Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 56-59
Wie in vielen anderen Städten der DDR, kam es am 17. Juni 1953 auch in Gera zu Aufständen. Eine "Gesamtanalyse" der SED-Kreisleitung der Staatssicherheit gibt Aufschluss über die Entwicklung des Volksaufstands in Gera und das staatliche Vorgehen gegen die Streikenden.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Die wichtigsten Zentren des Volksaufstandes in Thüringen lagen im Bezirk Gera, im Osten der Region. Ein wichtiger Grund dafür war der Uran-Bergbau in dieser Gegend. Östlich von Gera lag ein wichtiges Abbaugebiet der SAG Wismut, einer sowjetisch kontrollierten Gesellschaft und dem weltweit größten Bergbaubetrieb in diesem Bereich. Wie in den anderen über das gesamte Erzgebirge verteilten Revieren der Wismut, schürften hier tausende Kumpel Uranerz in großem Stil für die Sowjetunion. Das taten sie unter zum Teil schwierigen Arbeitsbedingungen, unter hohem Leistungsstress und geringer Rücksicht der Betriebsleitung auf die Gesundheit der Kumpel. Entsprechend unzufrieden waren viele Wismut-Angehörige mit ihrer Lage.
Die SED-Kreisleitung der Bezirksverwaltung Gera sandte an die Bezirksleitung in Berlin die vorliegende "Gesamtanalyse" zu den Vorfällen vom 17. Juni 1953. Darin wird deutlich, dass die von der SED eigens eingesetzten "Agitationsgruppen" die Streikhandlungen in den Betrieben nicht mehr aufhalten konnten.
Kreisleitung VII c/16
Gera, am 24.06.1953
[handschriftliche Ergänzung: lfd. Nr. 127/53]
[Stempel: MfS
-35-
26. Juni 1953
Tgb. Nr. 2989/53
Weiter an: Sekr.]
An die
Bezirksleitung VII c der SED
- Sekretariat -
Betr.: Gesamtanalyse
Dortiges FS Nr. 581 vom 20.06.1953 und unser FS Nr. 233 vom 24.06.1953
Nach Überprüfung des abgesetzten Fernschreibens stellte sich heraus, daß in diesem Unklarheiten geschrieben bzw. Abschnitte vollständig ausgelassen wurden.
Nachfolgend noch einmal der genaue Text unserer Analyse.
Im Bezirk Gera zeigten sich auf Grund verschiedener Signale und nach Erkenntnis der Vorkommnisse in Berlin ebenfalls Anzeichen einer Streikbewegung. Der Leitung der Bezirksverwaltung war bekannt, daß am 17.06.1953 nachmittags zwischen 14.00 und 15.00 Uhr im Südwerk bei VEB Zeiß eine Versammlung einberufen werden sollte, die das Ziel hatte, Stellung zu den Vorkommnissen in Berlin zu nehmen.
Die Leitung der Verwaltung berief daraufhin sofort Abteilungs- und Dienststellenleiterbesprechung ein, um vorbeugende Maßnahmen festzulegen gegen die zu erwartende Situation. Koch während, der Abteilungs- und Dienststellenleiterbesprechung liefen. Hinweise ein, daß in Gera im Betrieb "Roto Record" die Arbeit niedergelegt wurde. Nach dieser Meldung schlossen sich der Arbeitsniederlegung in Gera die Betriebe "EKM Transformatorenwerk," "WMW-Union", "RFT" und später die "Gewosei" an.
Um 9.00 Uhr wurde gemeldet, daß im VEB Zeiß im Südwerk ebenfalls die Arbeit niedergelegt wurde und sich dieser Zustand innerhalb kürzester Frist auf das gesamte Werk ausdehnte. Im Laufe des Tages erfolgten weitere Arbeitsniederlegungen im Stahlwerk Silbitz, Jena-Pharm, RAW Jena und teilweise in der Universität und der Arbeiter- und Bauernfakultät. Weiter dehnte sich die Arbeitsniederlegung auf die Orte Eisenberg, Saalfeld, Weida, Berga/Elster sowie Ronneburg und Kahla aus.
Die Ursachen dieser Arbeitsniederlegungen sind einmal zu suchen in dem Bekanntwerden der Vorkommnisse in Berlin, die durch die Hetzreden des RIAS in der Bevölkerung unter Ausnutzung der Mißstimmung in breiten Kreisen der Arbeiter ihre Auswirkungen fanden, was die bisher vorliegenden Stimmungsberichte beweisen.
Feindliche Elemente nutzten die Mißstimmung der Bevölkerung aus, um die Arbeiterschaft nach Veröffentlichung des Kommuniques des Politbüros in StreikStimmung zu bringen.
In unserem Bezirk entwickelte sich die Arbeitsniederlegung ausgehend von Gera nach Jena, Eisenberg, Saalfeld, Weida, Berga/Elster, Ronneburg und Kahla.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
aktuelle Seite 1
Zur Seite 2 wechseln
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 56-59
Wie in vielen anderen Städten der DDR, kam es am 17. Juni 1953 auch in Gera zu Aufständen. Eine "Gesamtanalyse" der SED-Kreisleitung der Staatssicherheit gibt Aufschluss über die Entwicklung des Volksaufstands in Gera und das staatliche Vorgehen gegen die Streikenden.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Die wichtigsten Zentren des Volksaufstandes in Thüringen lagen im Bezirk Gera, im Osten der Region. Ein wichtiger Grund dafür war der Uran-Bergbau in dieser Gegend. Östlich von Gera lag ein wichtiges Abbaugebiet der SAG Wismut, einer sowjetisch kontrollierten Gesellschaft und dem weltweit größten Bergbaubetrieb in diesem Bereich. Wie in den anderen über das gesamte Erzgebirge verteilten Revieren der Wismut, schürften hier tausende Kumpel Uranerz in großem Stil für die Sowjetunion. Das taten sie unter zum Teil schwierigen Arbeitsbedingungen, unter hohem Leistungsstress und geringer Rücksicht der Betriebsleitung auf die Gesundheit der Kumpel. Entsprechend unzufrieden waren viele Wismut-Angehörige mit ihrer Lage.
Die SED-Kreisleitung der Bezirksverwaltung Gera sandte an die Bezirksleitung in Berlin die vorliegende "Gesamtanalyse" zu den Vorfällen vom 17. Juni 1953. Darin wird deutlich, dass die von der SED eigens eingesetzten "Agitationsgruppen" die Streikhandlungen in den Betrieben nicht mehr aufhalten konnten.
Folgende Industriezweige wurden erfasst:
3 Betriebe des Schwermaschinenbaus
7 Betriebe der Leichtindustrie
1 Bau-Betrieb (Bauunion Jena)
1 RAW
Teilweise Wismut-Objekte
Bei Beginn dieser Streikbewegung setzte die Partei sofort Agitationsgruppen in diesen Betrieben ein. Diese erwiesen sich jedoch als zu schwach, was sich darin zeigte, daß sie die Argumente der feindlichen Elemente nicht bzw. nur teilweise widerlegen, konnten.
Die Agitationseinsätze erwiesen sich als wirkungslos, so daß die Arbeiter zur Demonstration auf die Straße gingen. Während der Demonstration und der dabei hervorgerufenen Provokationen agitierte ein Teil der Gruppen weiter, wurde jedoch durch die grosse Ausdehnung der Demonstration immer machtloser. Die Partei verlor die Übersicht und es kam dadurch nicht zur Einleitung von geschlossenen Aktionen, so daß dadurch die gesamte Kampfkraft der Partei gelähmt war.
Die Haltung der Betriebsparteiorganisationen war so, daß sie politisch nicht stark genug waren und das Vertrauen der Arbeiter zum Teil nicht besassen. Ihre Argumente, die sie den feindlichen Elementen entgegenhielten, trugen nicht dazu bei, die Streikbewegung schon im Keim zu ersticken.
Es zeigte sich in der Praxis, daß dort, wo eine starke BPObestand, die das Vertrauen der Arbeiter besaß, keine Arbeitsniederlegungen vorgekommen sind. Als Beispiel gelten hierfür die Großbetriebe "Maxhütte und "Wilhelm-Pieck-Werk Schwarza" sowie das Dolomitenwerk Wünschendorf.
Die Mitglieder der Partei in den streikenden Betrieben nahmen zu Anfang dieser Bewegung eine schwankende Haltung ein. Nach Ausweitung der Streikbewegung ging ein Teil zu dieser über. Aus Berichten ist zu entnehmen, daß ein Teil der Mitglieder ihre Parteiabzeichen entfernten, einzelne sogar das Parteidokument zurückgaben.
Die Kreisleitung der Partei reagierte auf die Streikbewegung mit Agitationsgruppen. Da sie jedoch nicht rechtzeitig über die "Vorkommnisse in den Betrieben informiert waren, wurden sie von der plötzlichen Ausweitung der Streikbewegung erdrückt und es zeigte sich, daß die Kreisleitung mit den Massen bzw. mit den Betriebsparteiorganisationen nicht fest verbunden war.
Nachdem die Massen auf den Strassen waren und die Provokateure wüteten, war man auf die Sicherheit der Gebäude der Partei bedacht und nicht mehr in der Lage, eine feste Kampffront gegen die Streikenden in Bewegung zu bringen.
Die Bezirksleitung der Partei reagierte ebenfalls mit Agitationsgruppen auf die ersten Anzeichen der Streikbewegung. Bei der schnellen Ausweitung dieser Bewegung stellte sich heraus, daß für sie die Übersicht immer schwieriger wurde und sie nicht in jedem Falle die richtigen Maßnahmen treffen konnten. Erschwert wurde die Arbeit des Sekretariats der Bezirksleitung der Partei dadurch, daß der 1. Sekretär an diesem Morgen in Berlin beim ZK weilte. Die übrigen Sekretäre waren in ihren Entscheidungen zaghaft und zum Teil ohne Entschlußkraft. Die "Verbindung zu den Massen war ebenfalls nicht da, so daß sich die Sekretäre in den grösseren Betrieben der Bezirkshauptstadt noch nicht haben sehen lassen.
Die staatlichen Organe, die, sobald der staatsfeindliche Charakter erkennbar wurde, zum Einsatz kamen, wurden in jedem Falle ihren Aufgaben gerecht.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Zur Seite 1 wechseln
aktuelle Seite 2
Zur Seite 3 wechseln
Zur Seite 4 wechseln
Signatur: BStU, MfS, SdM, Nr. 249, Bl. 56-59
Wie in vielen anderen Städten der DDR, kam es am 17. Juni 1953 auch in Gera zu Aufständen. Eine "Gesamtanalyse" der SED-Kreisleitung der Staatssicherheit gibt Aufschluss über die Entwicklung des Volksaufstands in Gera und das staatliche Vorgehen gegen die Streikenden.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Tatsächlich war der 17. Juni 1953 Ausdruck der Unzufriedenheit weiter Teile der DDR-Bevölkerung. Zunächst entzündeten sich die Proteste an sozialen Fragen. Die Menschen stellten Forderungen, die ihren Arbeits- und Lebensalltag betrafen, wie "Senkung der Arbeitsnormen und der HO-Preise". Bald forderten die Demonstranten im ganzen Land jedoch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, Pressefreiheit, die Freilassung aller politischen Gefangenen und schließlich auch die deutsche Wiedervereinigung.
Die wichtigsten Zentren des Volksaufstandes in Thüringen lagen im Bezirk Gera, im Osten der Region. Ein wichtiger Grund dafür war der Uran-Bergbau in dieser Gegend. Östlich von Gera lag ein wichtiges Abbaugebiet der SAG Wismut, einer sowjetisch kontrollierten Gesellschaft und dem weltweit größten Bergbaubetrieb in diesem Bereich. Wie in den anderen über das gesamte Erzgebirge verteilten Revieren der Wismut, schürften hier tausende Kumpel Uranerz in großem Stil für die Sowjetunion. Das taten sie unter zum Teil schwierigen Arbeitsbedingungen, unter hohem Leistungsstress und geringer Rücksicht der Betriebsleitung auf die Gesundheit der Kumpel. Entsprechend unzufrieden waren viele Wismut-Angehörige mit ihrer Lage.
Die SED-Kreisleitung der Bezirksverwaltung Gera sandte an die Bezirksleitung in Berlin die vorliegende "Gesamtanalyse" zu den Vorfällen vom 17. Juni 1953. Darin wird deutlich, dass die von der SED eigens eingesetzten "Agitationsgruppen" die Streikhandlungen in den Betrieben nicht mehr aufhalten konnten.
Als Mangel stellte sich jedoch heraus das Verbot des Gebrauches der Schußwaffen. Nachdem die Provokateure merkten, daß von den Schußwaffen kein Gebrauch gemacht wurde, gingen sie zum Teil dazu über, VP und KVP tätlich anzugreifen und auch zu entwaffnen.
Die Organe des MfS in unserem Bezirk wurden in dieser Situation ihren Aufgaben gerecht, zeigten eine gute Disziplin und Kampfbereitschaft gegenüber den feindlichen Elementen. Lediglich in Jena versagten auf Grund von mangelhafter Führung und Organisierung der Abwehr der Provokation sowie beim Angriff auf die Dienststelle der größte Teil der Mitarbeiter.
Die Angestellten der Verwaltung zeigten ebenfalls in dieser Situation eine gute Haltung, entsandten in die Betriebe und auf die Strasse Agitationsgruppen und übernahmen zum Teil den Selbstschutz ihrer Verwaltungsgebäude.
Die Maßnahmen der Regierung auf Grund der Beschlüsse vom 11. und 17.06.1953 wurden in unserem Bezirk sofort in Angriff genommen und verwirklicht. Dies zeigte sich an den Haftentlassungen, Ausstellung von Interzonenpässen, Überprüfung der Steuerrückstände und der sonst noch stehenden Fragen.
Über das Auftreten der Parteiorganisationen im Staatsapparat muß demnach gesagt werden, dass sie den Anforderungen gerecht wurden und ihre Mitglieder und auch Parteilose als Agitatoren einsetzten. Über das Verhalten der Massenorganisationen, besonders der Gewerkschaft, kann erst zu einem, späteren Zeitpunkt berichtet werden, da z.Zt. noch kein Material, vorliegt. Dasgleiche trifft zu für die FDJ.
Die taktische Methode des Feindes bei der Durchführung seiner staatsfeindlichen Handlungen war die, daß er es verstand, die berechtigten Forderungen der Arbeiter mit seinen staatsfeindlichen Losungen in Verbindung zu bringen. Durch diese Taktik gelang es dein Feind, die Arbeiter auf die Straße zu locken, sie irre zu führen und unter Ausnutzung dieser Situation seine provokatorischen Absichten zur Durchführung zu bringen.
Eine Analyse über die Zusammensetzung der Haupträdelsführer kann z.Zt. nicht gegeben werden, da noch keine Auswertung der Gesamtverhafteten vorgenommen wurde.
Die Stimmung der Massen war nach, der Veröffentlichung des Kommuniques der SED der Partei und Regierung gegenüber zuerst einmal abwartend. Nach den vorliegenden Berichten zu urteilen, brachten Teile der Bevölkerung zum Ausdruck, daß man für begangene Fehler nicht nur die Kleinen verurteilen darf, sondern auch die Großen. Weitere Teile der Bevölkerung versprachen sich von diesem Kommunique und den darauffolgenden Beschlüssen sehr viel und erkannten darin eine Stärke der Partei und der Regierung, da sie offen und ehrlich zu ihren begangenen Fehlern Stellung nehmen und gleichzeitig für deren Abstellung Sorge tragen.
Nach der faschistischen Provokation rückte der überwiegende Teil der Bevölkerung von den Provokateuren ab und verurteilte ihre verbrecherische Handlungsweise auf das schärfste. Ein kleiner Teil der Bevölkerung sah in den von den Provokateuren hervorgerufenen Unruhen den Zeitpunkt eines Wechsels in der Staatsführung und war in Erwartung des Eingreifens der imperialistischen Mächte.
Mach, dem Einschreiten der sowjetischen Freunde und der Verhängung des Ausnahmezustandes herrschte bei den demokratisch und patriotisch gesinnten Teilen der Bevölkerung Genugtuung über das Zerschlagen der
Als Abwehr wurden alle geheimpolizeilichen Aktivitäten zur Sicherung der politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität der DDR und des kommunistischen Bündnissystems bezeichnet, die nach dem Verständnis des MfS durch feindliche Angriffe gefährdet waren. Maßnahmen zur Bekämpfung westlicher Spionage und politischer Opposition galten somit ebenso als Abwehr wie etwa die Sicherung von Produktivität und Anlagensicherheit in den Betrieben sowie die Verhinderung von Republikflucht und Ausreisen. Demgemäß waren die meisten operativen Arbeitsbereiche des MfS ganz überwiegend mit Abwehr befasst.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
1971 hervorgegangen aus dem Büro der Leitung. Seine Aufgaben waren
Staatsverbrechen waren im StEG/1957 (§§ 13-27) und in Kapitel 2 des StGB/1968 (§§ 96-111) beschriebene politische Straftaten, die in die Zuständigkeit des MfS als strafrechtliches Untersuchungsorgan (HA IX) fielen, weil eine staatsfeindliche Absicht und/oder eine staatsgefährdende Wirkung unterstellt wurden.
Zu den Staatsverbrechen zählten diktaturspezifisch kodifizierte "klassische" politische Straftaten wie Hochverrat und Spionagedelikte sowie als Meinungs- und Organisationsdelikte definierte Handlungen (Staatsfeindliche Hetze, Staatsfeindliche Gruppenbildung), die in demokratischen Staaten als Ausübung von Grundrechten gelten würden, außerdem unterschiedliche Handlungen oder Unterlassungen, bei denen den Tätern eine staatsfeindlich motivierte Schädigungsabsicht unterstellt wurde (Diversion, Sabotage).
Die als Staatsverbrechen bezeichneten Straftatbestände stehen überwiegend in sowjetischer Rechtstradition und gehen letztlich auf Artikel 58 des StGB der RSFSR ("Konterrevolutionäre Verbrechen") zurück. Bis Februar 1958 wurden sie von DDR-Gerichten in Ermangelung konkreter strafrechtlicher Regelungen pauschal mit Hilfe von Artikel VI der Verfassung von 1949 ("Boykott- und Kriegshetze") geahndet.
Staatsverbrechen galten als schwere Straftaten; bei einigen Tatbeständen (Hochverrat, Spionage, Terror, Diversion, Sabotage) umfasste der Strafrahmen bis 1987 auch die Todesstrafe.
Zur Seite 1 wechseln
Zur Seite 2 wechseln
aktuelle Seite 3
Zur Seite 4 wechseln
Volksaufstand und Sturm auf die MfS-Kreisdienststelle in Jena 5 Fotografien
Gesamtanalyse des Aufstandes vom 17. Juni 1953 im ehemaligen Bezirk Frankfurt/Oder Dokument, 18 Seiten
Analyse der Ereignisse des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 im Bezirk Potsdam Dokument, 9 Seiten
Gesamtübersicht über die Ereignisse in den Tagen um den 17. Juni 1953 im Bezirk Dresden Dokument, 26 Seiten