Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 19309, Bl. 175-177
Die Stasi beobachtete spätestens ab Ende der 70er Jahre die Mitglieder der RAF genau. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen "Auskunftsbericht" über den RAF-Terroristen Christian Klar.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen, darunter auch Christian Klar.
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen "Auskunftsbericht" über ihn, der zutreffend als führendes Mitglied der RAF bezeichnet wird. Als einer der Anführer der zweiten Generation der RAF stand Christian Klar in mehreren Zusammenhängen im Austausch mit der Staatssicherheit. So wurde er beispielsweise während seiner Zeit im Untergrund in der DDR medizinisch behandelt. Klar wurde ferner durch das MfS im Umgang mit einer Panzerfaust trainiert und war zusammen mit Inge Viett maßgeblich an der Vermittlung der Übersiedlung von zehn RAF-Terroristen in die DDR beteiligt.
Das Dokument enthält eine Reihe persönlicher Informationen zu Klar. Darüber hinaus beinhaltet es eine Liste terroristischer Straftaten, die das MfS ihm zuschrieb. Er wird als besonders gefährlicher Gewaltverbrecher beschrieben.
Im letzten Abschnitt werden Christian Klars Kontakte zu anderen RAF-Mitgliedern aufgelistet, die laufenden Fahndungsmaßnahmen der BRD zusammengefasst und seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Terrorist eingeschätzt.
[Handschriftliche Ergänzung: 174][Handschriftliche Ergänzung:SLK 0370 ZMA III/1]
Abteilung XXII/1 Berlin, 8.10.1980
VSH gepr. am 18. Juni 1981 [Handschriftliche Ergänzung: Kö.] ZPDB [Handschriftliche Ergänzung:AG 5 FA]
Auskunftsbericht zum führenden Mitglied der "RAF" - Klar, Christian
Die Person
Klar, Christian geb. am: 20. 5. 1952 in Freiburg/Breisgau Familienstand: ledig Staatsangeh.: BRD Aliasnamen; "Hans Georg Schmied" "Kay Ringuing Larsen" in der Abt. XII erfaßt für Abt. XXII
wurde durch das Bundeskriminalamt als besonders gefährlicher Gewaltverbrecher in Fahndung gestellt. Fahndungsmaßnahmen laufen auch durch die Interpol. Koordinierungsmaßnahmen zur Festnahme wurden durch die Polizei der BRD, Schweiz und Österreich ausgearbeitet.
Klarwird westlichen Pressemeldungen zufolge mit nachfolgenden terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht:
Abteilung XXII (Terrorabwehr)
1975 entstanden aus einer Unterstruktur der AG beim 1. Stellv. des Ministers; 1989 mit der Abt. XXIII zur HA XXII zusammengeführt.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Abteilung zur Speicherung und Verwaltung von Informationen zu Personen und formgerecht geführten Vorgängen (Registratur und Archivaufgaben). 1950 als Abteilung Erfassung und Statistik gebildet, wurde sie 1951 in Abt. XII umbenannt und gehörte zu den auf der Linie des Ministers tätigen Diensteinheiten.
Abteilungen XII existierten in der Zentrale und dem Linienprinzip entsprechend in den BV. Die Kreisdienststellen (KD) archivierten ihre Ablagen nicht selbständig. Die HV A und die HA I besaßen jeweils eigene Registraturabteilungen, die karteimäßig mit der Zentrale verbunden waren. Die Abt. XII bestand aus den Bereichen Kartei und Archiv mit folgenden Hauptaufgaben: Kartei- bzw. Speicherführung und -änderung (Erfassung von Personen und Objekten; Registrierung von Vorgängen und archivierten Akten; Änderung von Personen- und / oder Erfassungsdaten), Archivierung, Überprüfung und Auskunftserteilung.
Die Grunddaten zu erfassten Personen und registrierten Vorgängen wurden in Karteien gespeichert. So war es möglich, jede Person zu überprüfen, zu identifizieren und ihr Verhältnis zum MfS festzustellen. Anfangs existierten für die Erfassung von Personen nur drei Kategorien: 1. "feindliche" Personen; 2. geheime Mitarbeiter (GM, GI, KW); 3. durch das MfS verhaftete Personen.
In den letzten 20 Jahren des MfS gab es im Bereich Kartei folgende wichtige Speicher: Personenkartei (F 16), Vorgangskartei (F 22, F 22 a), Feindobjektkartei (F 17), Decknamenkartei (F 77), Straßenkartei (F 78), Objektkartei für Konspirative Wohnungen und andere Objekte (F 80), IM-Vorauswahlkartei (IM-VAK). Außerdem gab es Neben- und Hilfskarteien. Allein in der Zentrale umfassten 1989 die 12 Hauptkarteien mehr als 18 Mio. Karteikarten.
Die Arbeiten in den Speichern und im Archiv erfolgten ausschließlich auf Anforderung der operativen Diensteinheiten. Diese konnten veranlassen, dass eine Person überprüft, erfasst bzw. ein Vorgang registriert (Registrierung) wurde. Um Mehrfachbearbeitungen zu vermeiden, durfte eine Person nur in einem registrierten Vorgang aktiv erfasst werden (Erfassung, aktive), umgekehrt konnten in einem Vorgang aber mehrere Personen registriert werden. Bei IM-Vorgängen wurde nur eine Person registriert, allerdings nicht bei der Hauptverwaltung A (HV A), wo neben dem IM auch Angehörige und mit dem IM in Verbindung stehende Personen im selben IM-Vorgang registriert werden konnten (Rosenholz).
Hauptaufgaben des Bereichs Archiv der Zentrale waren v. a.: Archivierung politisch- operativen Schriftgutes der Zentrale und speziellen Schriftgutes der BV; Archivierung von Schriftgut anderer staatlicher Institutionen; Erarbeitung und Speicherung von schriftlichen Auskünften; Ausleihe und Nachweisführung über Bewegung von Archivgut, Zuheftung, Kassation und Restaurierung.
Die Bestände teilten sich in die Operative Hauptablage, die Allgemeine Sachablage, den Bestand Kader und Schulung, den Bestand an Akten der Staatsanwaltschaft sowie diverse Sonderbestände und Teilablagen, darunter die Geheime Ablage sowie Akten der Verwaltung Aufklärung des Ministeriums für Nationale Verteidigung und Unterlagen aus der Zeit vor 1945, die aber bereits in den 60er Jahren in das gesonderte Archiv der HA IX/11 abgegeben wurden.
Zuletzt gab es Kategorien für ca. 30 verschiedene Erfassungsarten, die sämtlich separat geführt wurden, darunter: Untersuchungsvorgang, Operativer Vorgang, Operative Personenkontrolle, inoffizieller Mitarbeiter, Zelleninformator, Feindobjekt. Analog zur Registriernummer bei aktiven Vorgängen wurde für jede abzulegende Akte eine eigene Archivnummer vergeben.
Seit Beginn der 70er Jahre setzte das MfS zunehmend auf EDV, was in der Abteilung XII die Erfassung der zentralen Personenkartei F 16 in der elektronischen Datenbank System der automatischen Vorauswahl (SAVO) zur Folge hatte. Ab 1981 begann auch die Zentrale Auswertungs- und Informationsgruppe (ZAIG) mittels der Zentralen Personendatenbank (ZPDB) Einzelinformationen zu Personen und Sachverhalten elektronisch zu speichern. Trotzdem behielten manuell geführte Karteien und schriftliches Archiv bis zuletzt ihre grundlegende Bedeutung.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder dessen Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten AG prägten Linien aus (z. B. Zentrale Arbeitsgruppe Geheimnisschutz – ZAGG) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. AG XVII). Die monothematischen Zuständigkeiten konnten operative Verantwortung und Federführung einschließen. AG wird auch als Bezeichnung einer nichtstrukturellen Organisationsform oder unselbständigen Untergliederungsebene im MfS verwendet.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
Die ZMA dienten der Schriftgutverwaltung operativer Diensteinheiten. Sie wurden überwiegend personenbezogen geführt und entstanden im Kontext der Erfassung auf Kerblochkarten (KK) bzw. Sichtlochkarten (SLK) sowie vor allem in Vorverdichtungs-, Such- und Hinweiskarteien (VSH).
In ZMA wurden Vermerke und zusammengetragene Unterlagen (sog. sogenannte "Originalinformationen") verwahrt. Der Zugang fand über die o. g. Karteien (KK, SLK, VSH) statt. ZMA waren zu meist als Hängeregistraturen mit numerischer Ablage organisiert. ZMA über Personen, die nicht zu einem registrierten Vorgang (Registrierung) geführt hatten, für die operative Arbeit nicht mehr benötigt, aber als bedeutsam betrachtet wurden (z. B. Ergebnisse aus Sicherheitsüberprüfungen), kamen in der Abteilung XII als "Archiviertes Material über Personen" (Personenablage, Allgemeine/AP) zur Ablage.
Die ZPDB war das wichtigste zentrale Datenbankprojekt des MfS. Es handelte sich um einen zentralen personen-, sach- und objektbezogenen Datenspeicher mit Informationen, die in einem Rahmenkatalog nach Personenkategorien, Sachverhaltsarten und Objektkategorien präzise definiert waren und über Hinweis- und Merkmalskategorien ergänzt und miteinander verknüpft wurden. Vor der Einführung der ZPDB wurden diese zum größeren Teil nicht oder nur mit manuellen Verfahren überwiegend dezentral erfasst. Die Vorarbeiten an der ZPDB begannen Anfang der 70er Jahre, sie wurde jedoch erst 1981 wirklich in Betrieb genommen.
Computertechnisch basierte die ZPDB auf Großrechnern der RGW-Norm ESER und auf der vom MfS entwickelten Software DORIS (Dialogorientiertes Recherche- und Informationsverwaltungssystem). Die ZPDB beschäftigte in den 80er Jahren einen eigenen, unter der Leitung von Hans-Wilhelm Geiß stehenden Stellvertreterbereich im Bereich 3 (EDV) der ZAIG, der zuletzt rund 200 Planstellen umfasste.
Ende November 1989 waren in der ZPDB Datensätze zu 1,32 Mio. Personen, 417.000 Sachverhalten, 392.000 Kontakthinweisen, 101.000 Kfz sowie 60.000 (erweiterte) Personenbeschreibungen, 23.000 Angaben aus Ermittlungsverfahren der HA IX des MfS, 458.000 Objekte mit 163.000 auf diese bezogenen Ereignissen und sog. Angriffe gespeichert. Daten und Datenträger der ZPDB wurden gemäß Beschluss des Runden Tisches im März 1990 vernichtet.
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Signatur: BStU, MfS, HA XXII, Nr. 19309, Bl. 175-177
Die Stasi beobachtete spätestens ab Ende der 70er Jahre die Mitglieder der RAF genau. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen "Auskunftsbericht" über den RAF-Terroristen Christian Klar.
Die 1970 gegründete Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksterroristische Gruppe in der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatssicherheit sammelte zunächst Informationen über die Terroristen, beobachtete deren Aktivitäten und duldete ihre Reisen in den Nahen Osten über den Ostberliner Flughafen Schönefeld. In den 80er Jahren intensivierten sich die Kontakte und die Staatssicherheit bot zehn RAF-Aussteigern Unterschlupf in der DDR. Zudem trainierte das MfS einige Terroristen im Umgang mit Waffen, darunter auch Christian Klar.
Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich um einen "Auskunftsbericht" über ihn, der zutreffend als führendes Mitglied der RAF bezeichnet wird. Als einer der Anführer der zweiten Generation der RAF stand Christian Klar in mehreren Zusammenhängen im Austausch mit der Staatssicherheit. So wurde er beispielsweise während seiner Zeit im Untergrund in der DDR medizinisch behandelt. Klar wurde ferner durch das MfS im Umgang mit einer Panzerfaust trainiert und war zusammen mit Inge Viett maßgeblich an der Vermittlung der Übersiedlung von zehn RAF-Terroristen in die DDR beteiligt.
Das Dokument enthält eine Reihe persönlicher Informationen zu Klar. Darüber hinaus beinhaltet es eine Liste terroristischer Straftaten, die das MfS ihm zuschrieb. Er wird als besonders gefährlicher Gewaltverbrecher beschrieben.
Im letzten Abschnitt werden Christian Klars Kontakte zu anderen RAF-Mitgliedern aufgelistet, die laufenden Fahndungsmaßnahmen der BRD zusammengefasst und seine Kenntnisse und Fähigkeiten als Terrorist eingeschätzt.
Zur Persönlichkeitsentwicklung des Klar ist bekannt, daß er nach Erreichung des Abiturs Biologe werden wollte, jedoch ein Studium in der Fachrichtung Geschichte und Philosophie begannt. Während des Studiums lernte er Sonneberg kennen. Bis zu diesem Zeitpunkt engagierte sich K. in politischer Richtung nicht. Bewunderung brachte er aber damals schon dem Kampf von Che Guevara, Baader und Meinhof entgegen. In Karlsruhe wohnte er mit Sonneberg und Folkerts zusammen.
Verbindungen bestehensseit ca. 8 Jahren zu seiner Freundin Schulz, Adelheid und zu Schmitz, Sabine – der Freundin von Sonneberg.
Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet wurde. Die zuletzt 13 Hauptabteilungen wurden durch Einzelleiter geführt. Die weiter untergliederten und nach dem Linienprinzip tätigen HA waren für komplexe, abgegrenzte Bereiche operativ zuständig und federführend verantwortlich. Der Zuschnitt der Zuständigkeitsbereiche war an Ressorts oder geheimdienstlichen Praktiken (z. B. Verkehrswesen, Beobachtung, Funkspionage) orientiert.
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"Auskunftsbericht" über die RAF-Terroristin Inge Viett Dokument, 3 Seiten
Eröffnungsbericht zum Operativen Vorgang "Stern I" zur Überwachung von RAF-Mitgliedern Dokument, 3 Seiten
Bericht über eine Verhaftung von Mitgliedern der RAF Dokument, 1 Seite
Protokoll der Entführung von Hanns Martin Schleyer und des Passagierflugzeuges "Landshut" Dokument, 4 Seiten