Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
VPKA Annaberg
Der Einsatz war von Seiten der Amtsleitung gut organisiert. Es wurde ein konkreter Einsatzplan ausgearbeitet, der aufgeschlüsselt nach den einzelnen Referaten und Abteilungen war. Durch das ruhige und sachliche Auftreten des verantwortlichen Offiziers in der Einsatzleitung war es immer möglich, eine gute Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Besondere Situationen, die ein schnelles Eingreifen der Volkspolizei erforderten, waren in dieser Zeit im Kreisgebiet nicht zu verzeichnen. Auch die Leiter der anderen Abteilungen waren ihren Aufgaben voll gewachsen. Ein Mangel wurde beim Polit.-Stellvertreter Gen. Kom. [anonymisiert] festgestellt, welcher, wie sich zeigt, von der operativen Arbeit der VP wenig Ahnung hatte, indem er Befehle gab, die von den mitverantwortlichen Genossen nie für gut geheißen wurden. Sonst haben sich die Genossen aller Abteilungen in ihrer Dienstdurchführung bis zum heutigen Tage vorbildlich verhalten. Wesentlich hat zur Erhaltung der Moral und guten Disziplin die gut organisierte Freizeitgestaltung beigetragen. Im Amt machte sich in der Einsatzzeit eine Disziplinarstrafe notwendig. Ein VP-Wm. hatte sich auf mehrere Stunden unentschudligt vom Dienst entfernt mit der Begründung, er könnte seine Familie nicht einige Tage allein lassen. Er brachte gegenüber dem Polit.-Stellvertreter zum Ausdruck, daß er niemals ein 100 %iger Volkspolizist werden würde, denn er wäre 5 Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gewesen und hätte dort alle Mißhandlungsarten mitgemacht. Auf die Frage hin, ob er aus dem Dienst der Volkspolizei auscheiden möchte, gab der Hm. zur Antwort, daß es ihm lieb wäre, wenn er sofort aus dem Dienst der Volkspolizei auscheiden könnte. Er öffnete daraufhin seine Uniform, um sie sofort abzulegen. Es ist vorgesehen, ihn nach seinen 5-tägigen einfachen Arrest zu entpflichten.
VPKA Aue
Die notwendigen Einsätze waren gut organisiert und die Verantwortlichen waren ihren Aufgaben gewachsen.
Es wäre zu bemerken, daß es zu keinen ernsthaften Einsätzem im Kreisgebiet kam. Es wurden in keiner Form irgendwelche Mängel festgestellt.
Die Einsatzfreudigkeit und Stimmung der VP-Angehörigen im Amtsbereich ist während des Einsatzes als sehr gut zu bezeichnen.
Besondere Vorkommnisse sind bis auf 4 Disziplinarstrafen, die wegen Alkoholgenuß während des Dienstes ausgesprochen wurden, micht vorgekommen.
Der erste Tag des Einsatzes ( 17.06.53 ) wurde ohne Einsatzplan durchgeführt. Erst durch Hinweis eines VP-Mstr. aus der Abteilung S. wurde ein Einsatzplan erstellt. Irgendwelche Mängel haben sich aufgrund dessen nicht herausgestellt. Die verantwortlichen VP-Angehörigen waren jederzeit der Situation gewachsen.
[Dieser Absatz wurde handschriftlich anteilig markiert.]
Die Einsatzfreudigkeit sowie Stimmung der VP-Angehörigen ist während des Einsatzes als gut zu bezeichnen, so daß es zu keinen Disziplinarstrafen führte u. auch keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen waren.
VPKA Brand-Erbisdorf
Laut Anweisung war von seiten der Verantwortlichen der VP der Einsatz gut organisiert. Das Dienstgebäude wurde gesichert und die Verantwortlichen waren in der Lage, die Situation zu erfassen und die Einsätze zu lenken und zu leiten.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Während des Einsatzes haben sich keine besonderen Mängel herausgestellt.
Im Großen und Ganzen war die Stimmung der VP-Angehörigen gut.
Leider hatten die VP-Angehörigen nicht den Ernst der Situation erkannt, indem sie einen Tanzabend im Klubhaus des VPKA organisierten.
Der VP-Meister [anonymisiert] - ca. 35 Jahre alt, sagte schon am 16.06.53, daß im Augenblick im demokratischen Sektor von Berlin ein Streik stattfinden würde, wie es ihn bis jetzt noch nicht gegeben habe. Die Arbeiter der Stalinallee würden diesen Streik durchführen, um zu erreichen, daß die hohen Arbeitsnormen gesenkt würden und daß sie weiterhin die Forderung hätten, daß die Regierung der DDR zurücktreten soll und daß bereits sowjetische Truppen den Schutz der Regierung übernommen hätten. [anonymisiert] sagte ebenfalls noch, daß es vielleicht sein könnte, daß hieraus der Zusammenbruch entstehen würde. Erwähnt werden muß jedoch, daß [anonymisiert] diese Äußerungen getan hat bevor irgendwelche Nachrichten im demokratischen Rundfunk durchgegeben wurden.
Disziplinarstrafen haben sich bis zum heutigen Tage nicht ergeben.
VPKA Flöha
In diesem Amt verhält es sich so wie bei den vorher genannten Ämtern. Eine besondere Schwierigkeit, was sich nachteilig ausgewirkt hätte, ist das Fehlen von genügend Fahrzeugen.
Besondere Vorkommnisse sind im Amt nicht zu verzeichnen. Lediglich wurde während des Einsatzes 2 Verweise in der Abteilung F. ausgesprochen. Der Grund war,nicht konkretes Einhalten der Innendienstordnung. Nach Aussprache mit dem Polit.-Stellvertreter der Abt. F. sahen die bestrafen ihre Fehler ein.
VPKA Freiberg
Der Leiter des Amtes, VP-Kdr. [anonymisiert], hat die Schwerpunkte im Kreisgebiet nicht erkannt. Z.B. war die SED-Kreisleitung in Freiberg nur mit einem bewaffneten BS-Angehörigen gesichert. Er war niemals über die wichtigen Vorkommnisse rechtzeitig informiert. Ebenso ließ er die Wachsamkeit außer acht, da er am 17.06.53 sämtliche Fahrzeuge der VP vor dem VPKA aufstellen ließ und nur mit einem VP-Angehörigen sicherte. Verließ der VP-Kdr. das VPKA, so wurde niemand verständigt wo er sich aufhielt oder befand, so daß wenn er benötigt wurde, er immer gesucht werden mußte. Wie erkannt wurde, war der VPKA-Leiter nicht in der Lage, den Einsatz zu lenken und zu leiten, sodaß er immer von seiten des Kommandanten und des Verantowrtlichen des MfS auf die Schwerpunkte hingewiesen werden mußte. Ebenso verkehrt war, daß der Leiter die ABV's aus ihren Abschnitten herauszog und sie mit zum Streifendienst einsetzte. Anstatt die ABV's in ihren Bezirken zu belassen, um die Stimmung und andere Wahrnehmungen aus der Bevölkerung sofort an die zentrale Einsatzstelle zu melden. Er erkannte nicht, daß die Schwerpunkte wie Wasserwerk, Eltwerk, Post usw. durch VP gesichert werden mußte. Erst durch den Hinweis von seiten der Partei, des Kommandanten und des MfS wurden diese vorgenannten Schwerpunkte durch VP-Angehörige besetzt. Im Großen und Ganzen war die Stimmung der VP-Angehörigen gut. Nur die berechtigten Beschwerden von den ABV's, daß sie mit zum Streifendienst, herangezogen wurden, wurden vorgebracht.
Besondere Vorkommnisse, ebenso Disziplinarstrafen traten nicht in Erscheinung.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Das MfS unterschied mobile und ständige Beobachtungsstützpunkte. Je nach Bedarf waren sie mit Ton-, Foto-, Kamera-, Fernseh- oder Videotechnik ausgestattet. Zu mobilen Beobachtungsstützpunkten zählten präparierte Pkw, Bauwagen, Kleintransporter der Marke Barkas B 1000, LKW, Busse und Wohnmobile. Zu ständigen Beobachtungsstützpunkten zählten Wohnungen, Ferienhäuser, Bungalows, Bodenkammern und Dachstühle. Beobachtungsstützpunkte befanden sich im Wohnbereich von DDR-Dissidenten, in unmittelbarer Nähe von diplomatischen Vertretungen, Korrespondentenbüros und Privatwohnungen westlicher Diplomaten und Journalisten, in Stadtzentren, an Grenzkontrollpunkten sowie auf den Autobahnraststätten der Transitstrecken. Die Besetzung der Beobachtungsstützpunkten erfolgte durch MfS-Mitarbeiter der Hauptabteilung VIII im Schichtsystem.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
In den ersten Jahren stand das MfS unter einer engen fachlichen und politischen Anleitung durch die sowjetische Staatssicherheit, die mit sog. Beratern (anfangs auch Instrukteure genannt) in den wichtigsten Diensteinheiten des MfS präsent war. Die Berater besaßen dort faktisch Weisungs- und Vetobefugnisse.
Zunächst waren die Berater den jeweiligen Fachabteilungen des sowjetischen Geheimdienstapparates in der DDR zugeordnet. Nach dem Juniaufstand 1953 wurde eine eigene Beraterabteilung gebildet. Der Bevollmächtigte des sowjetischen Sicherheitsorgans in Berlin-Karlshorst war gleichzeitig der oberste Chefberater des MfS. Er leitete den jeweiligen Leiter der DDR-Staatssicherheit persönlich an.
Zum Zeitpunkt seiner Auflösung im November 1958 zählte der Beraterapparat 76 Offiziere. Später verblieb lediglich ein Stab von Verbindungsoffizieren, die keine Weisungskompetenz mehr gegenüber dem MfS besaßen.
Die Funkabwehr des MfS (Hauptabteilung III) erfüllte zwei Aufgaben bei der Überwachung des Kurzwellenfunks: Einerseits ermittelte sie Spionagefunksendungen mit großer Reichweite im Rahmen der koordinierten Suche und Fernortung der im Apparat der Koordination zusammengefassten Funkabwehrdienste der Ostblockstaaten. Andererseits überwachte sie im eigenen Funkterritorium Frequenzen mit einer Reichweite bis zu 100 km, um Funkspione auf dem Gebiet der DDR festzustellen.
Beiden Arbeitsrichtungen dienten die Funkbeobachtungsstellen Gosen und Hohen Luckow, neun landesweit verteilte stationäre Peilpunkte sowie Suchtrupps mit mobiler Technik zur Mikrofahndung. Als westliche Nachrichtendienste mit Beginn der 80er Jahre ihren Spionagefunk auch im UKW-Frequenzspektrum und auf Satellitenfunkkanälen betrieben, errichtete die Funkabwehr Satellitenüberwachungsplätze und automatisierte (unbemannte) Stützpunkte zur UKW-Funkfahndung. Seit dem Frühjahr 1982 kümmerte sich die Funkabwehr (in Zusammenarbeit mit den anderen Diensten des AdK) auch um das Aufspüren illegaler oppositioneller Sender, etwa denen der "kämpfenden Solidarność" in Polen oder solchen, die von Westberlin aus in die DDR ausstrahlten (Radio Glasnost). Störaktionen wurden im Rahmen der Funkgegenwirkung durchgeführt.
Die Funkauflärung entstand im Jahr 1966 als eigenständiges Arbeitsgebiet und bildete in der späteren HA III die Linie "Informationsgewinnung" mit dem Auftrag, Informationen aus wichtigen Bereichen der Bundesrepublik und Westberlins zu beschaffen. Zu diesem Zweck unterhielt man zahlreiche Funkaufklärungsstützpunkte, die Sender, Funkkanäle, Anschlüsse oder Nutzer im drahtlosen (Richtfunk, Mobilfunk, Satellitenfunk) wie kabelgebundenen Fernmeldeverkehr abhörten.
Schon seit Beginn der 70er Jahre bildete der Richtfunkverkehr zwischen Westberlin und der Bundesrepublik für die Funkauflärung eine hochwertige Abhörquelle. Wenig später erweiterten sich ihre Möglichkeiten durch die Einrichtung von Horchplätzen in den Botschaften bzw. Handelsmissionen der DDR und UdSSR in Köln, Bonn und Düsseldorf, von denen aus die Richtfunkübermittlungen im politisch wichtigen Großraum Köln–Bonn mitgehört werden konnten. Zudem wurden Informationen von Richtfunkkanälen, die im Süden der Bundesrepublik verliefen, mittels dreier Stützpunkte an der Grenze zu Bayern auf dem Gebiet der CSSR und zweier Abhörstationen in den Vertretungen der DDR und der CSSR in Wien abgegriffen. Schließlich bestand für den Zugriff auf den Richtfunkverkehr des NATO-Hauptquartiers ein Stützpunkt in der Botschaft der DDR in Brüssel. Auch Richtfunkübertragungen zwischen der Bundesrepublik und Westberlin wurden von Stützpunkten der Funkauflärung innerhalb der DDR abgehört.
Einen Schwerpunkt in der Abhörpraxis seit 1966 bildeten auch die UKW-Funknetze der Sicherheits- und Grenzdienstbehörden der Bundesrepublik und Westberlins. Diese Funkkanäle wurden – unter Einbeziehung der NVA-Grenzaufklärung – von UKW-Funkaufklärungsstützpunkten am innerdeutschen Grenzverlauf, in Ostberlin und in der CSSR überwacht.
Eine ergiebige Quelle der Funkauflärung war auch der westliche Autotelefonverkehr, der von Stützpunkten entlang der innerdeutschen Grenze, in einem Gürtel um Berlin und außerhalb der DDR abgeschöpft wurde. Dabei überwachte man die Autotelefone zahlreicher Persönlichkeiten aus Politik, Militär und Wirtschaft mit dem Verfahren der Operativen Zielkontrolle.
Seit Beginn der 80er Jahre hörte man von einem Stützpunkt nördlich von Berlin aus auch Satellitenfunkverbindungen ab. Und seit 1985 erfolgte der Zugriff auf ISDN- und Datennetze wie auf alle neuen elektronischen Medien, die auf die Übertragung, Speicherung und Wiedergabe von Informationen ausgelegt waren.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
VPK A Glauchau
Durch den erst neu eingesetzten Amtsleiter haben sich zu Anfang des Einsatzes ernsthafte Mängel herausgestellt, z.B. die Streifentätigkeit sowie konkrete Berichterstattung war mangelhaft. Durch die Unterstützung der Partei und des MfS wurden diese Mängel dann abgestellt. Auch hier war die Stimmung und Einsatzfreudigkeit gut und jeder VP-Angehörige hat weinen Dienst mit dementsprechenden Verantwortungsbewußtsein durchgeführt. Disziplinarstrafen wurden während der Zeit des Einsatzes keine ausgeworfen.
[Dieser Absatz wurde handschriftlich anteilig markiert.]
VPKA Hainichen
Hier war der Einsatz der VP gut organisiert. Die Angehörigen derVP waren soweit sie nicht eingesetzt wurden in Einsatzbereitschaft. Durch die Konzentration war es jeder Zeit möglich die Kräfte entsprechend den Schwerpunkten einzusetzen. Die Verantwortlichen waren ständig in der Lage den Einsatz straff und gut zu leiten. Die Offiziere gaben durch ihre gute Einsatzfreudigkeit den VP-Angehörigen immer ein gutes Beispiel. So haben sich während des gesamten Einsatzes keine Mängel herausgestellt. Die Stimmung der VP-Angehörigen war gut. Trotz der überhöhten Beanspruchung von teilweise über 24 Stunden haben die VP-Angehörigen jeder-Zeit ihre Pflicht erfüllt.
Besondere Vorkommnisse sowie disziplinarische Bestrafungen waren während des Einsatzes nicht zu verzeichnen.
VPKA Hohenstein-E.
Hier trifft dasgleiche zu wie in dem vorgenannten Amt. Die Genossen der VP erkannten klar und deutlich die derzeitige Situation und verrichteten pflichtbewußt und einsatzbereit ihren Dienst.
VPKA Klingenthal
Der Einsatz von seiten der verantwortlichen VP-Offiziere war zufriedenstellend organisiert. Einer besonderen Bewährungsprobe wurde die VP im Kreisgebiet nicht unterzogen, da es hier keine Unruhen, Streiks oder Provokationen gab. Besondere Mängel haben sich während des Einsatzes nicht ergeben. Die Stimmung und das Verhalten der VP-Angehörigen war gut. Disziplinarstrafen wurden keine ausgeworfen.
VPKA Marienberg
Hier verlief der Einsatz genau so positiv wie in dem vorhergehenden Ämtern. Es wurde eine Disziplinarstrafe in Form eines Verweises ausgesprochen. Grund hierfür war, daß die VP-Angehörige für kurze Zeit den Torposten verlassen hatte.
VPKA Oeslnitz
Auf Anweisung wurden die notwendigen Maßnahmen durchgeführt. Die Angehörigen des VPKA waren sich des Ernstes der Lage bewußt, so daß der gesamte Einsatz reibungslos verlief. Irgendwelche Mängel traten hierbei nicht auf. Die Stimmung war gut. Besondere Vorkommnisse und Sisziplinarstrafen treten nicht in Erscheinung.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten