Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 16-33
Bericht der MfS-Bezirksverwaltung Frankfurt/Oder vom 24. Juni 1953 an die SED: Die Geheimpolizei analysierte darin die Ursachen, den Verlauf der Ereignisse und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen rund um den 17. Juni 1953 im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Was am Morgen des 17. Juni noch als Arbeiteraufstand begann, entwickelte sich in den Zentren schnell zum Volksaufstand. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mithilfe von russischen Panzern niedergeschlagen wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument an die SED-Bezirksleitung analysierte die Stasi die Ereignisse des 17. Juni im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder. Auch wenn die Geheimpolizisten am Bild der faschistischen Provokation festhielten, übten sie in ihrem Bericht über die Ursachen, den Verlauf und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen während des Aufstands zum Teil deutliche Kritik an der SED und parteinahen Organisationen.
Andere Schichten der Bevölkerung äussern sich so, dass es eine Selbstverständlichkeit sei, dass die Regierung solche Massnahmen ergreift. Irgend etwas musste ja kommen.
Die Stimmen zu der faschistischen Provokation sind, man kann sagen, zum grössten Teil positiv. Das geht schon daraus hervor, dass von jeweils 10 Briefen, 8 davon meistens positiv sind. Man verurteilt die Provokateure, verurteilt ihre Handlungsweise bezüglich des Zertrümmerns von Einrichtungen und begrüsst die Massnahmen der Regierung und der Sowjetarmee betr. Erschiessung solcher Banditen.
In Stalinstadt und dem EKS. hat sich auf verschiedenen Stellen die Arbeitsproduktivität gerade in der letzten Leit erhöht. Die Hüttenwerker haben in diesen Tagen den höchsten Abstich erzielt.
Daneben gibt es negative Stimmungen, die sich besonders um die Verhafteten drehen. Viele Stimmen behaupten, dass man zuviel Unschuldige verhaftet hätte. In Stalinstadt äusserten sich einige Brigaden der Bau-Union dahingehend, dass man nochmals die Arbeit niederlegen will, wenn man ihre Kollegen nicht freigibt.
9.) Die Auswirkung, der Ereignisse auf die Produktion, die Erfassung, den Handel und den Verkehr:
In den unter Punkt 2) genannten Betrieben ist die Produktion für ca. 2 Tage mehr oder weniger vollständig ausgefallen. Günstig für die Ziegelindustrie und die Baustellen war, dass es am 17.6.53 sehr stark regnete, sodass die Produktion sowieso teilweise eingestellt wurde. Die Auswirkungen auf die Produktion im Industrie- und Bauwesen sind vorhanden. Die Belegung durch Zahlenmaterial ist z. Zt. nicht möglich.
Alle Kreise melden jedoch übereinstimmend, dass die Arbeiter bemüht sind, die ausgefallene Arbeitszeit durch Überstunden wieder wettzumachen, Stalinstadt meldet, dass ein solches Arbeitstempo bei verschiedenen Betrieben und Bauobjekten bis jetzt noch nicht dagewesen ist. Dasselbe trifft zu auf die Hüttenwerker.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 16-33
Bericht der MfS-Bezirksverwaltung Frankfurt/Oder vom 24. Juni 1953 an die SED: Die Geheimpolizei analysierte darin die Ursachen, den Verlauf der Ereignisse und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen rund um den 17. Juni 1953 im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Was am Morgen des 17. Juni noch als Arbeiteraufstand begann, entwickelte sich in den Zentren schnell zum Volksaufstand. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mithilfe von russischen Panzern niedergeschlagen wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument an die SED-Bezirksleitung analysierte die Stasi die Ereignisse des 17. Juni im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder. Auch wenn die Geheimpolizisten am Bild der faschistischen Provokation festhielten, übten sie in ihrem Bericht über die Ursachen, den Verlauf und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen während des Aufstands zum Teil deutliche Kritik an der SED und parteinahen Organisationen.
Der öffentliche Verkehr der Reichsbahn sowie die öffentlichen Versorgungsbetriebe, Elektrizität- und Wasserwerke, wurden von diesen Dingen nicht betroffen. Dort wurde überall normal gearbeitet.
Bis auf vereinzelte Angsteinkäufe im Gebiet von Bernau und Herzfelde, auf Stockungen in der Kartoffelversorgung in Eberswalde und Freienwalde, traten auf dem Gebiete des Handels und der Versorgung keine Störungen auf.
Im Bezirksmaßstab liegen keine Anzeichen vor, dass unsere Bauern ihrer Ablieferungspflicht nicht nachkommen. Obwohl die Ablieferungspflicht in einigen Gebieten etwas schleppend vor sich geht, sind doch die Ursachen dafür bei den Erfassungsorganen zu suchen, die angeblich noch keine neuen Richtlinien über die Erfassung und die Methoden der Erfassung haben. Die Meldungen über das Zurückgehen der Milcherfassung entsprechen nach den durchgeführten Überprüfungen nicht den Tatsachen.
10.) Die Einwirkungen der Streiks und Provokationen auf das Land :
Bis auf kleine, unbedeutende Vorkommnisse in den landwirtschaftlichen Gebieten unseres Bezirks, kann man die Lage als normal bezeichnen. In keinem Ort traten die Bauern organisiert zusammen, um die Arbeit niederzulegen. In einigen Kreisen gibt es vereinzelte Austritte aus LPG's. Die LPG Gusow, Seelow, forderte am 17.6.53 eine Verminderung ihres Solls um 50%.
In der MTS Trebnitz, Seelow, stellte die Schmiedeabteilung die schriftliche Forderung auf höhere Löhne.
Einige Grossbauern bekamen durch die faschistischen Provokationen Mut. In der Gemeinde Biesenbrow äuseerte sich einer : Jetzt kommen die Verhältnisse von 1945 wieder. Gegenüber dem Bürgermeister tat er folgende Äusserung : Die Regierung die uns regiert, hat keine Ahnung, alle gehören ins Zuchthaus, dorthin, wo sie die angeblichen Grossbauern hingebracht haben. Die bisherigen Wahlen waren nur Zwangsmassnahmen und keine Wahlen auf freiwilliger Basis. Die Wahlen in Westdeutschland dagegen, sind gerecht, und nur Adenauer ist derjenige, der das deutsche Volk vor der Versklavung retten kann. Wir haben hier eine Arbeiterregierung, aber wenn die Arbeiter die Freiheit wollen, werden gegen sie Panzer aufgefahren.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 16-33
Bericht der MfS-Bezirksverwaltung Frankfurt/Oder vom 24. Juni 1953 an die SED: Die Geheimpolizei analysierte darin die Ursachen, den Verlauf der Ereignisse und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen rund um den 17. Juni 1953 im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Was am Morgen des 17. Juni noch als Arbeiteraufstand begann, entwickelte sich in den Zentren schnell zum Volksaufstand. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mithilfe von russischen Panzern niedergeschlagen wurde. SED und Stasi deuteten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Im vorliegenden Dokument an die SED-Bezirksleitung analysierte die Stasi die Ereignisse des 17. Juni im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder. Auch wenn die Geheimpolizisten am Bild der faschistischen Provokation festhielten, übten sie in ihrem Bericht über die Ursachen, den Verlauf und das Verhalten der staatlichen Einrichtungen während des Aufstands zum Teil deutliche Kritik an der SED und parteinahen Organisationen.
Über das Verhalten der Klein - und Mittelbauern liegen keine Meldungen vor.
Im ganzen Bezirk ist nichts bekannt, dass die Bauern neue politische Losungen wie - freie Marktwirtschaft - usw. aufgestellt haben.
Aktionen der Bauern gegen die Massnahmen der Regierung sind im Bezirk keine vorhanden.
11.) Intelligenz, Schulen und Kirchen und ihr Verhalten in dieser Situation :
die Intellektuellen in den Betrieben zeigten zum grössten Teil eine unentschlossene Haltung, obwohl es auch Ingenieure in Stalinstadt gegeben hat, die mehr oder weniger aktiv an den Provokationen teilnahmen. Der [geschwärzt], hat sich zur gesamten Situation folgendermassen geäussert : Ich sehe mehr und mehr ein, dass ich ohne die Partei nichts machen kann. Ich verpflichte mich, meine ganze Kraft noch mehr zum Wohle unseres Volkes einzusetzen.
[geschwärzt], EKS. : Ich bin bis heute noch nicht damit einverstanden, dass man sowjetische Truppen zum Schutz des Werkes eingesetzt hat. Zumindest hätte man mich vorher verständigen müssen.
Einige Ärzte im Stadtkrankenhaus Fürstenwalde, wollten das Krankenhaus zum Teil räumen, um Betten für verwundete Demonstranten freizubekommen.
Der Direktor der Oberschule Fürstenwalde, äusserte sich , dass man nicht so viel von Provokationen, sondern mehr von den Fehlern unserer Regierung sprechen sollte.
Ein Optiker in Frankfurt/Oder äusserte sich so, dass man 1848 die Revolution auch als Putsch vonseiten der Regierung hingestellt hat. Jetzt macht man das genauso. Damals sollten es ausländische Emnissäre ausgelöst haben und heute amerikanische Agenten.
Die Kirchen gerieten nicht selten unter Verdacht, gegen die politischen Verhältnisse in der DDR zu opponieren. Das lag an ihrer weitgehenden Eigenständigkeit, an der christlichen Botschaft, die von den kommunistischen Ideologen als konkurrierendes Sinn- und Erklärungsangebot abgelehnt wurde, sowie an ihrem Beharren auf Mitsprache und Gestaltungsanspruch in gesellschaftlichen Fragen. Im Auftrag der SED wurde daher das MfS tätig, um die von den Kirchen ausgehenden vermeintlichen und tatsächlichen Gefahren für das politisch-ideologische System der DDR abzuwehren.
Die SED-Kirchenpolitik war in den vier Jahrzehnten der DDR Wandlungen unterworfen. In den 50er Jahren führte die SED mehrfach einen offenen Kirchenkampf. Dieser richtete sich u. a. gegen die kirchliche Jugend- und Studentenarbeit, v. a. bei der Einführung der Jugendweihe, sowie gegen karitative Einrichtungen wie die Bahnhofsmissionen. Mehrere Religionsgemeinschaften wurden verboten und deren Anhänger verfolgt.
Die SED war zudem bestrebt, die Verlesung von solchen Hirtenbriefen und Kanzelabkündigungen zu unterbinden, in denen sozialethische, gesellschaftskritische oder politische Fragen aufgegriffen wurden. Von der Polizei und dem MfS wurden kirchliche Einrichtungen durchsucht und Literatur beschlagnahmt. Neben kirchlichen Mitarbeitern wurden unter Mitwirkung des MfS auch Pfarrer – zwischen 1950 und 1960 mindestens 140 – inhaftiert.
Ab den 60er Jahren beschränkte sich die SED zunehmend darauf, durch eine rigorose Auslegung der Veranstaltungsordnung unerwünschte kirchliche Aktivitäten zu behindern. Das offizielle Eindringen in kirchliche Räume wie im November 1987, als es nachts in der Zionsgemeinde in Ostberlin zu Durchsuchungen und Festnahmen kam, war in den 70er und 80er Jahren eher untypisch, weil dies die Staat-Kirche-Beziehungen erheblich belastete. Vor allem seit 1978 bemühte sich die SED, ein Stillhalteabkommen zwischen Kirchenleitungen und Staat zu respektieren.
Das MfS versuchte aber stets, indirekt Einfluss auf kirchliche Entscheidungen zu nehmen. Dies und die verdeckte Informationsbeschaffung zählten zu den Hauptbetätigungsfeldern des MfS im Rahmen der von der SED konzipierten Kirchenpolitik. Die Informationsbeschaffung erfolgte mittels Observation, IM-Einsatz und auf dem Weg der sog. Gesprächsabschöpfung. Dabei gelang es in Einzelfällen auch, Christen in kirchlichen Leitungspositionen als IM zu gewinnen.
So arbeitete der thüringische Kirchenjurist und Oberkirchenrat Gerhard Lotz seit 1955 mit dem MfS als IM "Karl" zusammen. Durch die Positionierung eines Offiziers im besonderen Einsatz im Konsistorium in Magdeburg, Detlev Hammer, der ab 1974 juristischer, dann Oberkonsistorialrat war, vermochte es das MfS, einen hauptamtlichen Mitarbeiter innerhalb der Leitungsstruktur der provinzsächsischen Kirche zu platzieren. Außerdem hatte das MfS gegenüber den Kirchen dann tätig zu werden, wenn Verdachtsmomente dafür vorlagen, dass die Kirchen über den ihnen von der SED zugewiesenen religiös-kultischen Bereich hinaus tätig wurden.
Dementsprechend observierte das MfS Kirchengemeinden und Pfarrer, die – wie es beim MfS hieß – im Rahmen der "Partnerschaftsarbeit" Besuchskontakt zu Kirchengemeinden in der Bundesrepublik unterhielten. Das MfS legte hierzu OV an und ermittelte gegen die Organisatoren der Zusammenkünfte.
Als Ziele der MfS-Aufklärung galten ebenso kirchliche Synoden und Basistreffen, auf denen grundsätzlich die potenzielle Gefahr bestand, dass Kritik an den Verhältnissen in der DDR geübt werden würde. In das Blickfeld des MfS rückten die evangelischen Kirchen insbesondere ab Mitte der 70er Jahre: Zunächst rief die auch unter nichtkirchlichen Jugendlichen an Attraktivität gewinnende kirchliche Jugendarbeit, dann die Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsarbeit unter dem Dach der Kirche den Argwohn des MfS hervor.
Insgesamt war das MfS nur eine von mehreren Institutionen des SED-Staates, die im Rahmen der SED-Kirchenpolitik tätig wurden. Im Zusammenspiel mit ihnen versuchte das MfS, die Kirchen zu kontrollieren und zu disziplinieren.
In Auswertung der kirchenpolitischen Kampagnen der 50er Jahre und bestärkt durch konzeptionelle Arbeiten, drängte die SED-Führung ab Anfang der 80er Jahre zunehmend auf ein koordiniertes Vorgehen. Die vom MdI und den Abteilungen für Inneres erstellten Rapportmeldungen, Berichte und Personeneinschätzungen zu Gottesdiensten und kirchlichen Mitarbeitern wurden vereinbarungsgemäß dem MfS zur Verfügung gestellt und bildeten häufig den Grundstock jener Berichte und Personencharakteristiken, die sich in den Beständen des MfS wiederfinden.
Bereits vor Gründung des MfS hatte bei der Deutschen Verwaltung des Innern in der Abteilung K 5 das Referat C 3 existiert. Als Aufgabenbeschreibung wurde die "Aufklärung und Bekämpfung der kirchlichen Feindtätigkeit" genannt. Ab 1950 bestand im MfS zunächst die Abteilung V, die sich ab 1953 Hauptabteilung V nannte und 1964 im Zuge einer Umstrukturierung zur Hauptabteilung XX wurde.
Innerhalb dieser Organisationsstruktur zeichnete die Abt. 4 für die "Bearbeitung" der Kirchen verantwortlich. 1988 gliedert sich diese in sechs Fachreferate, wobei je eins für die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche sowie die Religionsgemeinschaften und Sekten zuständig war. Ein Referat widmete sich Operativen Vorgängen. Als Schwerpunkt der Arbeit wurde die "Bekämpfung der politischen Untergrundtätigkeit" benannt. Zwei weitere Referate nahmen koordinierende Funktionen wahr.
Neben der Hauptabteilung XX/4 stützte sich das MfS bei der Bekämpfung und Infiltration der Kirchen auf die Zuarbeit verschiedener Hauptabteilungen und Abteilungen - so u. a. auf die Dienste der HV A bei der "Aufklärung" von westlichen Partnergemeinden und Pfarrern, die die kirchliche Friedensarbeit in den ostdeutschen Gemeinden unterstützten. Im Fall der Inhaftierung kirchlicher Mitarbeiter übernahm die Hauptabteilung IX als Untersuchungsorgan den Vorgang.
Hinzu kamen andere institutionalisierte Formen der "Bearbeitung". Als politisch-ideologische fungierte ab 1958 das Referat Familienforschung, das Verwicklungen missliebiger Kirchenvertreter in das NS-Regime aufdecken oder konstruieren sollte, um die so Diffamierten unter Druck setzen zu können. Angesiedelt war es beim Deutschen Zentralarchiv in Potsdam. Es verwaltete verschiedene aus NS-Beständen stammende Unterlagen und wertete sie aus. Dabei handelte es sich um eine verdeckt arbeitende Einrichtung des MfS.
Um den steigenden Informationsbedarf – unter Berücksichtigung der Spezifik kirchlicher und religiöser Angelegenheiten – zu decken und um Sonderaufträge u. a. auch im Ausland ausführen zu können, etablierte das MfS 1960 die sog. Auswertungsgruppe, die dem Referat V zugeordnet wurde. In einem konspirativen Objekt in Berlin-Pankow ("Institut Wandlitz") arbeiteten hauptamtliche IM und mehrere OibE zusammen.
Seine "Absicherung" fand das Vorgehen des MfS gegenüber den Kirchen durch ein umfangreiches Netz von OibE und IM, die das MfS im Staatssekretariat für Kirchenfragen und in den Kirchenabteilungen der DDR-Bezirke unterhielt. 1989 gab es im Staatssekretariat drei OibE; zudem berichtete der persönliche Referent und Büroleiter der Staatssekretäre Hans Seigewasser und Klaus Gysi, Horst Dohle, ab 1975 als IM "Horst" dem MfS. Insgesamt aber gelang es dem MfS nicht, die Kirchen umfassend zu unterwandern.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Haftbefehl des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) gegen einen Teilnehmer der Proteste in Fürstenberg Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Analyse der Ereignisse des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 im Bezirk Potsdam Dokument, 9 Seiten
Verfügung der Staatssicherheit zur Einleitung eines Untersuchungsverfahrens Dokument, 1 Seite