Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Die [anonymisiert], wohnhaft in Freiberg , [anonymisiert] sagte, ich verstehe das noch nicht, wir wollen doch den Sozialismus aufbauen und jetzt soll auf einmal Schluß damit sein.
Die DBD ist während dieser Zeit nicht in Erscheinung getreten. Die Mitglieder waren sich völlig selbst überlassen, Die Angestellten der Verwaltungsorgane bewahrten in dieser Situation vollste Disziplin. Sie übernahmen freiwillig den Schutz ihrer Arbeitsstätten. So meldete sich die 17-jährige [anonymisiert], Stenotypistin beim [anonymisiert], Mitglied der FDJ und auch der [anonymisiert] stellvertr. Vorsitzender des Rates, 45 Jahre alt, Mitglied der CDU.
Die Spitzenfunktionäre der Verwaltungen setzten sich vorbildlich bei der Aufklärung der streikenden Arbeiter in der Zinkhütte ein.
Kreis Glauchau
In allen Objekten der Linie VI sind keine feindlichen Regungen aufgetreten. Das erst bei einigen Mitarbeitern verschiedentlich Unklarheit herrschte, war überall festzustellen. Durch gute Aufklärung bewußter Mitarbeiter konnte diese Situation fast immer geklärt werden.
Innerhalb der DBD wird der Standpunkt vertreten, daß die Bauern endlich wieder freier arbeiten können. Jeder Bauer ist beriet, seine Verpflichtungen gegenüber dem Staat zu erfüllen.
Innerhalb der NDPD wird hauptsächlich unter den Funktionären die Meinung vertreten und auch mit den Mitgliedern diskutiert, daß man die SED nach wie vor als Führung der Partei betrachten muß. Sie verlangen daß ab erst jetzt eine noch engere Fühlung und Bindung mit der Bevölkerung und der Regierung geschafft werden muß, damit keine derartige Kluft, wie sie besand, nicht mehr entstehen kann.
Bemerkenswert ist, daß einige ernsthafte negative Erscheinungen innerhalb der FDJ festgestellt wurden. So erklärte der [anonymisiert], Mitglied der FDJ und SED, er kann die Maßnahmen der Regierung nicht mehr verstehen und kommt auch so nicht mehr mit. Er erklärte weiter, wenn gegenwärtig Wahlen stattfinden würden, möchte ich die Stimmen der SED nicht zählen.
Anzeichen auf eine aktive feindliche Tätigkeit sind nicht zu verzeichnen.
Kreis Hainichen
Im Kreisgebiet Hainichen ist auf der Linie VI folgende Situation festzustellen.
Die Einstellung der DBD zur Regierung und zur Partei der Arbeiterklasse kann ohne weiteres als Gut bezeichnet erden. Schwankungen und Kopflosigkeit von Funktionären und Mitgliedern in dieser Situation können nicht festgestellt werden.
Innerhalb der NDPD zeigt sich, daß aufgrund der neuen Situation einige ernsthafte Anzeichen von negativen Personen vorhanden sind. So erklärte der politische Geschäftsführer der NDPD [anonymisiert], wenn jetzt der Westen die Lage nicht erkennt, dann wäre es eine Schwäche, denn jetzt könnte der Westen dazu beitragen, eine Wendung zu vollziehen. Der Vorsitzende [anonymisiert] vertrat die Auffassung, daß man sich als NDPD solidarisch mit den arbeitenden Menschen, die in Streik getreten waren, zu erklären habe.
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Weitere Anzeichen über durchgeführte und geplante Feindtätigkeit liegen in den Objekten nicht vor.
Bei den Angestellten der Verwalt ngen und Massenorganisationen ist ein diszipliniertes und ruhiges Auftreten festzustellen, was darauf schließen läßt, das ein großer Teil dieser Menschen hinter unserer Regierung stehen.
Kreis Hohenstein - Ernsthal
Im Kreisgebiet Hohenstein - Ernsthal sind auf dem Gebiet der Abt. VI keine Provokationen bezw. Unruhen entstanden.
Die demokratischen Parteien traten bisher nicht so in Erscheinung, daß wir irgend welche Maßnahmen ergreifen mußten, um auf diesem Gebiet Ruhe und Ordnung zu schaffen. Es ist lediglich zu verzeichnen, daß ein Mitglied der NDPD in Oberlungwitz festgenommen wurde, bei er beim Schmieren von Hetzparolen ertappt wurde.
Im Staatsapparat ist die Lage ebenfalls beruhigend. Während der oben angeführten Situation kann man sagen, daß der Staatsapparat jederzeit einsatzbereit gewesen ist. Auch hier ist die Stimmung normal. Es sind keine Erscheinungen der Unruhe zu verzeichnen.
Im DRK sowie in den übrigen Objekten konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, daß irgendwelche Unruhen oder Provokationen geplant waren.
Mit irgend welcher Feindtätigkeit ist nicht zu rechnen.
Kreis Marienberg
Im Kreisgebiet Marienberg ist die gegenwärtige Situation gegenüber der Zeit vor dem 15.06.53 unverändert. Der überwiegende Teil der Bevölkerung verabscheut derartige Provokationen. Jedoch hat es auch Menschen gegeben, welche die Ausdehnung auf unser Kreisgebiet erhofften, damit sie losschlagen konnten.
Der größte Teil der Mitglieder der NDPD begrüßt die Beschlüsse des ZK, ein geringer Teil ist mißtrauisch und abwartend. Von einer Kopflosigkeit und Schwankungen kann hier, wie auch in anderen Organisationen nicht gesprochen werden.
Einige Mitglieder der DBD stellen die Frage, wo in der jetzigen Situation die Volkskammer und die Hilfsorgane bleibt. Warum äußert sich die Volkskammer nicht zur gegenwärtigen Lage, so fragt man. Es taucht die Frage auf, ob das ZK der SED oder die Volkskammer das höchste Organ der DDR sind.
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
Die Mitglieder der GST sind enttäuscht über den Beschluß der Regierung, wonach bewilligt wird, das Abzeichen der GST nicht mehr zu tragen. Die Bewahrung der KK-Gewehre wurde gut organisiert indem die KK-Gewehre und die Munition getrennt gelagert wurde.
Der größte Teil der hauptamtlichen Funktionäre der FDJ sind ihren Aufgaben gerecht geworden. Einige haben auch schon mehrere Tage als VP-Helfer ihren Dienst verrichtet. In den Betrieben stellten sich viele FDJ-ler für die Nachtwache zur Verfügung. Zum größten Teil ist die Einstellung der Mitglieder abwartend.
Mit einer stärkeren Feindtätigkeit ist im Kreisgebiet nicht zu rechnen.
Kreis Klingenthal
In den Objekten der Abtlg. VI wurden in der fraglichen Zeit keine Anzeichen von verstärkter Feindtätigkeit festgestellt. Die Arbeiter und Angestellten in den Einzelnen Objekten gingen ruhig und diszipliniert ihrer Arbeit nach.
Kreis Oelsnitz
Im Kreisgebiet Oelsnitz konnte festgestellt werden, daß ein großer Teil der FDJ schwankend und abwartend ist. Innerhalb der FDJ vertritt man die Meinung, daß die letzten Ereignisse ein Rückzug der Partei sowie der Regierung ist. Eine Jugenfreundin brachte zum Ausdruck, was ihr macht ist alles Mist, es wäre ganz richtig gewesen, wenn die Regierung gestürzt worden wäre. In der HO gibt es nichts zu essen, man muß förmlich verhungern und dann noch schuften wie verrückt. Es ist ja schlimmer wie 1945 - 1946.Außerdem euer Gefasel von Provokationen glaubt ihre ja selbst nicht, man muß ja die Sache so drehen.
Diese negativen Erscheinungen finden auch darin ihren Ausdruck, daß verschiedene FDJ-Mitglieder ihre Austrittserklärung abgeben. So haben bis jetzt 2 ihren Austritt erklärt.
Dieselben negativen Erscheinungen sind auch beim DRK festzustellen. Gen. [anonymisiert] diskutierte, daß die Vorkommnisse in Berlin von Seiten der Arbeiter berechtigt waren. Gen. [anonymisiert] diskutierte, man müßte alle einsperren, gemeint war damit die Regierung. Hier ist zu verzeichnen das die Parteiorg. des Objektes schwach ist, da bisher gegen diese Diskussionen nichts unternommen wurde.
In der GST ist die Erscheinung aufgetreten, daß unter den Mitgliedern diskutiert wird, daß ,am sofort die GST auflöse. Diesbezüglich hat hauptsächlich der hauptamtliche Funktionär der Grundeinheit Halbmond-Teppichfabrik Oelsnitz/Vogtl. Gen. [anonymisiert] sehr negativ geäußert.
In den Verwaltungsstellen des Staatsapparates wurde bis auf die Abt. Volksbildung, keine negativen Erscheinungen festgestellt.
In der Karl-Marx-Schule in Oelsnitz haben sich durch Einfluß von Lehrern 2 Klassen hinreißen lassen und entfernten die Bilder von Pieck, Grotewohl, Stalin, Lenin sowie Losungen von den Wänden. In der Berufsschule traten zwei Lehrer sehr negativ gegen die Maßnahmen unserer Regierung auf.
Kontaktperson (KP)
"Kontaktperson" ist ein unscharfer Begriff, der Personen bezeichnete, mit denen das MfS Kontakte unterschiedlicher Natur hatte. Insbesondere in den 50er Jahren waren Kontaktpersonen oftmals regelrechte Informanten, bei denen allerdings keinerlei formelle Erfassung und Registrierung als inoffizieller Mitarbeiter vorlag. In der IM-Richtlinie von 1958 sind Kontaktpersonen als "vertrauenswürdige Bürger" definiert, die "zur Lösung bestimmter Aufgaben angesprochen werden". In den MfS-Unterlagen der Honecker-Ära werden Funktionsträger, mit denen das MfS offizielle Beziehungen pflegte, häufig als Kontaktperson bezeichnet.
Eine besondere Form von Kontaktperson gab es bei der Abteilung XIV, die seit 1967 Strafgefangene "mit inoffiziellen Aufgaben als Kontaktpersonen" oder auch als "inoffizielle Kontaktpersonen" (iKP) bezeichnete. Eine andere Bedeutung hatte der Begriff bei der HV A. Laut IM-Richtlinie von 1979 handelte es sich hierbei um "Bürger aus dem Operationsgebiet", "die über Zugang zu operativ bedeutsamen Informationen bzw. über Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme verfügen" und zu denen "eine stabile Verbindung unterhalten wird", ohne dass diese über "den nachrichtendienstlichen Charakter" der Kontakte im Bilde waren.
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten