Signatur: BStU, MfS, HA XX, AKG, Nr. 223, Bl. 10-21
Am 7. Oktober 1989 gründete sich die Sozialdemokratische Partei in der DDR. In einer Stellungnahme prüfte die Stasi Möglichkeiten für ein strafrechtliches Vorgehen gegen Parteimitglieder.
Die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP) gründete sich am 7. Oktober 1989 in Schwante bei Berlin. Das inhaltliche Fundament dafür hatten zum größten Teil die beiden Theologen Martin Gutzeit und Markus Meckel geschaffen. Ihr erster Gründungsaufruf (als Entwurfsfassung in der Anlage dieser rechtlichen Einschätzung) wurde am 26. August 1989 in Berlin vorgestellt. Nach dem Ende der DDR stellte sich heraus, dass der Mitbegründer Ibrahim Böhme die Partei im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit ausspioniert hatte.
Anhand des vorläufigen Statuts der SDP erörterte die Stasi in der vorliegenden rechtlichen Stellungnahme Möglichkeiten, wie gegen Mitglieder der Partei beziehungsweise gegen deren Tätigkeiten strafrechtlich vorgegangen werden könnte. Die Einschätzung gleicht dabei politische Positionen der Partei mit der DDR-Verfassung ab und stuft die SDP als verfassungsfeindlichen Zusammenschluss nach 107 StGB ein. Dort waren als Strafen Freiheitsentzug von zwei bis zwölf Jahren vorgesehen. In der Anlage zu diesem Papier befinden sich folgende SDP-Dokumente:
In der "Gründungsurkunde" erfolgen die Mitteilung der Gründung der "SDP", Darlegungen zu den Umständen der Bildung der "Partei" "angesichts der außen- und innenpolitischen Situation in der DDR" - die jedoch nicht erläutert wird - und lediglich eine kurze Erwähnung des hauptsächlichsten Ziels der "SDP".
In beiden vorliegenden Varianten des "Vorläufigen Statuts" der "SDP" steht an erster Stelle der "Grundsätze" ein Bekenntnis zu den Grundpositionen der gegenwärtigen internationalen Sozialdemokratie. Hierzu wird § 1 des unter Position 2 bezeichneten Textes ausgeführt:
"Die SDP ist eine Partei, die den Traditionen und heutigen Einigungsbemühungen der europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten nahe steht."
In dem unter Position 1 aufgeführten Text wird dieses Bekenntnis insbesondere mit dem Satz:
"Die SDP versteht sich so als ein Teil der in diesen Traditionen stehenden europäischen Sozialisten und Sozialdemokraten."
zum Ausdruck gebracht.
Ausgehend von dieser Grundsatzstimmung ist das in allen drei Texten enthaltene Ziel der "SDP", in der DDR eine
"ökologisch orientierte soziale Demokratie"
zu schaffen, objektiv im sozialdemokratischen Sinne als Errichtung einer auf bürgerlichen Grundlagen basierenden Gesellschaft in der DDR zu verstehen und steht damit im grundlegenden Widerspruch zu den in der Verfassung der DDR verankerten sozialistischen Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung in der DDR.
Auf politschem Gebiet zielen die in beiden Varianten des "Vorläufigen Statuts" enthaltenen, im sozialdemokratischen Sinne zu verstehenden Forderungen, insbesondere nach
einem 'Rechtsstaat",
1978 wurden die AIG der Bezirksverwaltungen mit der Integration des Kontrollwesens in Auswertungs- und Kontrollgruppen umgewandelt. Analog zur ZAIG waren die AKG jetzt das Funktionalorgan der Leiter der BV mit den Aufgaben Auswertung und Information, Planung, Überprüfung und Kontrolle, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie EDV. Darüber hinaus wurden die AKG auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die im Ministerium noch bis 1985 der Abteilung Agitation bzw. der Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen zugeordnet war. 1979 wurden auch in den meisten selbständigen Abteilungen und Hauptabteilungen der MfS-Zentrale AKG gebildet. Die AKG unterstanden den Leitern der jeweiligen Diensteinheit, wurden aber fachlich von der ZAIG angeleitet.
Signatur: BStU, MfS, HA XX, AKG, Nr. 223, Bl. 10-21
Am 7. Oktober 1989 gründete sich die Sozialdemokratische Partei in der DDR. In einer Stellungnahme prüfte die Stasi Möglichkeiten für ein strafrechtliches Vorgehen gegen Parteimitglieder.
Die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP) gründete sich am 7. Oktober 1989 in Schwante bei Berlin. Das inhaltliche Fundament dafür hatten zum größten Teil die beiden Theologen Martin Gutzeit und Markus Meckel geschaffen. Ihr erster Gründungsaufruf (als Entwurfsfassung in der Anlage dieser rechtlichen Einschätzung) wurde am 26. August 1989 in Berlin vorgestellt. Nach dem Ende der DDR stellte sich heraus, dass der Mitbegründer Ibrahim Böhme die Partei im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit ausspioniert hatte.
Anhand des vorläufigen Statuts der SDP erörterte die Stasi in der vorliegenden rechtlichen Stellungnahme Möglichkeiten, wie gegen Mitglieder der Partei beziehungsweise gegen deren Tätigkeiten strafrechtlich vorgegangen werden könnte. Die Einschätzung gleicht dabei politische Positionen der Partei mit der DDR-Verfassung ab und stuft die SDP als verfassungsfeindlichen Zusammenschluss nach 107 StGB ein. Dort waren als Strafen Freiheitsentzug von zwei bis zwölf Jahren vorgesehen. In der Anlage zu diesem Papier befinden sich folgende SDP-Dokumente:
einer "parlamentarischen Demokratie und Parteienpluralität" sowie
einer "Freiheit der Gewerkschaften und Streikrecht"
auf eine Veränderung der politischen Grundlagen der DDR hin zu einem bürgerlichen Parlamentarismus. Mit der wiederum in beiden Varianten enthaltenen Forderung nach
"strikter Gewaltenteilung"
werden direkt die in Artikel 47 der Verfassung der DDR fixierten Prinzipien der Volkssouveränität und des demokratischen Zentralismus angegriffen. Aus dem sozialdemokratischen Verständnis der Begriffe "Totalitarismus" und "Demokratie" heraus steht die Erklärung im Text unter Position 1:
"In tiefer Ablehnung jeglichen Totalitarismus politischen Denkens und Handelns bemüht sich die SDP in Zusammenarbeit und gleichberechtigtem demokratischen Wettstreit mit anderen demokratischen Kräften um die Entmonopolisierurg und grundlegende Demokratisierung der Macht in Staat und Gesellschaft..."
im Widerspruch zu dem im Artikel 1 der Verfassung der DDR staatsrechtlich fixierten Grundsatz der Macht der Werktätigen unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei.
Weiterhin richten sich die Forderungen nach sozialdemokratisch verstandener
"Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit für alle demokratischen Organisationen" sowie "Freier Presse und Zugang zu den elektronischen Medien für alle demokratischen Organisationen"
- aus Text unter Position 1 -
bzw.
"Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit..." sowie "Freie Medien öffentlichen Rechts" - aus Text unter Position 2 -
objektiv gegen die in den Artikeln 27 bis 29 der Verfassung fixierte Bindung der Ausübung entsprechender Grundrechte an die Einhaltung der Grundsätze der Verfassung der DDR.
1978 wurden die AIG der Bezirksverwaltungen mit der Integration des Kontrollwesens in Auswertungs- und Kontrollgruppen umgewandelt. Analog zur ZAIG waren die AKG jetzt das Funktionalorgan der Leiter der BV mit den Aufgaben Auswertung und Information, Planung, Überprüfung und Kontrolle, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie EDV. Darüber hinaus wurden die AKG auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die im Ministerium noch bis 1985 der Abteilung Agitation bzw. der Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen zugeordnet war. 1979 wurden auch in den meisten selbständigen Abteilungen und Hauptabteilungen der MfS-Zentrale AKG gebildet. Die AKG unterstanden den Leitern der jeweiligen Diensteinheit, wurden aber fachlich von der ZAIG angeleitet.
Signatur: BStU, MfS, HA XX, AKG, Nr. 223, Bl. 10-21
Am 7. Oktober 1989 gründete sich die Sozialdemokratische Partei in der DDR. In einer Stellungnahme prüfte die Stasi Möglichkeiten für ein strafrechtliches Vorgehen gegen Parteimitglieder.
Die Sozialdemokratische Partei in der DDR (SDP) gründete sich am 7. Oktober 1989 in Schwante bei Berlin. Das inhaltliche Fundament dafür hatten zum größten Teil die beiden Theologen Martin Gutzeit und Markus Meckel geschaffen. Ihr erster Gründungsaufruf (als Entwurfsfassung in der Anlage dieser rechtlichen Einschätzung) wurde am 26. August 1989 in Berlin vorgestellt. Nach dem Ende der DDR stellte sich heraus, dass der Mitbegründer Ibrahim Böhme die Partei im Auftrag des Ministeriums für Staatssicherheit ausspioniert hatte.
Anhand des vorläufigen Statuts der SDP erörterte die Stasi in der vorliegenden rechtlichen Stellungnahme Möglichkeiten, wie gegen Mitglieder der Partei beziehungsweise gegen deren Tätigkeiten strafrechtlich vorgegangen werden könnte. Die Einschätzung gleicht dabei politische Positionen der Partei mit der DDR-Verfassung ab und stuft die SDP als verfassungsfeindlichen Zusammenschluss nach 107 StGB ein. Dort waren als Strafen Freiheitsentzug von zwei bis zwölf Jahren vorgesehen. In der Anlage zu diesem Papier befinden sich folgende SDP-Dokumente:
Hinsichtlich der ökonomischen Verhältnisse in der DDR steht die in beiden Varianten erhobene Forderung nach einer sozialdemokratischen
"sozialen Marktwirtschaft",
die entsprechend den Erläuterungen im Text unter Position 1 durch "gemischte Wirtschaftsstruktur und unterschiedliche Eigentumsformen" sowie "gleichberechtigte Privatwirtschaft" gekennzeichnet ist, objektiv im Gegensatz zu den insbesondere in den Artikeln 9, 10 und 14 der Verfassung der DDR fixierten sozialistischen ökonomischen Grundlagen der Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß die gegründete "SDP", soweit die in den vorliegenden Materialien fixierten "Grundsätze" und "Ziele" als Leitlinien deren Tätigkeit angenommen wurden. Aufgrund der dargelegten Verfassungsfeindlichkeit der Zielstellungen einen Zusammenschluß im Sinne des § 107 StGB darstellt.
Bei erfolgtem Nachweis der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 107 StGB, insbesondere der Kenntnis der Verfassungsfeindlichkeit des Zusammenschlusses, sind die Zugehörigkeit zu einem derartigen Zusammenschluß und Handlungen der Herbeiführung, Förderung oder Unterstützung sowie der Organisation der Tätigkeit eines solchen - wozu objektiv euch die Verbreitung der vorliegenden Materialien gehört - auf genannter Rechtsgrundlage verfolgbar.
Soweit eine Verfolgung der genannten Aktivitäten als Staatsverbrechen aus rechtspolitischen Gründen nicht zweckmäßig ist, kann die "SDP" auch als Zusammenschluß zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele gemäß § 218 StGB bewertet und auf dieser Grundlage strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen der genannten Handlungen begründet werden.
Weiterhin ist festzustellen, daß in den vorliegenden Texten die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung nicht verbal durch objektiv feindlich motivierte Darlegung von Unwahrheiten und unbeweisbaren Behauptungen
1978 wurden die AIG der Bezirksverwaltungen mit der Integration des Kontrollwesens in Auswertungs- und Kontrollgruppen umgewandelt. Analog zur ZAIG waren die AKG jetzt das Funktionalorgan der Leiter der BV mit den Aufgaben Auswertung und Information, Planung, Überprüfung und Kontrolle, Erarbeitung dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie EDV. Darüber hinaus wurden die AKG auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig, die im Ministerium noch bis 1985 der Abteilung Agitation bzw. der Arbeitsgruppe Öffentliche Verbindungen zugeordnet war. 1979 wurden auch in den meisten selbständigen Abteilungen und Hauptabteilungen der MfS-Zentrale AKG gebildet. Die AKG unterstanden den Leitern der jeweiligen Diensteinheit, wurden aber fachlich von der ZAIG angeleitet.
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Bericht über die Formierung von Oppositionsbewegungen in der DDR Dokument, 16 Seiten
Strafrechtliche Einschätzung zum Aufruf der Initiativgruppe SDP Dokument, 9 Seiten
Bericht zur Gründung der Initiative "Demokratischer Aufbruch" Dokument, 9 Seiten
Auskunftsmaterial der Staatssicherheit zum Umgang mit dem Verbot des Neuen Forums Dokument, 13 Seiten