Signatur: BStU, MfS, HV A, Vi, Nr. 82
Doppelagent Kim Philby sprach 1981 im Rahmen der "Traditionspflege" vor hochrangigen Stasi-Offizieren über seine Tätigkeit als Doppelagent.
Im August 1981 hatte die Hauptaverwaltung A (HV A) einen besonderen Gast eingeladen: Kim Philby. Der britische Doppelagent wurde 1912 in Indien geboren. Während seines Studiums auf dem Trinity College in Cambridge kam er in Kontakt mit Guy Burgess, der ihn für den Kommunismus begeisterte. Aus dieser Begeisterung erwuchs ein Engagement bei der Komintern in Wien, wo er sich in den 1930er Jahren für den sowjetischen Geheimdienst GPU (Gossudarstwennoje polititscheskoje uprawlenije) anwerben ließ. Nach einem Engagement im Spansichen Bürgerkrieg als Journalist für die sowjetische Aufklärung gelang es ihm, mit Unterstützung Burgess', vom britsichen Auslandsgeheimdienst Secret Intelligence Service (SIS oder MI6) anwerben zu lassen.
Dort war er zuerst in der Spionageabwehr tätig und wurd später für die Verbindung zum US-Nachrichtendienst Office of Strategic Services (OSS) zuständig. Nach einigen Zwischenstationen wurde er 1949 zum Verbindungsoffizier des britischen Geheimdienstes in den USA befördert. Dort arbeitete er mit zwei Freunden aus Studientagen, Donald Maclean und Guy Burgess, gemeinsam für die Interessen der Sowjetunion. Sie lieferten hochbrisantes Material nach Moskau.
Während Maclean und Burgess 1951 enttarnt wurden und untertauchen konnte, wurde Philby einige Jahre in den "ruhestand" versetzt, später allerdings vom Premierminister im Unterhaus in einer Erklärung von allen Verdächtigungen freigesprochen. So kam es, dass er ab 1956 erneut als Agent des SIS in Beirut arbeitete. Als dort neue Hinweise auf Philbys Agententätigkeit auftauchten, floh er 1963 nach Moskau und beantragte politisches Asyl in der Sowjetunion, wo er fortan für den KGB arbeitete und das gesamte britisch-amerikanische Agentennetz in der UdSSR enttarnte.
Die vorliegende Videoaufnahme zeigen einen Vortrag Philbys in "Haus 22" der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. Hier befand sich das Offizierskasino mit einem Konferenzsaal. Das Video ist Teil der "Traditionspflege" der HV A. Die Dokumentation dieser und anderer Reden diente dem Aufbau eines "Funktionsgedächtnisses", das durch die Veteranen- und Kundschafterproduktionen zur Identitätsbildung der Mitarbeiter und Legitimation der konspirativen Arbeit beitragen sollte. Auf dem Podium befinden sich mehrere hochrangige Stasi-Offiziere, wie Markus Wolf, Gerhard Neiber, Rudi Mittig und Horst Felber.
[Musik]
[Dolmetscher:] Äh – alles in allem was da- - war das eine sehr aktive und produktive Zeit, aber – äh – in meinem Rücken lauerte immer eine sehr gefährliche Zeitbombe. Um das zu erläutern, muss ich – äh – weit in die Vergangenheit zurückgehen.
Meine erste Handlung – äh – nach meiner Anwerbung bestand damals darin nach Cambridge zu meinen Freunden aus dem Kommunistischen Jugendverband zu gehen um sie auszuforschen, um ihre Eignung für eine Mitarbeit zu prüfen. Äh – ich – äh – fertigte daraufhin eine Liste an und sicher ist Ihnen allen der Name – äh – Donald McLean ein Begriff. Er war der Erste auf dieser Liste. Ich bekam den Auftrag – äh – weiterhin mit ihm Kontakt zu halten, äh – die Möglichkeit für eine Anwerbung zu prüfen, ihn dann anzuwerben und dem sowjetischen Führungsoffizier zuzuführen. Danach brach ich die Kontakte mit ihm ab.
Ein weiterer Mann, der nach zwei Monaten auch durch meine Mithilfe geworben wurde, war Guy Burgess. Äh – bei ihm machten wir jedoch einen Fehler. Ich brach nicht alle Kontakte zu ihm ab – zu ihm ab. Wir sahen uns - äh - nicht ständig, aber doch gelegentlich. Warum – äh – diese Kontakte auch durch – äh – das Hauptquartier – äh – toleriert wurden, ist mir – äh – nicht bekannt. Äh - sie tolerierten diese Kontakte nicht nur, sondern sie nutzten diesen Kontakt – äh – und so unterstützte er mich manchmal in meiner Arbeit.
Äh – auf meinem Weg von Istanbul nach - äh - Washington – äh, äh – kam ich - äh - für einen Monat dann nach London, um mich selbst mit der neuen Aufgabe vertraut zu machen. Äh. Oldfield, er war damals – äh – Chef der Abwehrabteilung, der Personalen Abwehrabteilung. Er gab mir eine sehr beunruhigende Information zur Kenntnis. [räuspert] Er sagte mir, dass es – äh – zu meiner Aufgabe gehören würde eine Reihe von Dokumenten, äh – die datiert wor- - waren zwischen Dezember 1944 und November 1945 – äh – zu untersuchen, zu überprüfen. Diese Dokumente waren zum Teil zerstört, zum Teil beschädigt – äh – und zum Teil auch unleserlich. Auf jeden Fall - äh - war noch eines daraus ersichtlich, dass es während dieser Zeit - ähm - also, eine Quelle in der Englischen Botschaft in Washington gegeben haben musste während der [unverständlich].
[räuspert]
Ich ließ mir eine F-F-- Liste vom Außenministerium geben, mit den Angestellten der Britischen Botschaft in Washington und – äh – als Chef der Kanzlei der Britischen Botschaft in Washington fand ich den Namen Donald McLean. Ich wuss- -
[Markus Wolf:] In dieser fraglichen Zeit, nech?
[Kim Philby:] Heh?
[Markus Wolf:] In dieser fraglichen Zeit.
[Kim Philby:] Eben, eben, eben.
[Dolmetscher:] Ich wusste also – äh – genau – äh – woher, von wem diese Dokumente, d-die Dokumente stammten. [Dolmetscher:] Ich fuhr also nach Washington und nahm mich selbst mit dieser Sache an. Z- - die Person, die bereits einige Monat zuvor begonnen hatte, äh – hatte sich auf die kleinen Angestellten der Botschaft konzentriert und nicht auf – äh – die Diplomaten. Hier wurde auch dieser sogenannte Klasseninstinkt oder diese Klassentrennung deutlich sichtbar. Es war auch offensichtlich, dass bei weiterem Voranschreiten der Untersuchung – äh – das Netz sich um - äh - McLean schließen würde.
Ich sprach mit meinem sowjetischen Führungsoffizier in Washing- - in, in Washington darüber und wir kamen zu dem Schluss, dass McLean solange wie möglich in seiner Position bleiben sollte, nur wenn unmittelbare Gefahr bestand, sollten wir ihn abziehen. Gleichzeitig traften zwei andere Ereignisse ein, die – äh – fatalerweise miteinander verbunden waren.
Äh – ich erhielt einen Brief von Burgess aus London in dem er mir mitteilte, dass er nach Washington versetzt sei. Er bat mich – äh – für die Zeit, bis er selbst eine Wohnung – äh, äh – zur Verfügung habe, äh – ihn bei mir aufzunehmen. Ich machte diesen – äh - ich traf diese fatale Fehlentscheidung – äh – dem zuzustimmen und ihn bei mir aufzunehmen. Er verbrachte also die ersten Tage seines Aufenthalts in meiner Wohnung und – äh – wurde von, von - äh - anderen bei mir und mit mir zusammen gesehen in Washington.
Ich könnte natürlich sagen jetzt, dass man zukünf- - oder kommende Ereignisse nicht voraussagen kann, aber erinnern Sie sich daran, dass ich gesagt hatte, über das Glück. Das Glück einem selbst zufallen soll, dann muss man es - äh - lange voraus – äh – oder die Planung berücksichtigen [unverständlich].
Das zweite Ereignis war, dass aus irgendeinem Grunde McLean – äh – Kontakt, den Kontakt mit unseren Leuten verlor. Es - äh - hieß ganz klar, dass er zum entscheidenden Moment – äh – möglicherweise dann, wenn es galt ihn abzuziehen – äh – kein'n Kontakt zu uns hat.
Äh - und es war bereits sichtbar, dass sich das Netz um McLean immer enger schloss – äh – es waren jetzt etwa 20 bis 25 – äh – verdächtige Namen auf der Liste. Es wurde dann entschieden, dass die Zeit gekommen sei – äh – McLean abzuziehen. Nach langen Diskussionen und Erwägungen entschlossen wir uns, Burgess nach London zurückzusenden, äh – Kontakt zu McLean aufzunehmen, ihn einer Kontaktadresse zuzuführen, einer Kontaktperson zuzuführen – äh – die ihn dann – äh – ausschleusen sollte. Ich bin sicher, dass dieser Plan erfolgreich gewesen wäre, denn es war ein sicherer Plan, ein guter Plan. Er wäre erfolgreich gewesen, wenn nicht die Notwendigkeit einer Änderung im letzten Moment stattgefunden.
Äh - im letzten Moment wurde eine - äh - fatale Veränderung vorgenommen und ich - äh - glaube, ich hatte bereits eine Vorahnung davon. Als ich - äh - Burgess zum Bahnhof - äh - brachte, äh - bei seiner Abreise nach London, hatte ich gesagt: - äh - Es ist deine Aufgabe - äh - McLean in Sicherheit zu bringen, aber wehe du gehst – äh – selbst mit.
Äh – ich – äh – musste also abwarten.
Äh – immer mehr Namen wurden von der Liste gestrichen. Eines Tages erhielten wir - äh - ein Telegramm in der Botschaft, in dem es hieß, äh - McLean - äh - ist verschwunden, Burgess ist ebenfalls verschwunden. Der Verdacht fiel natürlich - äh - jetzt - äh - geradewegs auf mich. Ich war an der Untersuchung dieses Falles beteiligt. Burgess war – äh – mit mir gesehen worden und - äh - jetzt war sowohl McLean als auch Burgess verschwunden.
Äh - die Lehre aus dieser Sache ist, äh – dass – ähm – zwei Aufklärer im Einsatz niemals Kontakt miteinander haben sollen. Äh - solche Kontakte können zwar gut sein, vor allem beruhigen, werden aber niemals so fruchtbar sein auf Dauer gesehen - äh - [unverständlich]. Durch diese Kontakte, die ich lange unterhalten hatte, äh - zerstörte ich meine Position beim SIS. Ich hätte heute möglicherweise Chef des [vermutlich: damaligen Beraters] oder zumindest unter den ersten Drei dieses Apparates sein können. Es war sicher mein Fehler, sein Fehler, unser aller Fehler [unverständlich]. Äh - die nächste, kommende Periode möchte ich - äh - relativ schnell beschreiben.
Ich wurde also nach England zurückgezogen – äh – zurückgerufen und hier - äh - verschiedenen – äh – Verhören, Vernehmungen unterworfen. Äh – es begann zunächst – äh – mit - äh - normalen Vernehmungen, dann mit strengeren. Äh - Drohungen wurden ausgestoßen, aber physische Gewalt war nicht Teil des [unverständlich]. Dann kam jedoch der weit - äh, äh - schwierigere Fall. Es kam der höfliche, der sehr interessierte Vernehmer, der – äh – alles, auf alle Fragen einzugehen versuchte. Es gehörten jedoch diese Vernehmungen auf und – äh – es geschah nichts weiter. Die nächsten drei bis vier Jahren waren sowohl persönlich als auch beruflich sehr – äh – unangenehme Jahre. Äh – ich wusste nicht, äh - was kommt. Es - äh - gibt- – ich bekam keine Anstellung. Man sagte mir, ich sei aus dem Foreign Off- - aus dem Außenministerium entlassen sei. [unverständlich]
Auch diese Zeit ging zu Ende. Sie ging 1955 zu Ende, äh – als ein - äh - Labour-Abgeordneter im Parlament - äh - eine Frage - äh - nach dem dritten Mann in der Sache mit McLean und Burgess - äh - einbrachte. Ich gab daraufhin eine Pressekonferenz – äh – und - äh - bat diesen Abgeordneten seine – äh – Frage, seine Anschuldigung außerhalb des Unterhauses zu wiederholen. Äh – als Abgeordneter - äh - konnte ich ihn - äh - mit rechtlichen Mitteln nicht belangen, ähm - da die Frage im Unterhaus - äh - gemacht wurde. Man kann nur jemanden mit gerichtlichen - äh - Mitteln belangen, wenn er - äh - diese Dinge außerhalb - äh - des Parlaments wiederholt. Zwei Tage später hat der Abgeordnete dann diese Beschuldigungen zurückgenommen und der Außenminister hat - äh - eine Erklärung abgegeben indem er sagte, dass – äh – ich mir nichts hätte zu Schulden kommen lassen.
Kurz danach über- - erhielt ich einen überraschenden Besuch von einem guten Freund im SIS. Er schlug mir vor – äh – unter dem Deckmantel des Journalismus, Berichterstatters – äh, äh - [unverständlich] für den Observer – äh – nach den Nahen Osten zu gehen. Äh – viele Leute im SIS gingen damals von der Konzeption – äh – aus mich an der langen Leine zu führen. Ähm - sie sagten sich, äh - er ist ein guter Mann, er ist ein erfahrener Mann. Er wird also für uns - äh - gute Informationen, zuverlässige Informationen – äh – sammeln können. Arbeitet er dennoch für die Sowjetunion, so wird er eines Tages einen Fehler machen und wir werden ihn dann greifen.
Ähm - während meiner siebenjährigen Journalistentätigkeit im Nahen Osten berich- - berichtete ich dann - äh - vorwiegend über den arabischen Nationalismus und über die britischen Aktivitäten im Nahen Osten von Beirut aus an - äh - [unverständlich]. Es war eine sehr schwierige Arbeit und in gewisser Weise zu vergleichen mit meiner vorhergehenden Tätigkeit.
1963 kam ein - äh - enger Freund, äh - ein Verbündeter - äh - aus dem SIS nach Beirut und schlug mir ein Treffen in einer konspirativen Wohnung vor. Er sagte: "Ich bin - äh - einer deiner alten Freunde, ich habe Dich im SIS verteidigt, aber heute liegen Beweise vor, dass Du bereits seit 1949 für die Sowjetunion arbeitest. Was sagst Du dazu?" Er sagte mir- - Ich sagte darauf, äh - ich hätte dazu nichts zu sagen. Worauf er erwiderte, dass er selbst die Beweise gesehen hätte und – äh – dass – äh – wenn er diese Beweise für richtig und korrekt hält, er, der im Leben nur hinter mir gewesen war, äh – dann die Sache - äh - gewesen wär. Ich sagte ihm, dass ich's - äh - müde sei, diese, diese Dinge immer, immer wieder - äh - durchzugehen und immer und immer wieder dazu verhört zu werden. Äh – ich würde – äh – alles nochmal durchdenken. Falls etwas - äh - Neues dabei herauskomme, wollte ich es ihm persönlich sagen.
Setzte natürlich sofort – äh – das vereinbarte Notsignal und traf mich mit - äh - mit meinen sowjetischem Kontaktmann und gesagt wird, dass es an der Zeit wäre mich rauszuholen und fragte gleich, wohl aushalten könne. Eine Woche, zehn Tage, das hängt – äh – ganz von [unverständlich]. Und ich sollte so lange aushalten wie nur möglich, denn - äh - je länger die Zeit der Vorbereitung um so höher wird ann der Erfolg sein. Äh - ich traf - äh - meinen Freund also wieder und, und sagte ihm, dass - äh - trotz aller Bemühungen ich zu keinen neuen Schlussfolgerungen, Überlegungen – keinen neuen - äh - Schlussfolgerungen gekommen sei. Ich versuchte dann – äh – ihn hinzuhalten. Ich sagte ihm weder ja noch nein, sondern – äh – [unverständlich]. Äh - ich sagte ihm auch, wenn er meine Hilfe wolle, dann muss er sie auch in der Art und Weise akzeptieren, wie ich sie in der Lage bin zu geben. [räuspert] Er teilte mir mit, dass er am nächsten Tag dann nach London zurückkehren werde und den Fall an Peter Lunn übergebe, der damals - äh - für den Nahen Osten verantwortlich war, und der vom SIS in Beirut stationiert war.
Ich komme jetzt also zum letzten Abschnitt meiner – äh – Kundschaftertätigkeit und auch in diesem letzten Abschnitt spielt das Glück wieder eine Rolle, wie ich bereits einleitend erwähnt hatte.
[räuspert]
Ähm – dieser Peter Lunn war ein passionierter Skiläufer. Er hatte – äh – Großbritannien 1936 in der Winterolympiade vertreten. Ähm - bei Abreise meines Freundes nach London oder wenige Tage vorher erreichten uns - äh - die Nachricht, dass im Norden Libanons sehr starke - äh - Schneefälle zu verzeichnen gewesen si- - gewesen seien und das ist ein ideales Gebiet - äh - zum Skifahren. Am vierten Tage nach Abreise, äh - nach Abreise meines Freundes nach London entschloss sich Peter Lunn dann, einen - äh - viertägigen Urlaub in den Bergen zu verbringen.
Äh - er war übrigens der Einzige in Beirut, der über meinen Fall - äh - Bescheid wusste.
Vier Tage nach seiner Abreise erhielt ich dann das Signal zur Abreise. Ich verließ meine Wohnung und ging zum Treffpunkt und - äh - [unverständlich]. Später erfuhr ich noch, dass - keine halbe Stunde nach meinem Weggang aus der Wohnung - äh - Peter Lunn - äh - dort erscheinen war um mich - äh - zu einer Unterredung am nächsten Morgen zu bitten. Am nächsten Morgen war ich schon weit weg.
[Applaus]
[Dolmetscher:] Liebe Genossen, ich möchte mich recht herzlich bedanken für die Möglichkeit, hier in diesem Rahmen vor einem- - einer Zuhörerschaft - äh - von Mitarbeitern der Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik sprechen können, sprechen zu können.
Äh – vor 50 Jahren hörte ich – äh, äh - Ernst Thälmann in Neukölln sprechen. Damals waren ein Teil von Ihnen sicher noch nicht geboren. Es- - ich hatte damals Ängste und Hoffnungen, aber ich hatte damals nicht die Hoffnung, dass ich – äh – einmal die Möglichkeit haben werde, hier vor Mitarbeitern der Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit - äh - sprechen zu können.
[Applaus]
[Kim Philby:] Wundervoll, isn't it?
[Applaus]
[Markus Wolf:] Genossen! Genosse Philby hat sich bereiterklärt auf Fragen zu antworten, wenn es welche gibt. Ich bitte die Fragen zu stellen, möglichst laut, deutlich und vernehmlich.
Ja, bitte!?
[Sprecher:] Frage: Genosse Philby, Sie haben dargestellt, dass Sie bereits mit 25 Jahren und aus sogenanntem bürgerlichem Hause kommend Ihre Tätigkeit als Kundschafter für die Sowjetunion aufgenommen haben. Welche Faktoren führten zu dieser Entscheidung und was taten Sie persönlich und Ihre Führungsoffiziere um dem starken ideologischen Druck und Antikommunismus im britischen Gereimdienst standzuhalten?
[Markus Wolf:] Nächste Frage!
[Sprecher:] Frage: Genosse Philby, wie Sie sagten erhielten Sie von den sowjetischen Genossen den Auftrag verschiedene operative Aufgaben in der britischen Vertretung in den USA zu erfüllen.
Könnten Sie bitte ein paar Worte dazu sagen, welche Mittel und Methoden des Verbindungswesens zu Ihren Führungsoffizieren dabei angewandt wurden und wie es Ihnen gelungen ist, die persönlichen Zusammentreffen mit Ihren Führungsoffizieren und die Materialübergabe vor den US-Abwehrorganen und den britischen Sicherheitsoffizieren in der Vertretung geheim zu halten?
[Sprecher:] Frage: Genosse Philby, Sie sprachen vorhin über die Abberufung der Kundschafter McLean und Burgess, in deren Ergebnis Sie in Verdacht gerieten, Kundschafter der Sowjetunion zu sein.
Wie waren Sie auf diese Situation vorbereitet und welche Hinweise können Sie uns geben, wie wir unsere Aufklärer auf derartige Situationen besser vorbereiten können?
[Markus Wolf:] Genossen, wenn ich auf die Uhr schaue, werde ich daran erinnert, dass – äh – Genosse Philby eigentlich als Urlauber hier bei uns ist und [Philby lacht] Gast unseres Ministers.
Wir fangen langsam an gegen die Gesetze der Gastfreundschaft zu verstoßen. Hat jemand noch eine Frage, von der er glaubt, dass sie nur bei [betont: diesem] Besuch des Genossen Philby bei uns gestellt werden kann?
[Gelächter]
Dann bitte ich, aufzustehen und die Frage zu stellen.
Das is' nich' der Fall.
Wir haben einen Genossen hier im Präsidium, der - ich glaube in unser aller Namen - noch etwas sagen möchte.
[Horst Felber:] Verehrter Genosse Kim Philby.
Es ist und bleibt für uns alle, die wir Sie heute [betont: persönlich] sehen und hören konnten, ein unvergessliches Ereignis und Erlebnis. Mit großer Aufmerksamkeit und innerer Anteilnahme vernahmen wir aus Ihrem Munde Stationen, Erfahrungen und Lehren Ihres jahrzehntelangen, kampferfüllten Lebens als sowjetischer Tschekist im Kampf für die gerechteste Sache der Menschheit.
Lassen Sie mich deshalb Ihnen im Namen aller hier versammelten Genossen, aller Tschekisten unserer Deutschen Demokratischen Republik, aller Kämpfer an der unsichtbaren Front für Ihr Kommen, für Ihre Ausführungen, für Ihre beispielhaften Leistungen für Frieden, Sozialismus und Kommunismus ganz herzlich danken.
Ihre reichen persönlichen Erfahren- – Erfahrungen und Leistungen sind und bleiben für uns Tschekisten gerade in der gegenwärtigen Zeit von unermesslichem Wert. Sie sind beispielhaft für die Lösung der komplizierten Aufgaben, auch unter den heutigen Bedingungen.
Wir versichern Ihnen, dass wir alles in unsern Kräften Stehende tun werden, um die feindlichen Pläne und Absichten zur Hochrüstung, zur Verändung- - de-der angestrebten Veränderung des Kräfteverhältnisses, der Kriegsvorbereitungen aus ihren Zentren heraus rechtzeitig aufzuklären. Darüber haben Sie uns heute eine deutliche Lektion gelesen.
Wir werden an der Seite der sowjetischen Tschekisten stets unseren Beitrag zur Friedenssicherung jederzeit verantwortungsvoll erfüllen. Für diesen nicht leichten Kampf haben Sie uns heute nicht nur über wichtige - äh, äh - zu uns über wichtige Erfahrungen gesprochen, sondern zugleich uns neue Impulse, Kraft und Siegeszuversicht vermittelt. In diesem Sinne werden wir unsre Aufgaben von heute und morgen lösen. Nehmen Sie die Gewissheit mit in Ihre Heimat, dass die Kommunisten und Tschekisten unsrer Republik unter allen Bedingungen ihren Klassenauftrag erfüllen werden.
Wir wünschen Ihnen alles Gute.
[Applaus]
[Markus Wolf:] ...der jüngsten, aber doch der jüngeren Generation unserer Tschekisten hat uns allen aus dem Herzen gesprochen.
Die zwei und etwas mehr Stunden sind wie im Fluge vergangen.
Wir wünschen uns und wünschen den vielen, die uns jetzt beneiden, dass wir hier sein könn'n und die uns noch viel mehr beneiden werden, wenn sie von uns erzählt bekommen, was wir hier erlebt haben, dass wir uns noch oft, oft in unsrer Republik und in unserm Kreis, in unseren Kollektiven sehen werden. Es war nicht nur ein großes Erlebnis, es war auch eine echte Lektion. Wir wollen sie nicht hier auswerten. Wir haben nun - äh - die neuere Technik, die wir besitzen, eingesetzt und werden damit das multiplizieren, was wir hier erleben konnten. Das für alle Genossen, die hier anwesend sind, ja auch ein Hinweis für die Auswertung.
Der Feind hilft uns manchmal – äh – Dinge für die Geschichte zu prägen, vor der wi- – vor der wir uns manchmal scheuen, vor denen wir uns scheuen. Er hat den Begriff der "Großen Fünf" geprägt. Er stammt nicht von uns, der Feind hat das getan, aber er hat wohl so unrecht nicht.
Über dreie hast Du heute hier gesprochen.
Wir sind froh, dass wir den ersten der "Großen Fünf" in unserer Mitte haben, über die restlichen zwei soll sich der Feind weiter den Kopf zerbrechen. Als n- - kleines Souvenir an unsere heutige Begegnung möchten wir Dir eine geprägte Medaille überreichen, mit elf Kämpfern der unsichtbaren Front, die in Hitlerdeutschland für die sowjetische Aufklärung gearbeitet haben, für die der Feind den Begriff der "Roten Kapelle" prägte. [Philby brummt unverständlich]
Wir überreichen sie eigentlich zum zweiten Mal heute, zum ersten Mal knapp vor zwei Monaten, als wir eine sehr schöne Begegnung mit alten Kundschaftern, der Genossin Ruth Werner, aber auch mit unserer Kundschaftergeneration, der Genossin Christel Guillaume und vielen anderen, hatten.
Ihnen haben wir die zur Erinnerung zum ersten Mal überreicht. Heute möchten wir, dass du mit diesem kleinen Souvenir, - ähm - der Mahnung an die großen Traditionen unseres Kampfes. Du gehörst zu dieser Generation. Wir sind glücklich, dass du [betont: lebend] unter un-uns bist, auch ein Stückchen von unserem Herzen mitnimmst.
Wir wünschen uns solches Glück, über das du heute gesprochen hast. Und wir wünschen dir persönlich, deiner Familie auch, alles, alles Gute und du hast ja eine Verabredung mit unserem Minister.
Du hast am 1. Januar Geburtstag. [Philby brummt zustimmend] Im kommenden Jahr werden unsere Gedanken bei dir sein, wenn du deinen 70. feierst.
[Kim Philby:] Ja, ja! 70!
[Markus Wolf:] Aber du hast ja- -
[Gelächter]
...dich mit dem Minister noch am 1. Januar im Jahr 2000 verabredet.
[Gelächter]
Alles Gute, gutes Glück, [unverständlich]. [Applaus, unverständliche Wortfetzen]
[Markus Wolf:] Auf ein- -
[Applaus, unverständliche Wortfetzen]
[Markus Wolf:] ...baldiges Wiedersehen in unserer Deutschen Demokratischen Republik. Auf den hervorragenden sowjetischen Kundschafter, den Genossen Kim Philby ein dreifach kräftiges, tschekistisches:
[alle Anwesenden:] Hurra! Hurr- -
Kontaktperson (KP)
"Kontaktperson" ist ein unscharfer Begriff, der Personen bezeichnete, mit denen das MfS Kontakte unterschiedlicher Natur hatte. Insbesondere in den 50er Jahren waren Kontaktpersonen oftmals regelrechte Informanten, bei denen allerdings keinerlei formelle Erfassung und Registrierung als inoffizieller Mitarbeiter vorlag. In der IM-Richtlinie von 1958 sind Kontaktpersonen als "vertrauenswürdige Bürger" definiert, die "zur Lösung bestimmter Aufgaben angesprochen werden". In den MfS-Unterlagen der Honecker-Ära werden Funktionsträger, mit denen das MfS offizielle Beziehungen pflegte, häufig als Kontaktperson bezeichnet.
Eine besondere Form von Kontaktperson gab es bei der Abteilung XIV, die seit 1967 Strafgefangene "mit inoffiziellen Aufgaben als Kontaktpersonen" oder auch als "inoffizielle Kontaktpersonen" (iKP) bezeichnete. Eine andere Bedeutung hatte der Begriff bei der HV A. Laut IM-Richtlinie von 1979 handelte es sich hierbei um "Bürger aus dem Operationsgebiet", "die über Zugang zu operativ bedeutsamen Informationen bzw. über Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme verfügen" und zu denen "eine stabile Verbindung unterhalten wird", ohne dass diese über "den nachrichtendienstlichen Charakter" der Kontakte im Bilde waren.
Anwerbung war in den Jahren 1950 bis 1968 die Bezeichnung des MfS für die Werbung von IM für die konspirative Arbeit. Im Vorfeld der Anwerbung war die Person sorgfältig, aber konspirativ zu überprüfen. In der Regel hatte der Angeworbene die Bereitschaft zur Kooperation schriftlich zu erklären und sich dabei einen Decknamen auszuwählen. Über die Anwerbung selbst war vom Führungsoffizier ein detaillierter Bericht zu fertigen.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Hauptamtliche Mitarbeiter des MfS, die IM und OibE führten, in MfS-Dokumenten auch als vorgangsführende Mitarbeiter oder IM-führende Mitarbeiter (umgangssprachlich Führungsoffiziere) bezeichnet, von denen es im MfS zuletzt etwa 12.000 bis 13.000 gab. Sie waren für eine Region oder Institution, für bestimmte Personenkreise oder spezifische Sachfragen zuständig und hatten die Sicherheitslage in ihrem Verantwortungsbereich zu beurteilen.
Es wurde von ihnen erwartet, dass sie insbesondere durch Rekrutierung und Einsatz von IM die "staatliche Sicherheit und die gesellschaftliche Entwicklung" vorbeugend sicherten. Verdächtige Personen waren in OV oder OPK zu "bearbeiten", Personengruppen mit besonderen Befugnissen mit Sicherheitsüberprüfungen unter Kontrolle zu halten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sollten sie das politisch-operative Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen nutzen.
Die Hauptverwaltung A (HV A) war die Spionageabteilung des MfS, deren Bezeichnung sich an die der Spionageabteilung des KGB, 1. Verwaltung, anlehnt. Der Ordnungsbuchstabe A wurde in der Bundesrepublik oftmals, aber unzutreffenderweise mit "Aufklärung" aufgelöst. Die HV A wurde 1951 als Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) gebildet und ging im September 1953 als HA XV in das Staatssekretariat für Staatssicherheit ein. Sie wurde im MfS von 1956 bis zur Auflösung im Juni 1990 als HV A bezeichnet.
Der Schwerpunkt nachrichtendienstlicher Tätigkeit der HV A lag in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, wo sie mit Objektquellen, d. h. den IM in den nachrichtendienstlichen Zielobjekten, aktiv war.
Die HV A gliederte sich 1956 in 15, 1989 in 20 Abteilungen.
Für die operative Arbeit gegen das Bundeskanzleramt und wichtige Bundesministerien war die Abteilung I, für die gegen die bundesdeutschen Parteien die Abteilung II und für die Arbeit außerhalb Deutschlands die Abteilung III zuständig. Für die Infiltration der USA war die Abteilung XI, für die NATO und die Europäischen Gemeinschaften die Abteilung XII verantwortlich. Mit der Militärspionage war die Abteilung IV befasst, mit der Unterwanderung gegnerischer Nachrichtendienste die Abteilung IX.
Innerhalb der Hauptverwaltung war vornehmlich der Sektor Wissenschaft und Technik (SWT) mit Wissenschafts- und Technikspionage befasst, der zu diesem Zweck die Abteilung XIII bis XV sowie die Arbeitsgruppen 1, 3 und 5 unterhielt sowie eine eigene Auswertungsabteilung, die Abteilung V bzw. ab 1959 Abteilung VII.
Leiter der HV A waren 1951/52 Anton Ackermann, kurzzeitig Richard Stahlmann, 1952-1986 Markus Wolf, dann Werner Großmann und 1989/90 Bernd Fischer. Von anfangs zwölf Mitarbeitern wuchs der Apparat bis 1955 auf 430, bis 1961 auf 524 Mitarbeiter und erreichte bis 1972 einen Umfang von 1.066 hauptamtlichen Mitarbeitern. Bis 1989 wuchs die HV A auf 3.299 hauptamtliche Mitarbeiter, hinzu kamen 701 OibE (1985: 1.006) sowie 778 HIM. OibE und HIM arbeiteten verdeckt in der DDR und im Operationsgebiet. Insgesamt verfügte die HV A also zuletzt über 4.778 Mitarbeiter.
Die Anzahl der von der HV A geführten IM umfasste im Jahre 1989 rund 13.400 in der DDR und weitere 1.550 in der Bundesrepublik. Über 40 Jahre hinweg werden nach Hochrechnungen insgesamt rund 6.000 Bundesbürger und Westberliner IM der HV A gewesen sein.
Von 1980 bis 1989 geltende IM-Kategorie, als IMB definiert – nicht zu verwechseln mit der Vorgangsart IMB der Hauptverwaltung A. Mit der Einführung des IMB wurden die IM-Kategorien IMV und IMF zu einer zusammengefasst. Die IMB galten als hochkarätige IM, die direkten Kontakt mit Personen hatten, die vom MfS als "feindlich" eingestuft wurden und deren Vertrauen besaßen, etwa Zuträger mit kirchlichen Funktionen oder aus Oppositionsgruppen. Außerdem wurden IMB zur Bekämpfung als "feindlich" angesehener Organisationen und Individuen im sog. Operationsgebiet eingesetzt. Zuletzt gab es rund 3.900 IMB.
Quelle war eine zentrale IM-Kategorie der Hauptverwaltung A. Als Quelle wurden im sogenannten Operationsgebiet tätige inoffizielle Mitarbeiter bezeichnet, die in der Lage waren, an geheime Informationen über Aktivitäten und Absichten sowie Ressourcen und interne Lagebedingungen gegnerischer Einrichtungen zu gelangen.
Es wurden zwei Typen von Quellen unterschieden:
Zuletzt besaß die HV A (einschließlich der ihr nachgeordneten Abteilungen XV der BV) in der Bundesrepublik und Westberlin 133 A-Quellen und 449 O-Quellen.
In den Untersuchungsorganen des MfS (HA IX und Abt. IX der BV) tätige hauptamtliche Mitarbeiter, die – eingebunden in ihr jeweiliges Referat – strafrechtliche Ermittlungsverfahren weitgehend eigenverantwortlich durchführten, von den Häftlingen meist als Vernehmer bezeichnet. In den 50er Jahren oft nur in internen Kurzlehrgängen ausgebildet, später Diplom-Juristen oder Diplom-Kriminalisten der Juristischen Hochschule des MfS, seltener Universitätsstudium oder VP-Hochschule.
Die Untersuchungsführer galten MfS-intern neben den Mitarbeitern der HV A als Elite. Ihnen oblagen die Vernehmungen von Untersuchungsgefangenen, die Führung der Untersuchungsakten (Untersuchungsvorgang), die Beweisführung und die Erstellung des Schlussberichts. Für die Kontakte zu Staatsanwalt, Gericht und Verteidigung zuständig, überwachten sie oft auch die Besucher- und Anwaltsgespräche der Beschuldigten und führten Zelleninformatoren (ZI).
Podiumsveranstaltung mit Kim Philby in "Haus 22" der Stasi-Zentrale (1) Video, 45 Minuten, 56 Sekunden
Podiumsveranstaltung mit George Blake als Redner in der Schule der Hauptverwaltung A in Belzig Video, 1 Stunde, 47 Minuten, 45 Sekunden
Vernehmung einer männlichen Person wegen versuchter Flucht aus der DDR Video, 33 Minuten, 39 Sekunden
Vernehmung von Karl Laurenz im Geheimprozess gegen ihn und Elli Barczatis wegen Spionage Audio, 38 Minuten, 31 Sekunden