Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 5383, Bd. 4, Bl. 144-149
Ende Januar 1990 wurde das Dienstobjekt Wartin an den Kreis Angermünde übergeben. In einem "Maßnahmeplan" sind alle organisatorischen Schritte verzeichnet.
Zur Ausbildung von eigenen Mitarbeitern und ausländischen Kadern aus den sogenannten "jungen Nationalstaaten" diente der Stasi das Objekt "Walli" in Wartin bei Prenzlau. Hier wurden auch Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung trainiert, die sogenannten Zentralen Spezifischen Kräfte, Flugsicherungsbegleiter und Objektsicherungskräfte.
Auf dem Gelände bestanden die Voraussetzungen zur Sprengausbildung und ab Mitte der 80er Jahre konnten an einem ausgemusterten Verkehrsflugzeug vom Typ Tu-134 Antiterroreinheiten eine Befreiung entführter Passagiermaschinen trainieren.
Im Zuge der friedlichen Revolution versammelten sich am 5. Dezember 1989 mehrere Personen der SDP Ortsgruppe Schwedt vor der Wache des Dienstobjekts und verlangten Auskunft über die dortigen Handlungen. Bereits am 31. Januar wurde das Dienstobjekt durch das AfNS an den Kreis Angermünde übergeben. Der vorliegende "Maßnahmeplan" nennt alle dafür notwendigen organisatorischen Schritte.
Stand der Entlassungen
15.01.1990
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt] (UaZ)
Genn. [geschwärzt]
31.01.1990
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genn. [geschwärzt]
Genn. [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt] (UaZ)
Genosse [geschwärzt] (UaZ)
Genosse [geschwärzt] (UaZ)
Genosse [geschwärzt] (UaZ)
11.02.1990
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genn. [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
Genn. [geschwärzt]
Genosse [geschwärzt]
28.02.1990
Genosse [geschwärzt] (wegen Krankenhausaufenthalt)
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
Unteroffiziere auf Zeit (UaZ, bis 1983 Soldaten auf Zeit oder SaZ) waren Wehrpflichtige, die sich freiwillig auf drei Jahre verpflichtet hatten. Für sie galten sehr viel weniger strenge Auswahlkriterien als für die Berufssoldaten (hauptamtliche Mitarbeiter). Mit der geheimdienstlichen Arbeit waren sie nicht befasst; außerdem wurden sie vom MfS selbst überwacht.
Nur ein geringer Teil (ca. 10 Prozent) der Zeitsoldaten wurde in den normalen MfS-Dienst übernommen. Die meisten UaZ dienten im Wachregiment "Feliks Dzierżyński" (1989 8.735 Mann) sowie in den Wach- und Sicherungseinheiten (WSE) der Bezirksverwaltungen (1989 ca. 2.800). Daneben wurden sie auch als Fach- und Hilfskräfte in den rückwärtigen Diensten eingesetzt (1989 rund 1.500).
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 5383, Bd. 4, Bl. 144-149
Ende Januar 1990 wurde das Dienstobjekt Wartin an den Kreis Angermünde übergeben. In einem "Maßnahmeplan" sind alle organisatorischen Schritte verzeichnet.
Zur Ausbildung von eigenen Mitarbeitern und ausländischen Kadern aus den sogenannten "jungen Nationalstaaten" diente der Stasi das Objekt "Walli" in Wartin bei Prenzlau. Hier wurden auch Sondereinheiten zur Terrorismusbekämpfung trainiert, die sogenannten Zentralen Spezifischen Kräfte, Flugsicherungsbegleiter und Objektsicherungskräfte.
Auf dem Gelände bestanden die Voraussetzungen zur Sprengausbildung und ab Mitte der 80er Jahre konnten an einem ausgemusterten Verkehrsflugzeug vom Typ Tu-134 Antiterroreinheiten eine Befreiung entführter Passagiermaschinen trainieren.
Im Zuge der friedlichen Revolution versammelten sich am 5. Dezember 1989 mehrere Personen der SDP Ortsgruppe Schwedt vor der Wache des Dienstobjekts und verlangten Auskunft über die dortigen Handlungen. Bereits am 31. Januar wurde das Dienstobjekt durch das AfNS an den Kreis Angermünde übergeben. Der vorliegende "Maßnahmeplan" nennt alle dafür notwendigen organisatorischen Schritte.
Bin Teil der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter geht in Übergangsrente, außer 3 Genossen verfügen alle über ein neues Arbeitsverhältnis. Die 3 Genossen werden weiterhin durch die HA XXII/10 und Genossen Franz, A. betreut.
[Handschriftlich: Müller]
Hauptabteilung XXII ("Terrorabwehr")
Die Abteilung XXII richtete ihre Aufmerksamkeit vor allem auf linksterroristische Organisationen, jedoch auch auf linksextreme Gruppen in der Bundesrepublik mit DDR-kritischer Ausrichtung (etwa "trotzkistischer" oder "maoistischer" Spielart), die autonome Szene in Westberlin sowie militante Gruppierungen im palästinensischen bzw. arabischen Lager (wie die Abu-Nidal-Gruppe). Sobald sich die Arbeit solcher Zellen gegen die DDR zu richten schienen, leitete die Abteilung XXII umfangreiche Zersetzungsmaßnahmen ein (so zum Beispiel gegenüber der KPD/ML).
Die Diensteinheit befasste sich auch mit neonazistischen und rechtsextremen Gruppen in der Bundesrepublik (wie der "Wehrsportgruppe Hoffmann") sowie allen Einrichtungen, die dezidiert antikommunistische Positionen vertraten (wie etwa die Arbeitsgemeinschaft 13. August - Haus am Checkpoint Charlie). Im Umfeld solcher Organisationen hatte die Abteilung XXII 161 IM platziert, davon 35 aus dem Westen (wie etwa den RAF-Anwalt Klaus Croissant oder den Ex-Terroristen Till Meyer).
Die Bildung der Abteilung XXII im Jahre 1975 war eine Reaktion auf die Entstehung des arabisch/palästinensischen und bundesdeutschen Terrorismus. Die Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter dieser Diensteinheit wuchs bis 1980 auf fast 140 Personen an, doch sogar mit 248 Mitarbeitern im Jahre 1988 war die Abteilung innerhalb des Mielke-Apparates vergleichsweise klein dimensioniert. Aufgrund der Brisanz ihrer Tätigkeit war sie besonders um Abschottung und Konspiration bemüht und suchte häufig Rückendeckung von oben.
Zunächst wurde die Abteilung XXII von Harry Dahl geleitet, ihm folgte 1985 Horst Franz. Um etwaige Drohanrufe oder potenzielle Gewaltakte auch in der DDR sowie mögliche Rückverbindungen westlicher Terroristen nach Ostdeutschland aufzudecken, existierten in den BV sogenannte Arbeitsgruppen XXII mit insgesamt 69 Mitarbeitern.
Aus weltanschaulichen Gründen hat die Staatssicherheit zudem damalige Befreiungsbewegungen der Dritten Welt (wie den Afrikanischen Nationalkongress / ANC) sowie etliche "junge Nationalstaaten" protegiert. Als Verbündete im Kampf gegen den "Imperialismus" wurden zwischen 1970 und 1989 insgesamt 1 895 Mitglieder dieser Organisationen militärisch oder geheimpolizeilich ausgebildet. Hierfür zuständig war die Arbeitsgruppe des Ministers/Sonderfragen (AGM/S), die auch Aufgaben der bewaffneten Flugsicherungsbegleitung wahrnahm und ggf. Gewalttäter überwältigen sollte.
Im Jahre 1987 wurde diese Diensteinheit in Abteilung XXIII umbenannt und verschmolz 1989 mit der Abteilung XXII zur Hauptabteilung XXII mit zuletzt 878 Mitarbeitern.
Die Umwandlung des MfS in ein AfNS erfolgte im Zusammenhang mit der Neubildung der Regierung durch Ministerpräsident Hans Modrow am 17./18.11.1989. Zum Leiter des Amtes wurde Schwanitz gewählt. War Mielke als Minister für Staatssicherheit noch dem Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der DDR und faktisch dem SED-Generalsekretär unterstellt gewesen, so ordnete man Schwanitz dem Vorsitzenden des Ministerrates unter. In der Regierungserklärung wurde dem neuen Amt vorgegeben, dass »neues Denken in Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit« auch von diesem Bereich erwartet werde und dass der Apparat zu verkleinern sei. Näheres hätte in einem Gesetz geregelt werden müssen, das geplant wurde, aber nie verabschiedet worden ist. Noch am Tag seiner Wahl informierte der neue Amtschef die Mitarbeiter der Staatssicherheit, dass der »Prozess der revolutionären Erneuerung« vorbehaltlos zu unterstützen sei. Kommissionen zur Neustrukturierung wurden eingerichtet und die Diensteinheiten aufgefordert, eigene Vorschläge einzubringen. Dies waren Versuche einer technokratischen Reform, die von der alten Generalsriege angeleitet wurden. Angekündigt wurde, das Personal abzubauen – zuerst ging es um 10 %, zwei Wochen später war die Vorgabe bereits eine Reduktion um 50 %. Das alte Feindbild sollte nicht mehr gelten: »Andersdenkende« seien jetzt zu tolerieren, nur »Verfassungsfeinde« zu bekämpfen. Unklar blieb, wer Letzteren in einer Zeit zuzurechnen war, in der die Verfassung selbst zur Disposition stand. Zugleich wurde die Aktenvernichtung in diesen Wochen fortgesetzt, viele inoffizielle Mitarbeiter »abgeschaltet«. Die Mitarbeiter waren zunehmend verunsichert und demotiviert. Anfang Dezember beschleunigte sich der revolutionäre Umbruch: Am 1.12.1989 wurde die führende Rolle der SED aus der Verfassung gestrichen, am 3. trat das ZK der SED zurück, am 4. und 5.12. besetzten aufgebrachte Bürger KD und Bezirksämter des AfNS. Die Stasi-Mitarbeiter leisteten keinen gewaltsamen Widerstand. Am 5.12. trat das Kollegium des AfNS zurück. In den folgenden Tagen wurden die Leiter der meisten Hauptabteilungen und der Bezirksämter abgesetzt. Am 7.12.1989 forderte der Zentrale Runde Tisch die Auflösung des AfNS – auch mit den Stimmen der SED-Sprecher. Am 14.12. wurde durch den Ministerrat beschlossen, das AfNS aufzulösen und durch einen sehr viel kleineren Verfassungsschutz (ca. 10 000 Mitarbeiter) und einen mit ca. 4000 Mitarbeitern gegenüber der HV A fast unveränderten Nachrichtendienst zu ersetzen. In diese Dienste sollten keine ehemaligen Führungskader der Staatssicherheit übernommen werden. Parallel dazu bestand aber das »AfNS in Auflösung« fort, dessen Leiter den alten Apparat abwickeln sollten. Das war eine Ambivalenz, die das allgemeine Misstrauen weiter verstärkte und die Forderung nach vollständiger Auflösung der Geheimpolizei wieder lauter werden ließ.
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Bericht über die Besichtigung des Dienstobjektes Wartin durch Ortsgruppe Schwedt der SDP Dokument, 1 Seite
Unterbringungsmöglichkeiten im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 3 Seiten
Bericht über einen Brand im Dienstobjekt "Walli" bei Wartin Dokument, 1 Seite
Protokoll über eine Besichtigung des Dienstobjektes "Walli" bei Wartin im Oktober 1989 Dokument, 3 Seiten