Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8991, Bl. 1-7
Als Nachfolger Erich Mielkes und neuer Chef des Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) wurde am 18. November 1989 Wolfgang Schwanitz berufen. Noch am selben Tag informierte er die Leiter der Diensteinheiten über die künftige Kompetenzverteilung an der Spitze des Amtes und über die Einrichtung von insgesamt fünf Kommissionen, die die Umstrukturierung der Staatssicherheit vorbereiten sollten.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht verschont.
Am 7. November 1989 trat der Ministerrat der DDR zurück, gezwungen durch die politische und gesellschaftliche Krise des Landes. Am Tag darauf legten auch die Mitglieder des Politbüros ihre Ämter und Funktionen nieder. Erich Mielke, der das Ministerium für Staatssicherheit 32 Jahre lang geleitet hatte, war damit arbeitslos. Sein Nachfolger wurde einer seiner Stellvertreter, Wolfgang Schwanitz. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) selbst wurde mit der neuen Regierung unter Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18. November 1989 in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 18. November informierte Schwanitz die Leiter der Diensteinheiten über die Einrichtung mehrerer Kommissionen, die die "die Neubestimmung der Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Strukturen des Amtes für Nationale Sicherheit" vorbereiten sollten.
[Stempel: 103643]; [handschriftliche Ergänzung: 308/89]
Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik
Amt für Nationale Sicherheit
Der Leiter
Berlin, 18.11.1989
BdL/331/89
Ex.-Nr.:[Stempel: 0079]
Diensteinheiten
Leiter
Die Volkskammer der DDR hat am 17.11.1989 bekanntlich die Bildung eines Amtes für Nationale Sicherheit beschlossen.
Von den Mitarbeitern dieses Amtes wird erwartet, daß sie alles unternehmen, um den Prozeß der revolutionären Erneuerung auf der Grundlage des Aktionsprogramms der SED sowie der Regierungserklärung vorbehaltlos zu unterstützen.
Mit der Berufung zum Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit wurde mir durch die oberste Volksvertretung unseres Landes eine große Verantwortung übertragen, der ich nur durch die aktive und schöpferische Mitarbeit aller gerecht werden kann.
Ich bitte alle Leiter und Mitarbeiter, mir das notwendige Vertrauen entgegenzubringen, damit wir gemeinsam in vertrauensvoller und kameradschaftlicher Zusammenarbeit, mit Offenheit und Parteilichkeit an die Lösung der vor uns stehenden komplizierten Aufgaben herangehen können.
Wir haben in einem relativ kurzen Zeitraum die Neubestimmung der Aufgaben und der Arbeitsweise des Amtes für Nationale Sicherheit vorzunehmen sowie auch die erforderlichen Entscheidungen hinsichtlich seiner Strukturen und zu Kaderfragen zu treffen, um dessen volle Arbeitsfähigkeit herzustellen. Gleichzeitig sind durch die Diensteinheiten die Aufgaben zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit, zur Unterstützung und Sicherung des Prozesses der Erneuerung der Gesellschaft gewissenhaft zu erfüllen.
Damit ich mich auf die Grundfragen der Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Amtes konzentrieren kann, ist zunächst mein 1. Stellvertreter, Genosse Generaloberst Mittig, mit der Leitung des gesamten operativen Bereiches beauftragt.
Die Hauptabteilung Kader und Schulung, die ZAIG, die Abteilung Finanzen und die Rechtsstelle sind mir direkt unterstellt.
Die Führung der anderen, dem ehemaligen Minister direkt unterstellten Diensteinheiten erfolgt vorerst durch Genossen Generaloberst Mittig.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
1950/51 hervorgegangen aus Teilbereichen der HA Intendantur; 1974 kurzzeitig in VRD eingegliedert; von 1975 bis zur Auflösung wieder selbständige Abteilung. Aufgaben: Realisierung der im Zusammenhang mit der Verwendung finanzieller Mittel stehenden Aufgaben; inklusive Zahlungs- und Verrechnungsverkehr; Besoldung/Entlohnung; Bearbeitung von Versicherungsangelegenheiten und Schadensmeldungen; Wahrnehmung der Haushalts-, Bank- und Revisionsfunktion gegenüber den MfS-Betrieben sowie der Aufgaben der Sparkasse als auch Aufbewahrung, Nachweis und Verwertung der an die Abteilung Finanzen des MfS übergebenen Asservate.
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
1953 entstanden durch Umbenennung der Hauptabteilung / Abteilung Personal; zuletzt unterteilt in die Bereiche Kader, Schulung und Disziplinar. Aufgaben: Auswahl, Einstellung, Schulung und Betreuung der MfS-Mitarbeiter, inkl. Versetzungen und Entlassungen von Angehörigen aus dem Dienst des MfS sowie Disziplinararbeit und Gewährleistung der inneren Sicherheit im MfS.
Die Rechtsstelle war eine fachlich der ZAIG unterstellte selbstständige Abteilung der MfS-Zentrale im Anleitungsbereich des Ministers. Die Rechtsstelle hatte die Aufgabe, die spezifischen Interessen des MfS bei der Ausarbeitung von Gesetzen und anderen Akten der Legislative zu vertreten und einzubringen. Ebenso hatte sie auf die Gestaltung internationaler Verträge und der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik in der Hinsicht Einfluss zu nehmen, dass die Handlungsmöglichkeiten des MfS gewährleistet und gesichert blieben.
Das primäre Interesse bestand hierbei indes nicht in der rechtlichen Prüfung des sogenannten operativen Vorgehens der Geheimpolizei, sondern darin, die extralegalen Handlungsspielräume des MfS durch entsprechend auslegungsfähige Abfassung von Gesetzen und Verträgen zu sichern. Die Rechtsstelle war überdies für den Rechtsverkehr des MfS, die Unterstützung der MfS-Diensteinheiten und von Mitarbeitern in Rechtsangelegenheiten zuständig.
Die Rechtsstelle wurde 1957 als Referat 5 des Büros der Leitung eingerichtet und 1969 als selbständige Abteilung aus dem BdL herausgelöst. Sie gewann an Bedeutung durch den nicht zuletzt durch internationalen Druck hervorgerufenen Zwang, auch das Handeln des MfS juristisch abzusichern. Leiter der Rechtsstelle waren Hans Filin (1957-1981) und Udo Lemme (1981-1990), der 1989 zwölf hauptamtliche Mitarbeiter führte.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8991, Bl. 1-7
Als Nachfolger Erich Mielkes und neuer Chef des Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) wurde am 18. November 1989 Wolfgang Schwanitz berufen. Noch am selben Tag informierte er die Leiter der Diensteinheiten über die künftige Kompetenzverteilung an der Spitze des Amtes und über die Einrichtung von insgesamt fünf Kommissionen, die die Umstrukturierung der Staatssicherheit vorbereiten sollten.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht verschont.
Am 7. November 1989 trat der Ministerrat der DDR zurück, gezwungen durch die politische und gesellschaftliche Krise des Landes. Am Tag darauf legten auch die Mitglieder des Politbüros ihre Ämter und Funktionen nieder. Erich Mielke, der das Ministerium für Staatssicherheit 32 Jahre lang geleitet hatte, war damit arbeitslos. Sein Nachfolger wurde einer seiner Stellvertreter, Wolfgang Schwanitz. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) selbst wurde mit der neuen Regierung unter Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18. November 1989 in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 18. November informierte Schwanitz die Leiter der Diensteinheiten über die Einrichtung mehrerer Kommissionen, die die "die Neubestimmung der Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Strukturen des Amtes für Nationale Sicherheit" vorbereiten sollten.
Mit der Leitung eines bisherigen Anleitungsbereiches wird bis auf weiteres Genosse Oberst Schwager beauftragt.
Die anderen Verantwortungsbereiche und deren Leitung bleiben vorerst bestehen.
Für die Neubestimmung der Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Strukturen des Amtes für Nationale Sicherheit sowie für die Lösung aller damit verbundenen grundsätzlichen Fragen und Probleme wird eine Zentrale Kommission gebildet, deren Leitung ich persönlich übernehme.
Zur breiten Einbeziehung der Kollektive in die Neubestimmung der Aufgaben und der Prüfung und Verarbeitung der dazu unterbreiteten Vorschläge sowie zur Schaffung von Grundlagen für die Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Amtes und für die Klärung von Problemen, die im Zusammenhang mit der Überführung in die neue Struktur auftreten, werden folgende Kommissionen gebildet:
Die Leiter und festzulegende ständige Mitglieder der genannten Kommissionen werden aus dem bisherigen Arbeitsprozeß herausgelöst und nehmen unverzüglich ihre Arbeit auf. In den jeweiligen Kommissionen sind umgehend konzeptionelle Vorstellungen zur Realisierung ihrer Aufgabenstellungen zu erarbeiten. Es ist zu gewährleisten, daß sich die Kommissionen untereinander abstimmen und eine ständige enge Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten sichern.
Jetzt kommt es darauf an, daß die entsprechend den Hinweisen in der zentralen Dienstbesprechung am 15.11.1989 gebildeten bzw. noch zu bildenden Kommissionen in den Diensteinheiten auch Vorschläge und Überlegungen zu den neuen Aufgabenstellungen und Strukturen entgegennehmen, zusammenfassen und den unter Ziffer 1. bis 5. genannten Kommissionen unterbreiten.
Gleichfalls sind die Fragen und Vorschläge im Zusammenhang mit der Überführung vom MfS in das Amt und zu Kaderproblemen an die genannten Kommissionen zu übergeben, die durch die Kommissionen in den Diensteinheiten nicht gelöst werden können.
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Organisationsprinzip im MfS wie auch in anderen DDR-Organen, das die Aufteilung der unmittelbaren Leitungsverantwortung für die Unterstrukturen einer größeren Diensteinheit auf deren Leiter und eine untergeordnete Leitungsebene beinhaltete. Die Anleitungsbereiche waren in der Regel nach fachlichen und organisatorischen Kriterien strukturiert. Die dem Leiter nicht direkt unterstellten Diensteinheiten standen zumeist unter der Anleitung seiner Stellvertreter (Stellvertreterbereich). Anleitungsbereiche gab es aber auch darüber hinaus. So gehörten zuletzt die Rechtsstelle, die Abteilung XII und die Abteilung XIII zum Anleitungsbereich des Leiters der ZAIG sowie die Abteilung M zum Anleitungsbereich des Leiters der HA II. In den 70er Jahren bildete eine Reihe von operativen Diensteinheiten den Anleitungsbereich des Leiters der AGM.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
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Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8991, Bl. 1-7
Als Nachfolger Erich Mielkes und neuer Chef des Amts für Nationale Sicherheit (AfNS) wurde am 18. November 1989 Wolfgang Schwanitz berufen. Noch am selben Tag informierte er die Leiter der Diensteinheiten über die künftige Kompetenzverteilung an der Spitze des Amtes und über die Einrichtung von insgesamt fünf Kommissionen, die die Umstrukturierung der Staatssicherheit vorbereiten sollten.
Im November 1989 mussten SED und Staatssicherheit unter dem Druck der Bürgerbewegung immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise. Davon blieb auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht verschont.
Am 7. November 1989 trat der Ministerrat der DDR zurück, gezwungen durch die politische und gesellschaftliche Krise des Landes. Am Tag darauf legten auch die Mitglieder des Politbüros ihre Ämter und Funktionen nieder. Erich Mielke, der das Ministerium für Staatssicherheit 32 Jahre lang geleitet hatte, war damit arbeitslos. Sein Nachfolger wurde einer seiner Stellvertreter, Wolfgang Schwanitz. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) selbst wurde mit der neuen Regierung unter Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18. November 1989 in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umgewandelt.
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 18. November informierte Schwanitz die Leiter der Diensteinheiten über die Einrichtung mehrerer Kommissionen, die die "die Neubestimmung der Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Strukturen des Amtes für Nationale Sicherheit" vorbereiten sollten.
Alle grundsätzlichen, übergreifenden Fragen und Probleme, die die Schaffung des Amtes für Nationale Sicherheit betreffen, sind der Zentralen Kommission zu übergeben.
Ich erwarte von allen Leitern und Mitarbeitern, daß sie sich aktiv am Prozeß der Neuprofilierung beteiligen, aber auch verantwortungsbewußt die täglichen operativen bzw. fachlichen Aufgaben realisieren.
Erste Hinweise zu organisatorisch-technischen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Bildung des Amtes für Nationale Sicherheit jetzt unmittelbar ergeben, sind aus der Anlage ersichtlich.
Diese Hinweise sind ab sofort umzusetzten.
Die dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des bisherigen Ministeriums für Staatssicherheit behalten im Sinne einer Übergangsregelung vorerst ihre Gültigkeit.
[Unterschrift: Schwanitz]
Generalleutnant
Anlage
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
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Fernschreiben von Schwanitz an die Leiter der Bezirks- und Kreisämter für Nationale Sicherheit über die aktuelle Sicherheitslage in den Dienstobjekten Dokument, 3 Seiten
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