Teilobjekten die Objektsicherung sowie den Transport von dienstlichen Unterlagen erschwerte. Zum anderen plante die Stasi das Hans-Zoschke-Stadion und sein Gelände für den eigenen Dienstsport zu nutzen. Deshalb bereitete die Verwaltung Rückwärtige Dienste der Stasi (VRD) die Übernahme des Stadions vor, was sich jedoch problematisch gestaltete.
Denn am 30. Juni 1982 hatte der Magistrat, die oberste Verwaltungseinheit Ost-Berlins, den Beschluss Nr. 275/82 gefasst. Er legte fest, dass eine Inanspruchnahme von Sportobjekten im Stadtgebiet nur dann erfolgen kann, wenn zum Zeitpunkt der Beanspruchung eine adäquate nutzungsfähige Ersatzanlage zur Verfügung steht. Die Stasi konnte den Sportverein also nicht einfach aus dem Hans-Zoschke-Stadion verbannen ohne ihm eine alternative Sportstätte anzubieten.
So scheiterte die Stadionübernahme durch die Stasi bis zum Ende der Geheimpolizei. Die Suche nach einer Alternativspielstätte für die Fußballer war erfolglos geblieben, da es im Ost-Berlin der späten 70er und frühen 80er schlicht zu wenige Sportplätze gab. Auch ein Stadionneubau war aufgrund von Planrückständen und knappen Baukapazitäten bis zum Mauerfall unmöglich. So ist der SV Lichtenberg 47 bis heute im Hans-Zoschke-Stadion zu Hause.
In einer Absprache mit Helmut Müller, dem 2. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, forcierte die Stasi einen Stadionneubau am Rande des geplanten Volksparks "Malchower See" in Wartenberg-Süd. Zudem hatte das MfS die Unterstützung des damaligen Ost-Berliner Oberbürgermeisters Erhard Krack für das Bauprojekt gewonnen. Die Lichtenberger Fußballer wurden über die Verlagerungspläne jedoch im Dunklen gelassen. Erst zu gegebener Zeit wollte man mit dem Vorhaben in die Öffentlichkeit treten.
Absprache
mit Genossen Helmut Müller, 2. Sekretär der Bezirksleitung Berlin, am 18. November 1983
Bevor Aktivitäten ausgelöst werden, hat mich der Genosse Minister beauftragt, unsere Vorstellungen zur Verlagerung des Hans-Zoschke-Stadions zu unterbreiten.
Wir möchten als MfS auf Grund der Lage weder über einen Neubau eines Stadions sprechen noch für die Sportler der BSG Lichtenberg 47 die Bedingungen für die Durchführung ihres Sports verschlechtern.
Zur gegenwärtigen Situation:
- Das Hans-Zoschke-Stadion wird von der BSG Lichtenberg 47 zum Spielbetrieb in der DDR-Fußball-Liga genutzt.
Die durchschnittliche Zuschauerzahl pro Spiel beträgt ca. 1.000.
- Das Hans-Zoschke-Stadion liegt durch die Baumaßnahmen der letzten Jahre mitten im Dienstobjekt des MfS (siehe Übersicht).
- Zur Erhöhung der Objektsicherheit und des Transports dienstlicher Unterlagen zwischen den Teilobjekten in der Normannenstraße und Gotlindestraße ist eine Verlagerung des Sportstättenbetriebes durch die BSG Lichtenberg 47 zwingend erforderlich.
- Das MfS sieht seine Aufgabe darin, ein geeignetes Ersatzobjekt mit unseren materiellen Kennziffern zu errichten (siehe dazu Magistratsbeschluß 275/82).
Die Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) entstand 1974 aus der HA VuW, der HV B und ihr unterstellter bzw. zugeordneter Diensteinheiten sowie der Abteilung Finanzen. Ihre Aufgaben waren die materiell-technische Sicherstellung der Arbeit der MfS-Diensteinheiten, insbesondere durch Planung und Bereitstellung des materiellen Bedarfs, Bestands- und Lagerhaltung sowie der Bilanzierung.
Dazu gehörten auch Sicherungsaufgaben zur Unterbindung jedweder Feindtätigkeit im Anleitungsbereich, vor allem in Betrieben im bzw. beim MfS sowie Erfassung, Lagerung und Verteilung und Verwertung der in den Diensteinheiten des MfS angefallenen Asservate mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, Schmuck und Edelmetallen.
aktuelle Seite 1
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Signatur: BArch, MfS, VRD, Nr. 6260, Bl. 53-55
Bis heute liegt das Hans-Zoschke Stadion in direkter Nachbarschaft zur ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Dort hat der Sportverein SV Lichtenberg 47 seine Heimat. Die enge Bebauung des Stasi-Areal Mitte der 70er und der trotzdem steigende Platzbedarf des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sorgte dafür, dass die Stasi ihre Lichtenberger Zentrale auf das Gelände des angrenzenden Stadions ausdehen wollte. Doch eine Übernahme war nicht ohne Weiteres möglich.
Bereits seit Mitte der 70er Jahre zeigte das MfS großes Interesse daran, das Gelände des Hans-Zoschke-Stadions im Zuge baulicher Erweiterungen der Stasi-Zentrale zu übernehmen. Mittlerweile war der Hauptsitz des MfS zu einem riesigen Areal von über fünf Hektar angewachsen. Seit 1979 kam nördlich des Fußball-Stadions, an der Gotlindestraße gelegen, ein neu errichteter Gebäudekomplex hinzu (Häuser 40 bis 49). Dieses Teilobjekt Gotlindestraße hatte keine direkte Verbindung zum Hauptareal. Getrennt waren die beiden Objekte nur durch das Hans-Zoschke-Stadion, wo die Fußballer von Lichtenberg 47 ihre Heimspiele austrugen.
Das Stadion war der Stasi deshalb ein Dorn im Auge. Laut MfS verhinderte es die Schaffung eines in sich geschlossenen Dienstobjekts. Dies war für die Stasi einerseits aus Sicherheitsgründen problematisch, da das Stadion zwischen den beiden Teilobjekten die Objektsicherung sowie den Transport von dienstlichen Unterlagen erschwerte. Zum anderen plante die Stasi das Hans-Zoschke-Stadion und sein Gelände für den eigenen Dienstsport zu nutzen. Deshalb bereitete die Verwaltung Rückwärtige Dienste der Stasi (VRD) die Übernahme des Stadions vor, was sich jedoch problematisch gestaltete.
Denn am 30. Juni 1982 hatte der Magistrat, die oberste Verwaltungseinheit Ost-Berlins, den Beschluss Nr. 275/82 gefasst. Er legte fest, dass eine Inanspruchnahme von Sportobjekten im Stadtgebiet nur dann erfolgen kann, wenn zum Zeitpunkt der Beanspruchung eine adäquate nutzungsfähige Ersatzanlage zur Verfügung steht. Die Stasi konnte den Sportverein also nicht einfach aus dem Hans-Zoschke-Stadion verbannen ohne ihm eine alternative Sportstätte anzubieten.
So scheiterte die Stadionübernahme durch die Stasi bis zum Ende der Geheimpolizei. Die Suche nach einer Alternativspielstätte für die Fußballer war erfolglos geblieben, da es im Ost-Berlin der späten 70er und frühen 80er schlicht zu wenige Sportplätze gab. Auch ein Stadionneubau war aufgrund von Planrückständen und knappen Baukapazitäten bis zum Mauerfall unmöglich. So ist der SV Lichtenberg 47 bis heute im Hans-Zoschke-Stadion zu Hause.
In einer Absprache mit Helmut Müller, dem 2. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin, forcierte die Stasi einen Stadionneubau am Rande des geplanten Volksparks "Malchower See" in Wartenberg-Süd. Zudem hatte das MfS die Unterstützung des damaligen Ost-Berliner Oberbürgermeisters Erhard Krack für das Bauprojekt gewonnen. Die Lichtenberger Fußballer wurden über die Verlagerungspläne jedoch im Dunklen gelassen. Erst zu gegebener Zeit wollte man mit dem Vorhaben in die Öffentlichkeit treten.
Dazu ist eine gründliche politische Vorbereitung aller beteiligten gesellschaftlichen und staatlichen Organe notwendig, um eine zufriedenstellende Lösung für alle Beteiligten, einschließlich der Sportler der BSG Lichtenberg 47 und der Zuschauer und Anhänger, zu erreichen.
- Bisher wurden folgende Vorabstimmungen vorgenommen:
Im Mai 1982 wurde der Oberbürgermeister, Genosse Krack, gebeten, bei der Verlagerung das MfS zu unterstützen. Genosse Krack ist generell einverstanden und hat im Juli 1982 den Stadtrat für Jugend und Sport, Genossen Naumann, beauftragt, alle Fragen mit dem MfS zu lösen.
Vom Stadtrat Naumann wurde im August 1982 ein Forderungsprogramm zur Errichtung eines Ersatzobjektes erarbeitet und festgelegt, zunächst ohne Wissen der BSG Lichtenberg 47 die Vorbereitungsarbeiten in Angriff zu nehmen und erst zu gegebener Zeit in die Öffentlichkeit zu treten.
Das Forderungspgrogramm enthält:
- 1 Typen-Sportplatz (Großfeld mit Rundlaufbahn und 8.000 Zuschauerplätzen)
- 1 Hartplatz für Trainingszwecke
- 2 Kleinfelder
- 1 Sportfunktionsgebäude
(Wiederverwendungsprojekt, mit 120 Umkleideplätzen)
- 1 Sportgebäude.
Vorabstimmungen zur Standortbestimmung fanden mit dem
- Chefarchitekten, Genossen Korn,
- Vorsitzenden der Bezirksplankommission, Genossen Scholz,
- Vorsitzenden der Kreisplankommission Lichtenberg, Genossen Dr. Severin,
statt.
Die Verwaltung Rückwärtige Dienste (VRD) entstand 1974 aus der HA VuW, der HV B und ihr unterstellter bzw. zugeordneter Diensteinheiten sowie der Abteilung Finanzen. Ihre Aufgaben waren die materiell-technische Sicherstellung der Arbeit der MfS-Diensteinheiten, insbesondere durch Planung und Bereitstellung des materiellen Bedarfs, Bestands- und Lagerhaltung sowie der Bilanzierung.
Dazu gehörten auch Sicherungsaufgaben zur Unterbindung jedweder Feindtätigkeit im Anleitungsbereich, vor allem in Betrieben im bzw. beim MfS sowie Erfassung, Lagerung und Verteilung und Verwertung der in den Diensteinheiten des MfS angefallenen Asservate mit Ausnahme von Zahlungsmitteln, Schmuck und Edelmetallen.
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Information über die Nutzung des Hans-Zoschke-Stadions an Oberst Müller vom 8. Februar 1979 Dokument, 3 Seiten
Schreiben an den Oberbürgermeister von Berlin zur Verlagerung des Hans-Zoschke-Stadions von 1988 Dokument, 2 Seiten
Forderungsprogramm für eine Ersatzleistung des "Hans-Zoschke-Stadions" und der Sportanlage "Bornitzstraße" Dokument, 7 Seiten
Schreiben an den Minister zur Übernahme des Hans-Zoschke-Stadions Dokument, 2 Seiten