Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 204/62, Bd. 9, Bl. 18-20
Bei der Aktion "Festigung" wurden tausende als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger aus dem innerdeutschen Grenzbereich zwangsweise umgesiedelt. Ein Bericht der Bezirksverwaltung Gera dokumentiert die Meinungen der Bürger hierzu.
Die innderdeutsche Grenze war die Nahtstelle der verfeindeten Systeme - weswegen die DDR-Führung die Grenzanlagen immer weiter ausbauen wollte. Bereits im Mai 1952 wurde ein rund 5 Kilometer breiter Streifen entlang dieser Grenze abgeriegelt. Unmittelbar hinter der Demarkationslinie wies die Stasi an, einen 10 Meter breiten Kontrollstreifen einzurichten, gefolgt von einem 500 Meter breiten Schutzstreifen und einem rund 5 Kilometer breiten Sperrgebiet.
Volkspolizei und die Stasi sorgten im Mai 1952 unter dem Tarnnamen Aktion "Ungeziefer" für die Zwangsaussiedlung tausender Bewohner des Grenzgebietes. Betroffen waren als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger und ihre Familien. Dazu zählten Bürger mit Westkontakten, Kirchgänger, ehemalige Angehörige der NSDAP, Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten. Die verbleibenden Anwohner und die Besucher des Gebietes unterlagen strengen Meldeauflagen und weiteren Verhaltensregeln.
Mit der Abriegelung von West-Berlin am 13. August 1961 und dem anschließenden Mauerbau schloss die SED-Führung das letzte "Schlupfloch" in den Westen. Zur "Erhöhung der Sicherheit an der Staatsgrenze West" plante die SED-Führung nun weitere Zwangsumsiedlungen. Unter der Bezeichnung Aktion "Festigung" - mitunter auch Aktion "Kornblume" oder Aktion "Blümchen" genannt - begann in den Morgenstunden des 3. Oktobers 1961 die Aussiedlung von tausenden Menschen, die als "Unsicherheitsfaktoren" galten. Innerhalb weniger Stunden mussten diese ihre Habseligkeiten packen und wurden auf bereitgestellte Lastwagen verladen.
Die Stasi unterstützte die Aktion, indem sie im Vorfeld die "richtigen Leute" zur Umsiedlung auswählte. Später protokollierten und analysierten die Bezirks- und Kreisverwaltungen die Durchführung der Zwangsumsiedlungen. Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Bericht der Bezirksverwaltung Gera, der eine Woche nach Beendigung der Aktion "Festigung" entstand und die Stimmung der Bürger dokumentiert. Es ist unterzeichnet vom Leiter der Bezirksverwaltung, Julius Michelberger.
Ministerium für Staatssicherheit
Bezirksverwaltung Gera
– Der Leiter –
Ministerium für Staatssicherheit
Zentrale Informationsgruppe
Berlin
Gera, 10.10.1961
Tgb.Nr. C/384/61
Leh/Ri
Betr.: Wöchentliche Berichterstattung nach Abschluß der Aktion "Festigung"
Bezug: Ihre Anweisung
a) Stimmung unter umgesiedelten Personen
Die Mehrzahl dieser Personen äußert sich nicht mehr. Ein Teil, der gute Wohnungen zugewiesen bekam, äußert sich noch verschiedendlich anerkennend.
Am 6.10.1961 organisierten 2 Söhne der aus Großgeschwenda Kreis Saalfeld nach Jena umgesiedelten Familie [geschwärzt] eine Zusammenkunft mit 6 weiteren Personen in Leutenberg, Kreis Saalfeld. Dort wurde beraten, ob es zweckmäßig sei, ein Schreiben zu verfassen mit dem Ziel, die Rückführung dieser Familie nach Großgeschwenda zu erreichen.
Am 7.10.1961 fand in Jena eine weitere Zusammenkunft mit umgesiedelten Personen aus Großgeschwenda statt, worüber noch nichts näheres bekannt ist.
(Diese Angelegenheit wird bearbeitet).
b) Stimmung der Bevölkerung im Grenzgebiet
Der Umfang der Diskussion ist gering und in der Mehrzahl positiv. Die Lage ist normal. Dabei gibt es folgende Argumente:
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die ZAIG war das "Funktionalorgan" des Ministers für Staatssicherheit, die Schaltstelle im MfS, in der nahezu alle komplexen Stabsfunktionen konzentriert waren: die zentrale Auswertung und Information, einschließlich der Berichterstattung an die politische Führung, die Optimierung der entsprechenden Verfahren und Strukturen im Gesamtapparat des MfS, die zentralen Kontrollen und Untersuchungen und die Analyse der operativen Effektivität des MfS, die zentrale Planung und die Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen, zudem die übergeordneten Funktionen im Bereich EDV sowie die Gewährleistung des internationalen Datenaustauschsystems der kommunistischen Staatssicherheitsdienste (SOUD). Nach der Eingliederung der Abteilung Agitation 1985 waren auch die Öffentlichkeitsarbeit und die Traditionspflege des MfS in der ZAIG als "Bereich 6" funktional verankert. Die ZAIG war im direkten Anleitungsbereich des Ministers angesiedelt; ihr waren zuletzt die formal selbständigen Abt. XII, XIII (Rechenzentrum) und die Rechtsstelle fachlich unterstellt.
Die ZAIG geht auf die nach dem Juniaufstand 1953 gegründete und von Heinz Tilch geleitete Informationsgruppe (IG) der Staatssicherheitszentrale zurück, die erstmals eine regelmäßige Lage- und Stimmungsberichterstattung für die Partei- und Staatsführung hervorbrachte. Diese entwickelte sich 1955/56 zur Abteilung Information mit drei Fachreferaten, wurde aber 1957 als Resultat des Konfliktes zwischen Ulbricht und Wollweber wieder stark reduziert. 1957 erhielt die Abteilung mit Irmler einen neuen Leiter, der jedoch bereits 1959 vom ehemaligen stellv. Leiter der HV A Korb abgelöst und zum Stellvertreter zurückgestuft wurde. Gleichzeitig wurde die Diensteinheit in Zentrale Informationsgruppe (ZIG) umbenannt; von da an lief auch die bisher eigenständige Berichterstattung der HV A über sie. 1960 wurde die Berichterstattung an die politische Führung durch einen Ministerbefehl präzise geregelt, und die ZIG erhielt mit der Neueinrichtung von Informationsgruppen in den BV und operativen HA einen soliden Unterbau.
1965 wurde die ZIG in ZAIG umbenannt und ein einheitliches Auswertungs- und Informationssystem eingeführt, das die Recherche und Selektion von Daten sowie die Organisierung von Informationsflüssen gewährleistete. In den operativen HA und BV erhielt die ZAIG mit den AIG entsprechende "Filialen". Im gleichen Jahr ging Korb in den Ruhestand, Irmler wurde wieder Leiter der Diensteinheit.
1968 wurde auch das Kontrollwesen der Staatssicherheit in die ZAIG eingegliedert, das im Dezember 1953 mit der Kontrollinspektion seinen ersten organisatorischen Rahmen erhalten hatte und 1957 mit der Umbenennung in AG Anleitung und Kontrolle erheblich qualifiziert worden war.
1969 erhielt die ZAIG auch die Verantwortung für den Einsatz der EDV. Das im Aufbau begriffene Rechenzentrum (Abt. XIII) wurde ihr unterstellt. In der ersten Hälfte der 70er Jahre bildeten sich vier Arbeitsbereiche der ZAIG heraus. Bereich 1: konkrete Auswertungs- und Informationstätigkeit und Berichterstattung an die politische Führung; Bereich 2: Kontrollwesen, die Erarbeitung von dienstlichen Bestimmungen sowie Prognose- und Planungsaufgaben; Bereich 3: Fragen der EDV; Bereich 4: Pflege und Weiterentwicklung der "manuellen" Bestandteile des Auswertungs- und Informationssystems. 1979 erhielt dieser Bereich auch die Verantwortung für das SOUD ("ZAIG/5").
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Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 204/62, Bd. 9, Bl. 18-20
Bei der Aktion "Festigung" wurden tausende als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger aus dem innerdeutschen Grenzbereich zwangsweise umgesiedelt. Ein Bericht der Bezirksverwaltung Gera dokumentiert die Meinungen der Bürger hierzu.
Die innderdeutsche Grenze war die Nahtstelle der verfeindeten Systeme - weswegen die DDR-Führung die Grenzanlagen immer weiter ausbauen wollte. Bereits im Mai 1952 wurde ein rund 5 Kilometer breiter Streifen entlang dieser Grenze abgeriegelt. Unmittelbar hinter der Demarkationslinie wies die Stasi an, einen 10 Meter breiten Kontrollstreifen einzurichten, gefolgt von einem 500 Meter breiten Schutzstreifen und einem rund 5 Kilometer breiten Sperrgebiet.
Volkspolizei und die Stasi sorgten im Mai 1952 unter dem Tarnnamen Aktion "Ungeziefer" für die Zwangsaussiedlung tausender Bewohner des Grenzgebietes. Betroffen waren als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger und ihre Familien. Dazu zählten Bürger mit Westkontakten, Kirchgänger, ehemalige Angehörige der NSDAP, Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten. Die verbleibenden Anwohner und die Besucher des Gebietes unterlagen strengen Meldeauflagen und weiteren Verhaltensregeln.
Mit der Abriegelung von West-Berlin am 13. August 1961 und dem anschließenden Mauerbau schloss die SED-Führung das letzte "Schlupfloch" in den Westen. Zur "Erhöhung der Sicherheit an der Staatsgrenze West" plante die SED-Führung nun weitere Zwangsumsiedlungen. Unter der Bezeichnung Aktion "Festigung" - mitunter auch Aktion "Kornblume" oder Aktion "Blümchen" genannt - begann in den Morgenstunden des 3. Oktobers 1961 die Aussiedlung von tausenden Menschen, die als "Unsicherheitsfaktoren" galten. Innerhalb weniger Stunden mussten diese ihre Habseligkeiten packen und wurden auf bereitgestellte Lastwagen verladen.
Die Stasi unterstützte die Aktion, indem sie im Vorfeld die "richtigen Leute" zur Umsiedlung auswählte. Später protokollierten und analysierten die Bezirks- und Kreisverwaltungen die Durchführung der Zwangsumsiedlungen. Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Bericht der Bezirksverwaltung Gera, der eine Woche nach Beendigung der Aktion "Festigung" entstand und die Stimmung der Bürger dokumentiert. Es ist unterzeichnet vom Leiter der Bezirksverwaltung, Julius Michelberger.
c) Stimmung der Bevölkerung in den Aufnahmekreisen
Der Umfang der Diskussionen ist gering, die Mehrzahl davon ist positiv, erkennen die Notwendigkeit und loben die gute Organisation.
Im Gegensatz zu den Grenzkreisen ist die Anzahl der Diskussionen mit unklaren, negativen und gerüchteartigem Inhalt etwas größer, insgesamt aber ebenfalls gering.
Die Diskussionen beinhalten folgendes:
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
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Signatur: BStU, MfS, AS, Nr. 204/62, Bd. 9, Bl. 18-20
Bei der Aktion "Festigung" wurden tausende als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger aus dem innerdeutschen Grenzbereich zwangsweise umgesiedelt. Ein Bericht der Bezirksverwaltung Gera dokumentiert die Meinungen der Bürger hierzu.
Die innderdeutsche Grenze war die Nahtstelle der verfeindeten Systeme - weswegen die DDR-Führung die Grenzanlagen immer weiter ausbauen wollte. Bereits im Mai 1952 wurde ein rund 5 Kilometer breiter Streifen entlang dieser Grenze abgeriegelt. Unmittelbar hinter der Demarkationslinie wies die Stasi an, einen 10 Meter breiten Kontrollstreifen einzurichten, gefolgt von einem 500 Meter breiten Schutzstreifen und einem rund 5 Kilometer breiten Sperrgebiet.
Volkspolizei und die Stasi sorgten im Mai 1952 unter dem Tarnnamen Aktion "Ungeziefer" für die Zwangsaussiedlung tausender Bewohner des Grenzgebietes. Betroffen waren als "politisch unzuverlässig" eingeschätzte Bürger und ihre Familien. Dazu zählten Bürger mit Westkontakten, Kirchgänger, ehemalige Angehörige der NSDAP, Bauern, die ihr Ablieferungssoll an den Staat nicht erfüllten, und Menschen, die sich in irgendeiner Form negativ über den Staat geäußert hatten. Die verbleibenden Anwohner und die Besucher des Gebietes unterlagen strengen Meldeauflagen und weiteren Verhaltensregeln.
Mit der Abriegelung von West-Berlin am 13. August 1961 und dem anschließenden Mauerbau schloss die SED-Führung das letzte "Schlupfloch" in den Westen. Zur "Erhöhung der Sicherheit an der Staatsgrenze West" plante die SED-Führung nun weitere Zwangsumsiedlungen. Unter der Bezeichnung Aktion "Festigung" - mitunter auch Aktion "Kornblume" oder Aktion "Blümchen" genannt - begann in den Morgenstunden des 3. Oktobers 1961 die Aussiedlung von tausenden Menschen, die als "Unsicherheitsfaktoren" galten. Innerhalb weniger Stunden mussten diese ihre Habseligkeiten packen und wurden auf bereitgestellte Lastwagen verladen.
Die Stasi unterstützte die Aktion, indem sie im Vorfeld die "richtigen Leute" zur Umsiedlung auswählte. Später protokollierten und analysierten die Bezirks- und Kreisverwaltungen die Durchführung der Zwangsumsiedlungen. Beim vorliegenden Dokument handelt es sich um einen Bericht der Bezirksverwaltung Gera, der eine Woche nach Beendigung der Aktion "Festigung" entstand und die Stimmung der Bürger dokumentiert. Es ist unterzeichnet vom Leiter der Bezirksverwaltung, Julius Michelberger.
Eine Festnahme im Zusammenhang mit der Aktion im Kreis Saalfeld:
Am 7. 10. 1961 wurde von der VP der [geschwärzt] festgenommen und Haftbefehl auf Grund des § 20 STEG beantragt.
Der Beschuldigte beobachtete die Möbeltransporte und äußerte dabei gegenüber mehreren Personen, daß die umgesiedelten Leute alle in die Haftanstalt nach Bautzen kämen. Ihre Möbel würden verkauft. Es wäre heute viel schlimmer als bei den Nazis.
d) Auf der westlichen Seite der Staatsgrenze gibt es keine besonderen Erscheinungen.
Michelberger
Oberstleutnant
gef. 4 Expl.
Die Allgemeine Sachablage (AS) ist Bestand 2 der Abteilung XII. Der Bestand enthält v. a. sachbezogene Unterlagen. Größte Registraturbildner waren die HA I, die HA IX und das BdL. Des Weiteren liegen hier auch Vorgangshefte und Objektvorgänge sowie Akten der MfS-Vorgänger. Inhalte sind u. a. Ermittlungen zu Havarien und Unfällen, Untersuchungen von Widerstand und Flucht, Berichterstattung an die SED, Eingabenbearbeitung, Kontakte mit Ostblock-Diensten und Sicherung von Großveranstaltungen. Der Bestand ist zugänglich über ein BStU-Findbuch und die F 16. Der Umfang beträgt 490 lfm.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Der schriftliche richterliche Haftbefehl bildete die Grundlage für eine reguläre Verhaftung (§ 114 StPO/1949; § 142 StPO/1952; § 124 StPO/1968). Beschuldigte oder Angeklagte mussten unverzüglich, spätestens am Tage nach ihrer Ergreifung dem zuständigen Gericht vorgeführt werden (§§ 114 b, 128 StPO/1949; §§ 144, 153 StPO/1952; § 126 StPO/1968) – vor allem in den frühen 50er Jahren wurde diese Frist vom MfS teilweise überschritten und der Zeitpunkt der Festnahme entsprechend geändert. Auch wurden die Festgenommenen nicht bei Gericht vorgeführt, die vom MfS ausgewählten Haftrichter kamen zur Ausstellung des Haftbefehls in die Untersuchungshaftanstalten.
Rechtliche Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls waren ein dringender Tatverdacht und ein gesetzlich definierter Haftgrund, z. B. Fluchtverdacht oder Verdunklungsgefahr (§ 112 StPO/1949; § 141 StPO/1952; § 122 StPO/1968) sowie während des Ermittlungsverfahrens ein Antrag des Staatsanwaltes; im Hauptverfahren konnte das Gericht auch ohne Antrag einen Haftbefehl erlassen. Laut einer Richtlinie des Obersten Gerichts der DDR vom 17.10.1962 lag ein Haftgrund auch vor bei "Verbrechen im Auftrag feindlicher Agenturen, bei konterrevolutionären Verbrechen" und "bei anderen schweren Verbrechen".
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Abschlussbericht der Bezirksverwaltung Suhl zur Aktion "Festigung" Dokument, 25 Seiten
"Gesamtanalyse" der SED-Kreisleitung zum Volksaufstand in Gera Dokument, 4 Seiten
Übersicht zu Besetzungen von Kreis- und Bezirksämtern des AfNS Dokument, 6 Seiten
Bericht der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt nach Abschluss der Zwangsumsiedlungen 1961 Dokument, 3 Seiten