Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Kreis Stollberg
Referat A
Auf der Linie Ostbüro wurden keine Feststellungen getroffen, über provokatorisches Verhalten dieser Personen.
Referat B
Am 12.06.1953 sagte der Großbauer Landgraf, Kurt geboren am 09.02.1908, wohnhaft in Lugau / Kirchberg, [anonymisiert], folgendes:
"Es hätte noch nie eine solche Regierung gegeben, wie diese jetzt, die sich so eine Blöse gibt und ihre Fehler einsieht. Die Bauern würden daher fordern, daß derjenige, welcher die Fehler gemacht hat, abgesetzt wird; denn wenn die Bauern Fehler machen, würden diese auch verhaftet werden."
am 17.06.1953 sagte er zu der [anonymisiert] geb. am [anonymisiert]1930. wohnhaft in Lugau / Kirchberg folgendes:
" In Berlin wäre der Ausnahmezustand verhängt, die Volkspolizei hätte auf die Demonstranten geschossen und die Westberliner Krankenautos würden die Verwundeten wegfahren. Adenauer wäre ebenfalls in Westberlin eingetroffen und hätte den Befehl gegeben, es soll alles ruhig bleiben und der sowjetische Sektor mit Lebensmittel versorgt werden.
Nuschke hätte sich unter den Schutz der westlichen Behörden gestellt. Ulbricht wäre ein Verbrecher, da er Ernst Thälmann verraten hätte. Ulbricht wäre damals in die Tschechoslowakei ausgerissen und hätte von dort aus einen Brief an die Gestapo geschrieben und hätte in diesem das Versteck von Ernst-Thälmann verraten".
Diese Gespräch hörten außer der [anonymisiert] noch zwei weitere Personen.
Der Obengenannte ist Mitglied der NSDAP gewesen seit 1932 und hatte den Rang eines Obersturmführers der SA.
Während des Krieges war er Angehöriger der SA-Standarte Feldhernnhalle.
Am 18.06.1953 gegen 22.45 Uhr wurde der [anonymisiert], wohnhaft in [anonymisiert]/ [anonymisiert] in Oelsnitz, Alte Oelsnitz Alter Oelsnitzer Str. auf einem 15 cm hohen Baumstumpf eine kleine Hitlerbüste aus Metall gefunden.
Referat C
Am 17.06.1953 gegen 18.00 Uhr wurden im Steinkohlenwrek Karl-Liebknecht zwei Hunte mit folgenden Losungen festgestellt:
"Kumpels wann demonstrieren wir und wir grüßen die Streikenden von Ostberlin."
Am 18.06.1953 um 6.00 Uhr eine weitere AUfschrift auf einen Hunt"Wo ist Ulbricht und Pieck?" Ein weiterer Hunt war beschriftet mit "Übt Solidarität, streikt!"
Am 19.06.1953 gegen 18.30 Uhr kam wieder ein Hunt nach Übertage mit der Losung "Berlin streikt. Kumpel wo bleibst Du?"
Am 20.06.1953 gegen 7.00 Uhr wurde an einer Wand der Hängebank des Rudolf-Breitscheidt-SChachtes in Oelsnitz die Losung vorgefunden "SED abtreten". Diese war mit blauem Oelkreidestift geschrieben. Größe 40 cm.
Von der entsprechenden Dienststelle wird angenommen, daß es sich nicht um eine Einzelperson handelt, sondern um eine Gruppe, die dort Feindtätigkeit ausübt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Referat D
Am 23.06.1953 gegen 19.00 Uhr wurde [durchgestrichen: uns] von dem Genossen Neef, Max geb. am 28.05.1889 , wohnhaft in Stollberg, [anonymisiert], folgendes mitgeteilt:
Bei seinem Nachhauseweg konnte er feststellen, daß die nachfolgend genannten Angehörigen der Zeugen Jehovas bei der Fam. [anonymisiert], Bahnwärterhäuschen an der Bahnlinie Stollberg - Oelsnitz eine illegale Zusammenkunft der Sekte durchführten.
Dies waren:
1. Frau [anonymisiert], wohnhaft in Stollberg (in der Fabrik Kemberg & Stärker)
2. Fam. [anonymisiert], wohnhaft in Stollberg im Bahnwärterhäuschen an der Bahnstrecke Stollberg - Oelsnitz.
3. Der Jugendliche [anonymisiert] und seine Schwester, wohnhaft ebenfalls in Stollberg.
Referat E
CDU, Kirche und Junge Gemeinde verhielten sich passiv undn traten nirgends in Aktion.
Referat F
Am 22.06.1953 gegen 9.00 Uhr wurde von dem Genossen [anonymisiert], wohnhaft in Niederwürschnitz [anonymisiert] in Oelsnitz, Lugauer Str. 4 ein Flugblatt in der Größe 10 x 4 cm mit der Aufschrift "Weg mit dem Spitzbart" gefunden.
Das Flugblatt wurde mit einem Kinderstempelkasten gedruckt.
Kreis Werdau
Referat A
Personenkreise, die der rechten SPD nahestehen, sind nicht in Erscheinung getreten.
Referat B
Faschistisch militaristische Personenkreise sind nicht in Aktion getreten.
Referat C
Es ergaben sich keine Anhaltspunkte, worauf sich schließen ließ, daß Untergrundtätigkeit in irgend einer Form vorhanden ist.
Referat D
Sekten und Umsiedlerkreise verhalten sich neutral.und warten das Kommende ab.
Referat E
CDU, Kirche und Junge Gemeinde beschäftigen sich nur mit Dingen, die sie selbst betreffen, unter anderem die Maßnahmen zur freien Betätigung der Jungen Gemeinde.
Referat F
Irgendwelche Provokationen, Flugblattaktionen usw. sind im Kreis Werdau nicht zu verzeichnen.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Kreis Zschopau
Referat A
Es sind keine Anzeichen vorhanden, daß seitens des Ostbüros oder rechten SPD-Leute feindliche Arbeit geleistet wurde.
Referat B
Militaristisch faschistische Elemente traten nicht in Erscheinung.
Referat C
Es gibt keine Vorfälle, die darauf hindeuten, daß irgendwelche Untergrundorganisationen vorhanden wäre, oder eine diesbezügliche Tätigkeit ausüben.
Referat D
Sekten sowie Umsiedlerkreise verhalten sich abewartend gegenüber den neuen Maßnahmen unserer Regierung.
Referat E
CDU, Kirchen und Junge Gemeinde versuchen aus den gegenwärtigen Verhältnissen einen Nutzen herauszuschlagen und die Organisation zu stärken.
Referat F
Ein gefälschtes Schreiben, angeblich vom ZK unserer Partei an einen volkseigenen Betrieb, forderten dazu auf die Bilder des Genossen Stalin zu entfernen und an ihrer Stelle die Bilder des Genossen Malenkow aufzuhängen. Weiterhin soll über diese Thena eine breite Diskussion entfalten werden.
In Falkenbach Krs. Zschopau wurden Plakate, die den Ausnahmezustand verkünden, von unbekannten Tätern abgerissen.
Gerüchte sind wie folgt im Umlauf:
Das Leunawerk wäre von Terroristen abgebrannt worden. Der Genosse Walter Ulbricht und Genosse Grotewol wären verhaftet worden.
Kreis Zwickau
Referat A
Am 20.06.1953 wurden auf der Dienststelle Zwickau drei verschiedene Exemplare von Hetz-Flugblättern. Ddas Ostbüros der SED übergeben. Und zwar drei verschiedene Exemplare. 1. Wsrum die Dowjetzone hungern muß, 2- Sowjetteschniker nur Lehrlinge des Westens. Sowjet-Deutsche National-Armee ohne uns."
Trotz sofort angestellter Ermittlungen seitens der Dienststelle konnten die Täter noch nicht ermittelt werden.
Referat B
Militaristische und faschistische Organisationen traten nicht in Erscheinung.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten