Signatur: BStU, MfS, BV Dresden, OD TU/H, Nr. 5000, Bd. 2, Bl. 466-467
Im März 1988 reiste eine Delegation der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen nach Dresden. Derartige offizielle West-Kontakte interessierten die Stasi besonders.
Im März 1988 reiste eine Delegation der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen nach Dresden. Dort sollte unter anderem ein Kooperationsprojekt mit der dortigen Universität unterzeichnet werden. Derartige offizielle West-Kontakte standen besonders im Visier der Staatssicherheit. Zur Besuchergruppe aus Aachen gehörten auch Journalisten.
Wenige Wochen nach der deutsch-deutschen Visite verfasste die Stasi einen Zusatzbericht über das Medienecho. Das MfS war über die von ihr betriebene Kontrolle des Postverkehrs in den Besitz der Artikel gelangt: Ein Aachener Professor hatte an einen Dresdner Kollegen Zeitungsausschnitte über den Besuch gesandt. Die Stasi beschrieb und bewertete, wie die Journalisten berichtet hatten.
Wichtig erschien, dass in einem der Berichte auf die Anwesenheit "zahlreicher SED-Funktionäre" hingewiesen wurde und darauf, dass der Aachener Rektor frei sprach, während der Dresdner Rektor eine Rede verlas. Kritisch angemerkt wurde, dass der Journalist schrieb, dass "die mit Kassettenlaufwerken ausgestatteten Modelle des Kombinates Robotron geradezu prähistorisch" erschienen und das "Gros der an der Elbe gezeigten Rechner in Aachen höchstens im Computermuseum Platz finden" würden. Die Stasi empfahl abschließend, den Journalisten bei weiteren Einreisen "nicht wieder zur Berichterstattung über die TU Dresden" zuzulassen.
RWTH Aachen
Fu- 22.04.88
Betr. Berichterstattung in der Aachener Presse über den Besuch der Rektordelagetion in Dresden
Die Zeitungsauschnitte wurden von Prof. [anonymisiert] geschickt.
- Aachener Volkszeitung: Journalistin Renate Sartorius
Ihre Artikel: "Aachener TH will alte Gräben zuschütten", "Vertrag der TH mit Dresden perfekt", "TH-Studenten bitten Dresden um Austausch"
zeugen vom guten Willen um eine objektive Berichterstattung.
- Aachener Nachrichten: Journalist Andreas Müller
Sein Artikel ist – beginnend bei der Überschrift "Forschung über Mauer hinweg" – äußerst provozierend und einem guten Verhältnis abträglich.
Einige beachtenswerte Auszüge:
- ... verlas der Dresdner Rektor im Beisein zahlreicher SED-Funktionäre vor der Aachener Delegation und Journalisten.
Frei dagegen die kurze Ansprache von Prof. Habethe:
"Ich hoffe, daß unsere Beziehungen eines Tages so normal sind, daß eine solche Vertragsunterzeichnung nicht mehr so großes Interesse weckt."
- "Man weiß, mit wem man es zu tun hat, hatte RWTH-Pressesprecher Dr. Gerd Wassenberg in Dresden den Verlauf der Verhandlungen charakterisiert.
Kein Wunder also, daß die TU großes Interesse an einem der Aachener "Aushängeschilder" hat, das Werkzeugmaschinenlabor (WZL). Bereits im April wird hier ein Oberassistent aus Dresden erwartet.
- Die Stärke der TU-Wissenschaftler liegt nach Ansicht ihrer westdeutschen Kollegen in der theoretischen Forschung.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Funker waren OibE oder IM, die im sogenannten Operationsgebiet die Funkverbindung zwischen einer Residentur und dem MfS gewährleisteten. Sie wurden vornehmlich von der Hauptverwaltung A geführt. Für diese Tätigkeit kamen grundsätzlich nur DDR-Bürger in Frage, die nach einer spezifischen Ausbildung und Schulung in die Bundesrepublik übergesiedelt wurden und danach zunächst eine Weile inaktiv waren. Zuletzt verfügte die HV A über 18 Funker.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Signatur: BStU, MfS, BV Dresden, OD TU/H, Nr. 5000, Bd. 2, Bl. 466-467
Im März 1988 reiste eine Delegation der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen nach Dresden. Derartige offizielle West-Kontakte interessierten die Stasi besonders.
Im März 1988 reiste eine Delegation der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen nach Dresden. Dort sollte unter anderem ein Kooperationsprojekt mit der dortigen Universität unterzeichnet werden. Derartige offizielle West-Kontakte standen besonders im Visier der Staatssicherheit. Zur Besuchergruppe aus Aachen gehörten auch Journalisten.
Wenige Wochen nach der deutsch-deutschen Visite verfasste die Stasi einen Zusatzbericht über das Medienecho. Das MfS war über die von ihr betriebene Kontrolle des Postverkehrs in den Besitz der Artikel gelangt: Ein Aachener Professor hatte an einen Dresdner Kollegen Zeitungsausschnitte über den Besuch gesandt. Die Stasi beschrieb und bewertete, wie die Journalisten berichtet hatten.
Wichtig erschien, dass in einem der Berichte auf die Anwesenheit "zahlreicher SED-Funktionäre" hingewiesen wurde und darauf, dass der Aachener Rektor frei sprach, während der Dresdner Rektor eine Rede verlas. Kritisch angemerkt wurde, dass der Journalist schrieb, dass "die mit Kassettenlaufwerken ausgestatteten Modelle des Kombinates Robotron geradezu prähistorisch" erschienen und das "Gros der an der Elbe gezeigten Rechner in Aachen höchstens im Computermuseum Platz finden" würden. Die Stasi empfahl abschließend, den Journalisten bei weiteren Einreisen "nicht wieder zur Berichterstattung über die TU Dresden" zuzulassen.
– so liegen in manchen Bereichen doch scheinbar (technische) Welten zwischen Dresden und der Kaiserstadt.
Das Gros der an der Elbe gezeigten Rechner würde in Aachen höchstens im Computermuseum Platz finden. Vor dem Hintergrund des für die RWTH Aachen geforderten neuen Hochleistungsrechners erscheinen die mit Kassettenlaufwerken ausgestatteten Modelle des Kombinates Robotron geradezu prähistorisch.
Was verspricht sich also die renomierteste TH Westeuropas von der Kooperation?
RWTH-Rektor Prof. Habethe: "Andersartige Technologien zeigen uns andere Lösungswege für wissenschaftliche Probleme."
– Für bundesdeutsche Studenten dürfte die Arbeit an der Elbe gleichsam interessant wie auch lehrreich sein, zwei bis vier Personen auf einem Zimmer im Wohnheim, Anwesenheitspflicht bei den Vorlesungen, kein Vorlesungsverzeichnis, Betreuung durch die Partei, Unterrichtung in Marxismus u. Leninismus, ...
Es sollte veranlaßt werden, daß der BRD-Journalist Andreas Müller bei eventuellen weiteren Einreisen offizieller Delegationen nicht wieder als Journalist zur Berichterstattung über die TUD zugelassen wird.
[Unterschrift]
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Die ersten Objektdienststellen wurden 1957 für die Chemiekombinate Buna und Leuna gegründet, die letzte 1981 für das Kernkraftwerk "Bruno Leuschner" bei Lubmin. 1989 existierten sieben Objektdienststellen, zwölf – darunter neun Objektdienststellen der Objektverwaltung "W" – sind bis 1982 aufgelöst worden. Erst 1969 erfolgte mit der 1. Durchführungsbestimmung zur Richtlinie 1/69 die Festlegung der normativen Grundorientierung für die Objektdienststellen. Sie besaßen einen den Kreisdienststellen (KD) vergleichbaren Status und waren in der Struktur der jeweiligen Bezirksverwaltung (BV) gemäß dem Linienprinzip eingeordnet und dem dortigen Stellvertreter Operativ unterstellt.
Die Objektdienststellen befanden sich in den zu sichernden Wirtschaftsobjekten oder zumindest in deren unmittelbarer räumlicher Nähe. Ihre Organisationsstruktur wies Referate und/oder Arbeitsgebiete sowie ggf. temporäre nichtstrukturelle Arbeitsgruppen (NSAG) auf, jedoch auch Einzelverantwortliche für bestimmte Arbeitsbereiche. Der Gesamtpersonalbestand betrug zuletzt 257 Mitarbeiter; er schwankte in den einzelnen Objektdienststellen zwischen 24 und 56. Ihnen standen ca. 2.000 IM aller Kategorien zur Verfügung. Entsprechend den Veränderungen in der Produktionsstruktur der Wirtschaftsobjekte waren Struktur- und Organisationsänderungen recht häufig.
Die Leiter der Objektdienststellen hatten die Informationsbeziehungen einschließlich offizieller Verbindungen zu den Leitungen der Betriebe und Einrichtungen zu organisieren. Die Sicherheitsstandards richteten sich nach dem Gefährdungs- und Bedeutungsstatus der jeweiligen Wirtschaftsobjekte. Entsprechend hoch war er für das Kernkraftwerk, das Kombinat Carl Zeiss Jena sowie für die drei großen Kombinate im Chemiedreieck Leuna, Buna und Bitterfeld.
Bericht über die Beobachtung einer Delegation der RWTH Aachen beim Besuch in Dresden Dokument, 14 Seiten
Bericht des IMB "Peter Lux" über eine Dienstreise nach Essen und Aachen Dokument, 3 Seiten
Abschlussbericht zum IMB "Peter Lux" über das Ende der Zusammenarbeit Dokument, 3 Seiten
Verpflichtungserklärung des IMB "Peter Lux" Dokument, 1 Seite