Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Referat E
Die CDU, Kirche und Junge Gemeinde legt sich starker Zurückhaltung auf, was so gewertet weerden muß, daß praktisch ihre ureigensten Forderungen schon vor dem eingetretenen Ereignissen durch unsere Regierung erfüllt worden sind.
Referat F
Am Dienstag, den 23.06.1953 wurde in Mylau die einzige öffentliche Fernsprechanlage durch Vernichtung der Verbindungsschnur von unbekannten Tätern gestört.
Folgende Flugblätter wurden im Kreis Reichenbach auf Straßen sowohl in öffentlichen Gebäuden auf Treppenaufgängen gefunden:
17.06.1953 - 3 Stück
Inhalt: Aufruf zum Sturz der Regierung.
18.06.1953 - 4 Stück.
Inhalt: Hetze gegen die DDR.
19.06.1953 - 2 Stück.
Inhalt: Aufruf zum Streik. Es lebe die Freiheit.
23.06.1953 - 1 Stück.
Inhalt: Achtung, Achtung: Reche für den unschuldig hingerichteten Westberliner. Schlagt die SED-Verbrecher tot und [durchgestrichen: hängt] stürzt die Regierung. Es lebe die Freiheit.
Sämtliche Flugblätter waren mit Hand geschrieben. Schriftenvergleiche wurden durchgeführt, jedoch bisher ohne Erfolg.
Kreis Rochlitz
Referat A
Auf der Linie des Referates A sind keine feindlichen Provokationen zu bemerken gewesen.
Referat B
Faschistisch - militaristische Personenkreise verhielten sich passiv.
Referat C
Provokationen und Terrorakte, die auf Untergrundbewegung schließen ließen haben sich nicht ergeben.
Referat D
Angehörige von Sekten und Umsiedlerkreisen hielten sich neutral und haben keine Stellungnahme negativer Art abgegeben.
Referat E
Am 21.06.1953 wurden in den Kirchen Rochlitz, Penig und Gehringswalde Aufrufe verlesen, welche die Aufhebung der Verfolgung der Mitglieder der Jungen Gemeinde beinhalten.
Weiterhin kam in der Predigt zum Ausdruck, daß noch viele Angehörige auf die Rückkehr von Angehörigen warten.
Referat F
Es wurden keinerlei Provokationen festgestellt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Kreis Schwarzenberg
Referat A
Personenkreise, die der SPD angehört haben und verdächtig sind Schumacher-Anhänger zu sein, haben sich nicht an irgendwelchen Provokationen beteiligt.
Referat B
Militaristische und faschistische Personenkreise verhielten sich passiv.
Referat C
Es wurden keinerlei Wahrnehmungen gemacht, die auf eine Untergrundtätigkeit hinweisen.
Referat D
Sekten und Umsiedlerkreise haben sich an Provokationen oder feindlichen Aktionen nicht beteiligt.
Referat E
Am 18.06.1953 hat der Pfarrer Brehm, Johanngeorgenstadt, den Kirchendiener veranlaßt den Befehl über den Ausnahmezustand zu entfernen. Eine Unterredung mit dem Kommandanten hatte klärende Wirkung. Der Pfarrer wurde nicht verhaftet.
Referat F
Am 17.06.1953 23.55 Uhr wurde von der VP auf der Strecke Schwarzenberg / E la an der Bahnüberführung ein Transparent 5 x 0,70m mit folgender Losung entfernt:
"Wir fordern freie Wahlen." Dieses Transparent war auf einer Tafel mit Reißzwecken befestigt und verdeckte von der früheren Losung Marx, Engels und Lenin und Stalin.
Am 18.06.1953 nachts ist in der Bergarbeitersiedlung Neuoberhaus, Johanngeorgenstadt, Haus 5, die Beschädigung zweier Embleme erfolgt. Einem Emblem von Walter Ulbricht wurden die Augen ausgeschnitten, und von einem anderen wurde ein Streifen von ca. 5 cm Breite abgerissen.
Am 19.06.53 wurde auf dem Rabenberg Wismut-Siedlung, im Haus 47 eine Wandzeitung beschädigt und ein Karl-Marx-Bild heruntergerissen. die Tatzeit war von 22.00 - 24.00 Uhr.
Des weiteren wurde am 21.06.1953 in diesem Haus ein Stalin-Bild heruntergerissen.
Am 22.06.1953 wurde in der HO-Gaststätte "Heinzhof" vormittags im Abort der Männer eine Hetzparole angebracht mit folgendem Inhalt:
"Schlagt die Roten Hunde tot. Streik, Streik und nochmals Streik".
Am 22.06.1953 wurden in einem Wald bei Markersbach von dem Arbeiter Albin Lein ein Cellophanbeutel mit 2 Päckchen Flugblätter, je 60 Stück in tschechischer Schrift gefunden. Da im Jahre 1951 in der Nähe dieser Stelle schon einmal Flugblätter dieser Art gefunden wurden, wird angenommen, daß die gefundenen Flugblätter noch aus dieser Zeit stammen.
Am 17.06.1953 war von 11.50 Uhr bis 13.10 Uhr die Telegrafie von Johanngeorgenstadt nach Leipzig gestört.
Weiter waren 2 Telefonleitungen von Johanngeorgenstadt nach dem Ortsteil Mühlberg gestört. Der Schaden wurde am gleichen Tag noch behoben.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Kreis Stollberg
Referat A
Auf der Linie Ostbüro wurden keine Feststellungen getroffen, über provokatorisches Verhalten dieser Personen.
Referat B
Am 12.06.1953 sagte der Großbauer Landgraf, Kurt geboren am 09.02.1908, wohnhaft in Lugau / Kirchberg, [anonymisiert], folgendes:
"Es hätte noch nie eine solche Regierung gegeben, wie diese jetzt, die sich so eine Blöse gibt und ihre Fehler einsieht. Die Bauern würden daher fordern, daß derjenige, welcher die Fehler gemacht hat, abgesetzt wird; denn wenn die Bauern Fehler machen, würden diese auch verhaftet werden."
am 17.06.1953 sagte er zu der [anonymisiert] geb. am [anonymisiert]1930. wohnhaft in Lugau / Kirchberg folgendes:
" In Berlin wäre der Ausnahmezustand verhängt, die Volkspolizei hätte auf die Demonstranten geschossen und die Westberliner Krankenautos würden die Verwundeten wegfahren. Adenauer wäre ebenfalls in Westberlin eingetroffen und hätte den Befehl gegeben, es soll alles ruhig bleiben und der sowjetische Sektor mit Lebensmittel versorgt werden.
Nuschke hätte sich unter den Schutz der westlichen Behörden gestellt. Ulbricht wäre ein Verbrecher, da er Ernst Thälmann verraten hätte. Ulbricht wäre damals in die Tschechoslowakei ausgerissen und hätte von dort aus einen Brief an die Gestapo geschrieben und hätte in diesem das Versteck von Ernst-Thälmann verraten".
Diese Gespräch hörten außer der [anonymisiert] noch zwei weitere Personen.
Der Obengenannte ist Mitglied der NSDAP gewesen seit 1932 und hatte den Rang eines Obersturmführers der SA.
Während des Krieges war er Angehöriger der SA-Standarte Feldhernnhalle.
Am 18.06.1953 gegen 22.45 Uhr wurde der [anonymisiert], wohnhaft in [anonymisiert]/ [anonymisiert] in Oelsnitz, Alte Oelsnitz Alter Oelsnitzer Str. auf einem 15 cm hohen Baumstumpf eine kleine Hitlerbüste aus Metall gefunden.
Referat C
Am 17.06.1953 gegen 18.00 Uhr wurden im Steinkohlenwrek Karl-Liebknecht zwei Hunte mit folgenden Losungen festgestellt:
"Kumpels wann demonstrieren wir und wir grüßen die Streikenden von Ostberlin."
Am 18.06.1953 um 6.00 Uhr eine weitere AUfschrift auf einen Hunt"Wo ist Ulbricht und Pieck?" Ein weiterer Hunt war beschriftet mit "Übt Solidarität, streikt!"
Am 19.06.1953 gegen 18.30 Uhr kam wieder ein Hunt nach Übertage mit der Losung "Berlin streikt. Kumpel wo bleibst Du?"
Am 20.06.1953 gegen 7.00 Uhr wurde an einer Wand der Hängebank des Rudolf-Breitscheidt-SChachtes in Oelsnitz die Losung vorgefunden "SED abtreten". Diese war mit blauem Oelkreidestift geschrieben. Größe 40 cm.
Von der entsprechenden Dienststelle wird angenommen, daß es sich nicht um eine Einzelperson handelt, sondern um eine Gruppe, die dort Feindtätigkeit ausübt.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten