Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, Abt. IX, Nr. 3407, Bl. 1-43
Die Auswertungs- und Informationsgruppe (AIG) der BV Suhl erarbeitete eine umfassende Analyse und Statistik zu versuchten und geglückten Republikfluchten über die Staatsgrenze West mit Fokus auf den Bezirk Suhl.
Der Auswertungs- und Informationsgruppe (AIG) einer Bezirksverwaltung oblag die Bewertung und Selektion von Informationen in ihrem Zuständigkeitsbereich, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung von Berichten für Partei- und Staatsfunktionäre. Die vorliegende Statistik wurde gefertigt, um Tendenzen im Fluchtverhalten und der Verhinderung von Fluchten zu verdeutlichen.
Ausgehend von Jahresgesamtzahlen an versuchten und geglückten Republikfluchten der Jahre 1962-1971 schlüsselt die Statistik nach Fluchtwegen auf: Dazu zählen die Staatsgrenze West Bezirk Suhl, die Staatsgrenze West andere Bezirke, eine Flucht über andere sozialistische Länder, der Verbleib während Rentnerreisen sowie unbekannte Fluchtwege. Es folgen umfangreiche Analysen des Fluchtverhaltens im Bezirk Suhl und der Bevölkerungsstruktur seiner Einwohnerinnen und Einwohner bis hin zur Aufgliederung nach Wohnorten.
Der Bezirk Suhl hatte mit ca. 392 km von allen Bezirken der ehemaligen DDR den längsten Grenzverlauf zur BRD und war dicht besiedelt. Die Gründe für die überdurchschnittlich hohe Zahl von versuchten oder geglückten Republikfluchten an der Staatsgrenze im Bezirk Suhl lagen in seiner Geografie und Infrastruktur: Das Gelände war waldreich und gebirgig, verfügte über ein gut ausgebautes Straßen- und Wegenetz und war Endhaltestelle mehrerer Bahnstrecken.
Jahresstatistik
— Delikte des ungesetzlichen Verlassens der DDR —
1971
Bezirk Suhl
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BArch, MfS, BV Suhl, Abt. IX, Nr. 3407, Bl. 1-43
Die Auswertungs- und Informationsgruppe (AIG) der BV Suhl erarbeitete eine umfassende Analyse und Statistik zu versuchten und geglückten Republikfluchten über die Staatsgrenze West mit Fokus auf den Bezirk Suhl.
Der Auswertungs- und Informationsgruppe (AIG) einer Bezirksverwaltung oblag die Bewertung und Selektion von Informationen in ihrem Zuständigkeitsbereich, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung von Berichten für Partei- und Staatsfunktionäre. Die vorliegende Statistik wurde gefertigt, um Tendenzen im Fluchtverhalten und der Verhinderung von Fluchten zu verdeutlichen.
Ausgehend von Jahresgesamtzahlen an versuchten und geglückten Republikfluchten der Jahre 1962-1971 schlüsselt die Statistik nach Fluchtwegen auf: Dazu zählen die Staatsgrenze West Bezirk Suhl, die Staatsgrenze West andere Bezirke, eine Flucht über andere sozialistische Länder, der Verbleib während Rentnerreisen sowie unbekannte Fluchtwege. Es folgen umfangreiche Analysen des Fluchtverhaltens im Bezirk Suhl und der Bevölkerungsstruktur seiner Einwohnerinnen und Einwohner bis hin zur Aufgliederung nach Wohnorten.
Der Bezirk Suhl hatte mit ca. 392 km von allen Bezirken der ehemaligen DDR den längsten Grenzverlauf zur BRD und war dicht besiedelt. Die Gründe für die überdurchschnittlich hohe Zahl von versuchten oder geglückten Republikfluchten an der Staatsgrenze im Bezirk Suhl lagen in seiner Geografie und Infrastruktur: Das Gelände war waldreich und gebirgig, verfügte über ein gut ausgebautes Straßen- und Wegenetz und war Endhaltestelle mehrerer Bahnstrecken.
Gesamtumfang der Delikte des ungesetzlichen Verlassens der DDR
1962 bis 1971
Jahr: 1962
Gesamt: 929
Gelungen
Absolut: 509
prozentualer Anteil: 56 %
Versuch
Absolut: 420
prozentualer Anteil: 44 %
Jahr: 1963
Gesamt: 550
Gelungen
Absolut: 249
prozentualer Anteil: 45 %
Versuch
Absolut: 301
prozentualer Anteil: 55 %
Jahr: 1964
Gesamt: 710
Gelungen
Absolut: 307
prozentualer Anteil: 43 %
Versuch
Absolut: 403
prozentualer Anteil: 57 %
Jahr: 1965
Gesamt: 670
Gelungen
Absolut: 248
prozentualer Anteil: 37 %
Versuch
Absolut: 422
prozentualer Anteil: 63 %
Jahr: 1966
Gesamt: 549
Gelungen
Absolut: 222
prozentualer Anteil: 40 %
Versuch
Absolut: 327
prozentualer Anteil: 60 %
Jahr: 1967
Gesamt: 465
Gelungen
Absolut: 160
prozentualer Anteil: 37 %
Versuch
Absolut: 305
prozentualer Anteil: 63 %
Jahr: 1968
Gesamt: 362
Gelungen
Absolut: 112
prozentualer Anteil: 31 %
Versuch
Absolut: 250
prozentualer Anteil: 69 %
Jahr: 1969
Gesamt: 283
Gelungen
Absolut: 100
prozentualer Anteil: 35 %
Versuch
Absolut: 183
prozentualer Anteil: 65 %
Jahr: 1970
Gesamt: 301
Gelungen
Absolut: 113
prozentualer Anteil: 38 %
Versuch
Absolut: 188
prozentualer Anteil: 62 %
Jahr: 1971
Gesamt: 261
Gelungen
Absolut: 52
prozentualer Anteil: 20 %
Versuch
Absolut: 209
prozentualer Anteil: 80 %
Gesamtrechnung
Gesamt: 5.080
Gelungen
Absolut: 2.072
prozentualer Anteil: 41 %
Versuch
Absolut: 3.008
prozentualer Anteil: 59 %
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Straftaten gegen die staatliche Ordnung
Straftaten gegen die staatliche Ordnung waren Straftatbestände des 8. Kapitels des StGB/1968. Insbesondere der 2. Abschnitt ("Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung") enthält politische Strafnormen, die für die strafrechtliche Untersuchungstätigkeit der Staatssicherheit (Untersuchungsorgan) von großer Bedeutung waren.
Das gilt vor allem für § 213 ("Ungesetzlicher Grenzübertritt"), der in der Honecker-Ära Grundlage von rund der Hälfte aller MfS-Ermittlungsverfahren war. Auch § 214 ("Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit") spielte, vor allem im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Ausreiseantragstellern, in den 80er Jahren eine immer wichtigere Rolle.
Ähnliches gilt für § 219 ("Ungesetzliche Verbindungsaufnahme") und § 220 ("Öffentliche Herabwürdigung der staatlichen Ordnung"), die die ähnlichen, aber schwerer wiegenden Strafnormen aus dem 2. Kapitel des StGB/1968 § 100 ("Staatsfeindliche Verbindungen", ab 1979 "Landesverräterische Agententätigkeit") und § 106 ("Staatsfeindliche Hetze") weitgehend verdrängten (Staatsverbrechen).
Die AIG entstanden mit der Einführung des einheitlichen Auswertungs- und Informationssystems 1965 aus den in den Bezirksverwaltungen und zentralen operativen Diensteinheiten des MfS schon bestehenden Informationsgruppen. In ihrem Zuständigkeitsbereich oblag ihnen die Bewertung und Selektion von Informationen, die Gewährleistung des Informationsflusses und die Fertigung der Berichte für die Partei- und Staatsfunktionäre. Die AIG unterstanden der fachlichen Anleitung und Kontrolle der ZAIG. 1978/79 wurden sie zu Auswertungs- und Kontrollgruppen erweitert.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Abschlussbericht der Bezirksverwaltung Suhl zur Aktion "Festigung" Dokument, 25 Seiten
Bericht der Kreisverwaltung Bad Salzungen zur Durchführung der Aktion "Ungeziefer" Dokument, 4 Seiten
Einschätzung über erste Erfahrungen an den GÜST Meiningen und Eisfeld im Bezirk Suhl Dokument, 13 Seiten
Beschluss zur Einstellung des Operativ-Vorgangs "Motor" zu Paul Riedel Dokument, 2 Seiten