Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8592, Bl. 1-11
In einem internen Schreiben informierte der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, über das aktuelle Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Vorausgegangen war ein Gespräch zwischen Erich Honecker und Bischof Werner Leich.
Anfang 1988 war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat auf einem Tiefpunkt angekommen. Die evangelische Kirche bot für zahlreiche Bürgerrechtler und Ausreisewillige einen Schutzschirm. Am 3. März 1988 empfing SED-Chef Honecker den Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitung in der DDR, den thüringischen Landesbischof Werner Leich. Dieser thematisierte bei der Gelegenheit die Regelungen zur Ausreise aus der DDR und die Unterdrückung jeglicher freien Meinungsäußerung durch die Staatssicherheitsorgane. Ungeachtet dessen setzten die Machthaber weiterhin auf die Überwachung der evangelischen Kirche durch die Staatssicherheit. Der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, sah zwar eine positive Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche nach dem Honecker-Leich-Gespräch, befahl jedoch staatskritische Kirchenkreise weiterhin zu "disziplinieren".
(Eingeben an Partei und Regierung, das Ministerium für Nationale Verteidigung, staatliche Organe sowie an Kirchenleitungen).
Eine Teilnahme an der Konferenz für atomwaffenfreie Zonen wird angestrebt.
Es entstanden Gruppierungen, die sich mit Wehrdienstfragen befassen, in fast allen Bezirken der DDR.
Nach bisher vorliegenden Erkenntnissen bildeten sich "Regionalgruppen" ehemaliger Bausoldaten (analog kirchlicher Friedenskreise) in bisher 10 Städten der DDR. Sie treten mit politisch-negativen Angriffen gegen die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der DDR auf und versuchen, zukünftige Grundwehrpflichtige vom Dienst in den Baueinheiten zu überzeugen. Einzelne feindlich-negative Kräfte proklamieren auch die Totalverweigerung und berufen sich auf die Empfehlung der UNO-Menschenrechtskommission vom März 1987 (Der bestehende "Freundeskreis Totalverweigerer" in der DDR umfaßt ca. 45 Personen).
Bestrebungen zur Vernetzung der in der DDR bestehenden Gruppen (Durchführung überregionaler Treffen) sowie zur internationalen Einbindung (Anschreiben westlicher Botschaften mit Forderungen nach Freilassung von Wehrdienstverweigerern) sind unübersehbar.
Im Zusammenhang mit dem 1. Mai hat sich gezeigt, daß mit differenzierten, personenbezogenen operativen Maßnahmen unter Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten eine erfolgreiche Bekämpfung organisierter Formen der Wehrdienstverweigerung möglich ist. Operativ in Rechnung zu stellen ist, daß über die Wehrdienstablehnung hinaus oppositionelle Aktivitäten zur Durchsetzung weitergehender politischer Forderungen entwickelt werden (Überwindung gesellschaftlich "erstarrter" Strukturen, Veränderung zwischenmenschlicher Beziehungen usw.). Mit einer weiteren Ausdehnung derartiger Aktivitäten muß gerechnet werden.
In der Diskussion zum Dokument SED - SPD durch evangelische kirchliche Kreise wird von der angeblichen grundsätzlichen Diskrepanz der Außen- und Innenpolitik der DDR ausgegangen.
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8592, Bl. 1-11
In einem internen Schreiben informierte der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, über das aktuelle Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Vorausgegangen war ein Gespräch zwischen Erich Honecker und Bischof Werner Leich.
Anfang 1988 war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat auf einem Tiefpunkt angekommen. Die evangelische Kirche bot für zahlreiche Bürgerrechtler und Ausreisewillige einen Schutzschirm. Am 3. März 1988 empfing SED-Chef Honecker den Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitung in der DDR, den thüringischen Landesbischof Werner Leich. Dieser thematisierte bei der Gelegenheit die Regelungen zur Ausreise aus der DDR und die Unterdrückung jeglicher freien Meinungsäußerung durch die Staatssicherheitsorgane. Ungeachtet dessen setzten die Machthaber weiterhin auf die Überwachung der evangelischen Kirche durch die Staatssicherheit. Der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, sah zwar eine positive Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche nach dem Honecker-Leich-Gespräch, befahl jedoch staatskritische Kirchenkreise weiterhin zu "disziplinieren".
Deshalb wird dieses Dokument als innenpolitisches Instrument zur ideologie- und systemindifferenten Dialogführung betrachtet und als ein geeignetes Mittel angesehen, um mit dem Staat einen ständigen Dialog "zu ungelösten Fragen" (wie zum Beispiel zur Übersiedlungsproblematik, zur Wehrdienstverweigerung und angeblich nicht realisierten Chancengleichheit im Bildungswesen usw.) zu führen.
Die Anwendung des Dokumentes als ein Instrumentarium in den Beziehungen zwischen Kirche und Staat wird inebesondere von SPD-Mitgliedern in kirchenleitenden Funktionen (Schmude, Rau, Eppler [Anmerkung: Jürgen Schmude, Johannes Rau, Erhard Eppler) angeregt und empfohlen. Deren Einreisen und Wirken seit September 1987 in der DDR und nicht zuletzt die vorgesehene Teilnahme von Eppler, Bahr und Schmidt [Anmerkung: Egon Bahr, Helmut Schmidt] an Kirchentagen in der DDR
standen und stehen im Zeichen der praktischen Anwendung dieses Dokuments auf die Beziehungen zwischen Staat und Kirche in der DDR.
Die SPD geht davon aus, mit Hilfe des Dokumentes als Berufungsgrundlage langfristig günstige Wirkungsmöglichkeiten für die im Rahmen der Kirche agierende innere Opposition zu schaffen. Von diesen Bestrebungen sind die Einreisen führender, besonders in kirchlichen Funktionen gebundener Kräfte der SPD, einschließlich ihrer vorgesehenen Teilnahme an Kirchentagen, gekennzeichnet. Die entsprechenden operativen Maßnahmen sind konsequent an den politischen Erfordernissen und Orientierungen der Partei auszurichten. Ebenso zu beachten ist die Kontaktpolitik der anderen etablierten Parteien der BRD CDU, CSU, FDP gegenüber den Kirchenleitungen und ihren Repräsentanten (Forck, Stolpe, Demke, Eppelmann [Anmerkung: Gottfried Forck, Manfred Stolpe, Christoph Demke, Rainer Eppelmann).
Bekämpfung von Widerstand und Opposition umschreibt, was zwischen 1950 und 1989 als eine Kernaufgabe des MfS galt. Gegen den Willen eines Großteils der ostdeutschen Bevölkerung wurde eine Diktatur etabliert, die nicht durch Wahlen legitimiert war: Dies war einer der Gründe für die Bildung des MfS am 8.2.1950.
Um ihren gesellschaftlichen Alleinvertretungs- und Herrschaftsanspruch zu sichern, schuf sich die SED als Repressions- und polizeistaatliche Unterdrückungsinstanz das MfS - das konsequenterweise so auch offiziell von ihr als "Schild und Schwert der Partei" bezeichnet wurde. Bereits in der "Richtlinie über die Erfassung von Personen, die eine feindliche Tätigkeit durchführen und von den Organen des MfS der DDR festgestellt wurden" vom 20.9.1950 wurde dementsprechend festgelegt, dass "alle Personen" zu registrieren seien, deren Verhalten geeignet war, die "Grundlagen" der DDR in Frage zu stellen.
Ferner wurde bestimmt, dass "über Personen, die eine feindliche Tätigkeit ausüben, [...] Vorgänge" anzulegen sind und über "die erfassten Personen [...] eine zentrale Kartei" einzurichten ist. Das offensive Vorgehen gegen Regimegegner erfuhr eine Ergänzung in den gleichzeitig getroffenen Festlegungen zur Übergabe der als "feindlich" klassifizierten Personen an die Staatsanwaltschaften.
Das MfS wurde somit bei der Bekämpfung von Widerstand und Opposition zur Ermittlungsinstanz; die nachfolgenden Urteile gegen Oppositionelle und Regimekritiker ergingen in enger Kooperation mit den vom MfS zumeist vorab instruierten Gerichten und zum Schein vermeintlicher Rechtsstaatlichkeit unter Hinzuziehung von mit dem MfS häufig zusammenarbeitenden Rechtsanwälten.
Inhalte, Auftreten und Erscheinungsbild von politisch abweichendem Verhalten, Widerstand und Opposition wandelten sich im Laufe der DDR-Geschichte. Zugleich änderten sich auch die Strategien und Methoden des MfS in Abhängigkeit vom konkreten Erscheinungsbild von Protest und Widerstand, aber auch analog zum Ausbauniveau des Apparates und seines Zuträger- und Informantennetzes sowie zur jeweils getroffenen Lageeinschätzung und unter Berücksichtigung der politischen Rahmenbedingungen.
Zu allen Zeiten gab es in beinahe allen Bevölkerungsgruppen und in allen Regionen Aufbegehren, Opposition und Widerstand. In den ersten Jahren nach Gründung der DDR gingen die SED und das MfS mit drakonischen Abschreckungsstrafen (u. a. Todesurteilen) gegen politische Gegner vor. Gefällt wurden die Urteile nicht selten in penibel vorbereiteten Strafprozessen mit präparierten Belastungszeugen und unter Verwendung erzwungener Geständnisse.
In mehreren Orten der DDR wurden z. B. Oberschüler (Werdau, Leipzig, Werder, Eisenfeld, Fürstenberg/Oder, Güstrow), die anknüpfend an das Vorbild der Gruppe "Weiße Rose" in der NS-Diktatur Widerstand geleistet hatte, zum Tode oder zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt, weil sie Informationen gesammelt und Flugblätter verteilt hatten. Manch einer von ihnen überlebte die Haftbedingungen nicht oder nur mit dauerhaften gesundheitlichen Schäden.
Im Laufe der 50er Jahre ging das MfS schrittweise zum verdeckten Terror über. Nach wie vor ergingen langjährige Zuchthausstrafen; politische Opponenten, die von Westberlin aus die Verhältnisse in der DDR kritisierten, wurden - wie Karl Wilhelm Fricke 1955 - in geheimen Operationen entführt, nach Ostberlin verschleppt, in MfS-Haft festgehalten und vor DDR-Gerichte gestellt (Entführung).
Das Bestreben der SED, sich in der westlichen Öffentlichkeit aufgrund dieser ungelösten Fälle und angesichts eklatanter Menschenrechtsverletzungen nicht fortlaufender Kritik ausgesetzt zu sehen, führte, begünstigt durch die Absicht, der maroden Finanz- und Wirtschaftslage mit westlicher Unterstützung beizukommen, schrittweise zu einem Wandel. Im Ergebnis kam es auch zu einer Modifikation der MfS-Strategien im Vorgehen gegenüber Widerstand und Opposition.
Neben die im Vergleich zu den 50er Jahren zwar niedrigeren, für die Betroffenen aber nach wie vor empfindlich hohen Haftstrafen traten als beabsichtigt "lautloses" Vorgehen die Strategien der Kriminalisierung und Zersetzung. In einem "Entwurf der Sektion politisch-operative Spezialdisziplin" des MfS, der auf 1978 zu datieren ist, wird hierzu ausgeführt: "Um der Behauptung des Gegners die Spitze zu nehmen, dass wir ideologische Meinungsverschiedenheiten oder Andersdenkende mit Mitteln des sogenannten politischen Strafrechts bekämpfen, sind dazu noch wirksamer Maßnahmen zur Kriminalisierung dieser Handlungen sowie nicht strafrechtliche Mittel anzuwenden."
In der Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" vom Januar 1976 wurden unter Punkt 2.6 "die Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung" geregelt und unter Punkt 2.6.2 die "Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung" erörtert. Jene reichten u. a. von der "systematischen Diskreditierung des öffentlichen Rufes" auch mittels "unwahrer […] Angaben" und der "Verbreitung von Gerüchten" über das "Erzeugen von Misstrauen", dem "Vorladen von Personen zu staatlichen Dienststellen" bis zur "Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, […] Telefonanrufe".
Mit der "Ordnungswidrigkeitenverordnung" (OWVO) von 1984 ging man zudem verstärkt dazu über, politisch unliebsame Personen, sofern sie sich an Protesten beteiligten, mit Ordnungsstrafen zu überziehen und sie somit materiell unter Druck zu setzen. All diese Maßnahmen sollten nach außen hin den Eindruck erwecken, dass das MfS weniger rigoros als in früheren Jahren gegen Regimegegner vorging.
Nach der Freilassung von Oppositionellen, die kurz zuvor während der Durchsuchung der Umweltbibliothek 1987 und nach den Protesten am Rande der Liebknecht-Luxemburg-Demonstration 1988 in Berlin inhaftiert worden waren, äußerten selbst SED-Mitglieder Zweifel, ob das MfS noch in der Lage sei, offensiv und effektiv gegen politische Opponenten vorzugehen.
Hochgerüstet und allemal zum Einschreiten bereit, trat das MfS jedoch noch bis in den Herbst 1989 gegenüber weniger prominenten Menschen in Aktion, die Widerstand leisteten, inhaftierte diese und ließ gegen sie hohe Haftstrafen verhängen. Bis zum Ende der DDR schritt das MfS bei sog. Demonstrativhandlungen ein und ging gegen - wie es hieß - ungesetzliche Gruppenbildungen vor.
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Von der Bundesrepublik und anderen westlichen Staaten im Zuge der Entspannungspolitik verfolgte vertragliche Erleichterung und Förderung von Ost-West-Kontakten. Findet sich zumeist mit dem Begriff Kontakttätigkeit als Begriffspaar (KP/KT). Die MfS-Führung war der Überzeugung, dass die Bundesrepublik die Kontaktpolitik nutzte, um durch ideologische Beeinflussung der Bevölkerung die politischen Machtverhältnisse in der DDR in ihrem Sinne zu verändern.
Das westliche Interesse an der Erleichterung des privaten Reiseverkehrs, an Städtepartnerschaften, wissenschaftlichem Austausch, der Entsendung diplomatischer Vertreter und Korrespondenten in die DDR, selbst das Bemühen um den Ausbau der Handelsbeziehungen sah das MfS auch als Ausdruck einer gezielten Kontaktpolitik, die das Normalisierungsinteresse nur als Vorwand nutzte.
Da KPdSU und SED als Initiatoren der Entspannungspolitik auftraten, übte das MfS keine grundsätzliche Kritik, machte seine Mitarbeiter aber intern immer wieder auf die Gefahren dieser Politik aufmerksam und forderte zu vermehrten Anstrengungen auf, die Kontakttätigkeit als Auswirkung der Kontaktpolitik einzudämmen. Letztlich waren die Möglichkeiten des MfS aber zu begrenzt, um nachhaltig Gegenwirkung zu erzeugen. Selbst SED-Mitglieder waren im Laufe der Jahre immer weniger bereit, auf Westkontakte zu verzichten.
Signatur: BStU, MfS, BdL/Dok., Nr. 8592, Bl. 1-11
In einem internen Schreiben informierte der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, über das aktuelle Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Vorausgegangen war ein Gespräch zwischen Erich Honecker und Bischof Werner Leich.
Anfang 1988 war das Verhältnis zwischen Kirche und Staat auf einem Tiefpunkt angekommen. Die evangelische Kirche bot für zahlreiche Bürgerrechtler und Ausreisewillige einen Schutzschirm. Am 3. März 1988 empfing SED-Chef Honecker den Vorsitzenden der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitung in der DDR, den thüringischen Landesbischof Werner Leich. Dieser thematisierte bei der Gelegenheit die Regelungen zur Ausreise aus der DDR und die Unterdrückung jeglicher freien Meinungsäußerung durch die Staatssicherheitsorgane. Ungeachtet dessen setzten die Machthaber weiterhin auf die Überwachung der evangelischen Kirche durch die Staatssicherheit. Der stellvertretende Minister für Staatssicherheit, Rudi Mittig, sah zwar eine positive Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche nach dem Honecker-Leich-Gespräch, befahl jedoch staatskritische Kirchenkreise weiterhin zu "disziplinieren".
Realisiert wird sie vor allem über den "Polittourismus" (Siehe Treffen Willms, Europaparlament, Süssmuth [Anmerkung: Rita Süssmuth] u.a.).
Die ideologische Plattform, die beiden Seiten als Basis dient, ist ihr Selbstverständnis von der "Einheit Deutschlands" und der Notwendigkeit, die Grenzen zu überwinden, "Notwendigkeit innerer Öffnung" und Dialog mit Andersdenkenden/Kritikern des "Systems".
Die Leitung der katholischen Kirche in der DDR, die "Berliner Bischofskonferenz", strebt in jüngster Zeit im Gegensatz zu ihrer bisherigen Praxis eine stärkere Einflußnahme auf die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR an.
Damit wird dem Grundkonzept des Papstes, dem Katholizismus weltweit als entscheidende gesellschaftliche Kraft zum Durchbruch zu verhelfen, verstärkt Rechnung getragen. Dieses Konzept ist objektiv geeignet, oppositionelles Potential unter der Flagge der katholischen Kirche zu mobilisieren.
Ausgehend von einer veränderten Haltung der "katholischen Weltkirche" zur Stellung des Laien in der Kirche, kommt der leitende katholische Klerus zu der Schlußfolgerung, daß er das Recht und die Pflicht hat, zu politischen Fragen der Gegenwart in unserem Land Stellung zu beziehen. Dies sei auch deshalb nötig geworden, da von den Auseinandersetzungen der jüngsten Zeit auch Katholiken betroffen wurden.
Dabei sei nicht beabsichtigt, sich mit der evangelischen Kirche zu solidarisieren oder in der Öffentlichkeit strittige Fragen zu diskutieren, sondern im Gespräch mit den kompetenten Vertretern des Staates auf bestehende Probleme hinzuweisen.
Ausdruck hierfür ist die Verbalnote von Kardinal Meisner, die am 09.03.1988 der Regierung der DDR zugeleitet wurde und die u.a. folgende Problemfelder anspricht:
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
1956 entstanden durch Umbenennung der Abteilung Allgemeines. Aufgaben des Büros der Leitung waren unter anderem
Vermerk über ein Gespräch zwischen Landesbischof Werner Leich und Politbüromitglied Werner Jarowinsky bzw. Klaus Gysi Dokument, 3 Seiten
Vermerk über die Reaktion Bischof Leichs auf ein Gespräch mit Politbüromitglied Jarowinsky Dokument, 2 Seiten
Schnellinformation des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR über das Treffen von Bischof Leich mit Erich Honecker Dokument, 5 Seiten
Schreiben vom Leiter der Zentralen Koordinierungsgruppe Gerhard Niebling zum Verhältnis von Kirche und Ausreisewilligen Dokument, 5 Seiten