Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
In der Nacht zum 18.06. wurde in Bieberstein eine Erfassungstafel zerschlagen und in Obergruna antidemokratische Losungen mit dem Wortlaut "SED verschwinde, es lebe die Revolution" angebracht.
Am 13.06. wurde in Hilbersdorf Kr. Freiberg von unbekannten Tätern vor der Schule die schwarz-rot-goldene Fahne entfernt. Am selben Tage wurden in Niederbobritzsch am Spritzenhaus die Worte "Heraus zum Massenstreik" angeschrieben.
Der in [anonymisiert] wohnhafte [anonymisiert], der aus der SED ausgeschlossen worden ist sagte in provokatorischer Art, daß er schwarze Listen fertig habe, wo die draufstehen, die an den Baum kommen, darunter der Bürgermeister [anonymisiert] (SED) und [anonymisiert] (ptl.)
Durch die reibungslose Weiterarbeit der Bleierz-Kumpels "Albert Funk" wurde vielen anderen Betrieben ein gutes Beispiel gegeben, so daß die Aktion der Bauarbeiter nicht weiter um sich griff. Es wurde bekannt, daß unter den Kumpels der Bleierzgruben die Meinung vertreten wird, daß sie erst nach Auszahlung der Bergmanns-Treueprämie in den Streik treten wollen. Die Prämie wird Anfang Juli zur Auszahlung gebracht.
Auf dem Gebiete der Landwirtschaft ist es zu ernsten Ausschreitungen nicht gekommen. Nur am 17.06. wurde der Bürgermeister von Naundorf telefonisch auf die Gelder gerufen, wo er mehrere Bauern antraf, die ihm drohten, den Schädel einzuschlagen.
In Niederbobritzsch brachte am 20.06. der VdgB-Vorsitzende dem 2. Parteisekretär eine Forderung, bestehend aus Reduzierung der Erfassung, mehr Düngemittel und Verlängerung der Ablieferungstermine vor.
Die Bauern verhalten sich z.T. den Maßnahmen der Regierung gegenüber abwartend bzw. erwarten sie eine schnelle Realisierung der gefaßten Beschlüsse. Die Mittelbauern [anonymisiert] und [anonymisiert] diskutierten z.B. so: "Wenn die Regierung ihr Wort hält und die neuen Veränderungen bald verwirklicht, haben wir keine Einwände, aber erst wollen wir die Wirklichkeit sehen". Die beiden Bauern sind in [anonymisiert] wohnhaft.
Ein Teil der Bauern in den LPG, wo Betriebe von Großbauern angeschlossen wurden, ist darüber beunruhigt, daß die Großbauern ihre Gehöfte wieder zurückerlangen sollen. Sie sind der Meinung, daß sie die Felder bestellt haben und nun der Großbauer kommen kann, um zu ernten.
Die Agenturarbeit wurde nur auf den Schwerpunkt der Bauarbeiter Konzentriert und hat Erfolge gezeigt. Dafür wurden aber die übrigen Objekte des Kreises in bezug auf die Agentur vernachlässigt.
Kreis Glauchau
Am 17.06.53 wurde im IFA-Karosseriewerk Meerane, das eine Belegschaft von 350 Personen hat, die Arbeit für 4 Stunden niedergelegt. Der Grund dafür war die Einführung der alten Arbeitsnorm. Besonders traten dort als Sprecher und Organisatoren ein gew. [anonymisiert] und [anonymisiert], welcher gleichzeitig Angehöriger
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
einer religiösen Sekte ist, besonders hervor.
Im VEB Textilia Werk IV Glauchau, wo 500 Beschäftigte sind, legten am 17.06.53 30 Personen für eine Stunde die Arbeit nieder. Durch die Initiative der Werksleitung und der Partei wurde sofort in dieser Abteilung eine Versammlung einberufen und die zur Debatte stehenden 10%ige Normerhöhungen klargestellt. Auch hier traten 3 Personen besonders in den Vordergrund, die diese Abteilung aufhetzten und versuchten, für sich zu gewinnen. In der stattgefundenen Versammlung wurde die Angelegenheit restlos geklärt.
Am 20.06.53 wurde in der Abteilung Konfektion des VEB Textilia Werk IV Glauchau eine Unterschriftenliste herumgereicht mit der Überschrift "Wir fordern unsere alten Normen!" Die Vorbereitungen dieser Aktion wurde von der Arbeiterin [anonymisiert] bereits am 19.06.53 getroffen. In diese Liste zeichneten sich 50 Frauen ein, bevor die Werksleitung und die BGL Kenntnis erlangten.
Am 20.06.53 trieb im Spinnstoffwerk Oberbobritzsch ein Arbeiter, namens [anonymisiert], Hetze. Er trat öffentlich auf und erklärte, anstatt der Provokateure sollte lieber Nuschke erschossen werden.
Zu weiteren Arbeitsniederlegungen bzw. Vorkommnissen ist es in der Industrie nicht gekommen.
Innerhalb der Landwirtschaft ist zu verzeichnen, daß am 17.06.53 eine Bauerndelegation aus [anonymisiert] beim Kreisgericht vorstellig wurde, um den dort inhaftierten Großbauern [anonymisiert], der wegen Wirtschaftsvergehen zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, freizubekommen. Die Delegation bestand aus 13 Mittelbauern aus [anonymisiert] unter Führung des VdgB-Vorsitzenden [anonymisiert]. Durch operative Bearbeitung dieser Angelegenheit konnte der Initiator der Delegation als GI angeworben werden.
Am 15.06. wurde in der LPG Schönberg die Schwester der Geflüchteten Begr. [anonymisiert] vorstellig und argumentierte dort, daß ihre beiden Brüder zurückkommen, um das Gut wieder zu übernehmen.
Der Bauer [anonymisiert] aus Uhlsdorf, dessen Betrieb ebenfalls devastiert ist, erschien in der LPG und machte Anzeichen, daß er den Betrieb selbst wieder übernehmen will.
Am 16.06.53 kam es in der Gemeindevertreter-Sitzung in Wolkenburg zu folgendem Zwischenfall. Der Vorsitzende der DSF [anonymisiert] und ein gew. [anonymisiert] kamen in angeheitertem Zustand in die Sitzung. Dort erklärten sie, daß sie mit dem stellv. Bürgermeister [anonymisiert],der am selben Tage seiner Funktion enthoben wurde, abrechnen vollen. U.a. äußerten sie folgendes "Das nennt man freie Demokratie, so wird es hier gemacht und so ist es auch in der Regierung. Diese Lumpen sollten einmal Hunger leiden wie wir". Er machte dabei die Bewegung des Erschießens.
Anzeichen von zu erwartenden Vorkommnissen sind nicht vorhanden.
Kreis Hainichen
Bis auf ein Vorkommnis, wo Flugblätter verstreut wurden, waren im Kreisgebiet Hainichan keine wesentlichen Ausschreitungen zu verzeichnen. Nachdem in der Macht vom 18. zum 19.06. Flugblätter
Eine selbständige Abteilung ist eine Organisationsstruktur in der MfS-Zentrale, die durch den Minister oder einen seiner Stellvertreter direkt angeleitet und durch militärische Einzelleiter geführt wurde. Die weiter untergliederten Abteilungen prägten Linien aus (z. B. Abt. XIV; Linienprinzip) oder blieben auf die Zentrale beschränkt (z. B. Abt. X). Die eng umrissenen Zuständigkeiten mit operativer Verantwortung und Federführung orientierten sich an geheimdienstlichen Praktiken (Telefonüberwachung) oder Arbeitsfeldern (Bewaffnung, chemischer Dienst).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Verharmlosende Bezeichnung aller Aktivitäten und Maßnahmen der "politisch-operativen Arbeit", also der geheimdienstlich-geheimpolizeilichen Tätigkeit in Bezug auf Personen oder zur Klärung von Sachverhalten, wenn aus Sicht des MfS Hinweise auf "feindlich-negative Handlungen" vorlagen. Die "Bearbeitung" konnte u. a. die Durchführung einer Operativen Personenkontrolle umfassen oder einen Operativen Vorgang betreffen.
Signatur: BStU, MfS, BV Karl-Marx-Stadt, Abt. XX, Nr. 301, Bl. 1-74
Die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Karl-Marx-Stadt dokumentierte die Ereignisse in ihrem Bezirk während des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. Im Vergleich zu anderen Bezirken verzeichnete die Staatssicherheit hier weitaus weniger Streiks und Demonstrationen.
Vom 16. bis 21. Juni 1953 kam es in fast 700 Städten und Gemeinden der DDR zu Demonstrationen und Streiks. Begann der 17. Juni noch als Arbeiteraufstand, entwickelte er sich schnell zum Volksaufstand weiter. Er nahm vielerorts revolutionäre Züge an, bevor er mit Hilfe von russischen Panzern unterdrückt wurde. SED und Stasi bezeichneten die Vorkommnisse offiziell als einen vom westlichen Ausland gesteuerten "Putschversuch faschistischer Agenten und Provokateure".
Während in anderen Regionen in Sachsen hunderte Betriebe bestreikt wurden, kam es im Bezirk Karl-Marx-Stadt am 17. Juni 1953 zu weitaus weniger Streiks und Demonstrationen. Dabei war es bereits Ende Mai in der Stadt zu mehreren Streiks in größeren Betrieben gekommen, die bis zum 15. Juni immer wieder in unterschiedlicher Intensität aufflammten. So legte am 1. Juni im VEB NAGEMA ein Viertel der 1.600 Beschäftigten für acht Stunden die Arbeit nieder. Diesem Streik schlossen sich am 2. Juni 120 und am 3. Juni 150 Arbeiter des Schleifmaschinenwerks an, die für etwa zwei Stunden die Arbeit ruhen ließen.
Am 17. Juni kam es schließlich in den Betrieben VEB Vereinigte Gießereien, VEB Textima, Büromaschinenwerk und im VEB Schleifmaschinenbau zu Streiks. Im Stadtgebiet verteilten Protestierende Flugblätter und brachten Parolen an Häuserwänden an, die zum Sturz der Regierung aufriefen. Weitere Forderungen der Streikbewegung waren neben der Rücknahme der Normenerhöhung freie Wahlen, eine Freilassung politischer Häftlinge und die Rückkehr sämtlicher noch in Gefangenschaft befindlicher Kriegsgefangener.
Die Streiks der vergangenen Wochen hatte die SED-Bezirksleitung in Karl-Marx-Stadt jedoch wachsam gemacht. Im Gegensatz zu den Funktionären anderer Städte hatte sie sich auf eventuelle Streiks und Unruhen vorbereitet und konnte größere Proteste schon im Ansatz vereiteln. In der Zeit vom 16. bis 25. Juni wurden im Bezirk Karl-Marx-Stadt 34 Personen festgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt zeigten ihren Unmut deshalb erst zehn Tage später. Als die SED die Bevölkerung von Karl-Marx-Stadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz beorderte, kamen statt der üblichen 75.000 bis 100.000 lediglich 3.000 Personen, die daran teilnahmen. Als die SED-Funktionäre die Erschienenen aufforderten, sich in bereitliegende Listen einzutragen und so nachvollziehbar zu machen, wer ferngeblieben war, weigerten sich die Bürgerinnen und Bürger.
Trotzdem zeigte sich die Bezirksverwaltung der Stasi in der vorliegenden Analyse der Vorkommnisse zufrieden: "Alle vorgekommenen Streik-, Flugblatt- und Schmieraktionen blieben isoliert. Eine terroristische Tätigkeit, Sabotage größerer Art oder Demonstrationen fanden nicht statt."
mit der Aufforderung zum Szreik im Stadtgebiet gefunden wurden, sind gleiche Flugblätter auch am 19. früh im VEB IFA Framo-Werke Hainichen aufgetreten. Hierüber ist ein operativer Vorgang angelegt worden und in Bearbeitung.
Im Kreisgebiet haben bisher 6 Groß- und 1 Mittelbauer Antrag auf Rückerstattung ihres Betriebes gestellt. Dagegen hegen die Genossenschaftsbauern Bedenken, daß sie nunmehr nicht mehr die Unterstützung erhalten, wie es bisher gewesen ist. In zwei LPG haben je ein Mitglied den Austritt beantragt. Sie geben an, daß sie bei individueller Bewirtschaftung besser kommen als in der LPG. Anzeichen auf noch zu erwartende Aktionen sind nicht vorhanden.
Die Agenturarbeit ist sehr schlecht, zwar hatte vor den Ereignissen Verbindung bestanden, die aber ab 17. fast restlos abgerissen war und nur mit Schwierigkeiten aufgenommen werden konnte. Nur wenige GI sind ohne brauchbares Material zum Treff erschienen.
Kreis Hohenstein-Ernstthal
Zu ernsten Ausschreitungen ist es im Kreisgebiet nicht gekommen.
Am 16.06. nachmittags wurden im Möbelstoffwerk Hohenstein-E. Werk 2 Stimmen laut, am anderen Tage die Arbeit niederzulegen, wenn sich an der Norm nichts ändert. Die Arbeitsniederlegung kam nicht zur Durchführung.
Im Feinstrumpfwerk "Sachsenring", Werk Bernsdorf, fand am 17.06. eine kurze Arbeitsniederlegung statt. Das Werk beschäftigt 200 Arbeiter, davon waren 30 beteiligt. Man forderte, die Normen rückgängig zu machen. Hauptsprecher waren ein gew. [anonymisiert] und [anonymisiert]. Beide werden operativ bearbeitet.
Im Möbelstoffwerk III Hohenstein-Ernstthal kam es am 18.06. von 6.00 - 7.15 Uhr gleichfalls zu einer Arbeitsniederlegung wegen Normerhöhung, woran 45 Arbeiter teilnahmen. Die Gesamtbelegschaft beträgt 400 Beschäftigte. Sie stellten die Forderung:
1. Aufklärung über die Normerhöhung
2. Aufklärung über die Verhängung des Ausnahmezustandes.
Dabei entstand ein größerer Tumult, der durch undiszipliniertes Schreien einiger Kollegen verursacht wurde. Die Umsiedlerin [anonymisiert] schrie in die Versammlung hinein "Beseitigt die Oder-Neiße-Linie, damit wir mehr zu essen haben". Nach Aufklärung durch den Werksleiter lief die Produktion reibungslos weiter. Die Hauptpersonen werden operativ bearbeitet. Dazu wurde Hilfsagentur geworben.
Im allgemeinen wurde festgestellt, daß es sich bei den vermutlichen Rädelsführern größtenteils um aus der Partei ausgeschlossene Personen handelt.
Auf dem Gebiet der Landwirtschaft, des Bank- und Finanzwesens sowie Handel und Versorgung ist es zu keinen Ausschreitungen gekonnten. Es war in allen Objekten eine gute Arbeitsdisziplin vorhanden.
Die Mittelschichten der Bevölkerung verhalten sich abwartend und gehen nicht aus sich heraus, da sie den getroffenen Maßnahmen noch kein Vertrauen schenken. Die Festigkeit der 9 vorhandenen LPG ist sehr unterschiedlich. Die Ursachen liegen vorwiegend
Aufklärung hatte innerhalb des MfS unterschiedliche Bedeutungen: Sie wird zur Bezeichnung des Tätigkeitsbereiches der Auslandsspionage verwendet, die überwiegend von der HV A getragen wurde, die teilweise auch kurz als Aufklärung bezeichnet wird. Darüber hinaus findet der Begriff Verwendung bei der Bezeichnung von Sachverhaltsermittlungen (Aufklärung eines Sachverhalts) und von Überprüfungen der Eignung von IM-Kandidaten (Aufklärung des Kandidaten).
Im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform der DDR vom Sommer 1952 wurden die fünf Länderverwaltungen für Staatssicherheit (LVfS) in 14 Bezirksverwaltungen umgebildet. Daneben bestanden die Verwaltung für Staatssicherheit Groß-Berlin und die Objektverwaltung "W" (Wismut) mit den Befugnissen einer BV. Letztere wurde 1982 als zusätzlicher Stellvertreterbereich "W" in die Struktur der BV Karl-Marx-Stadt eingegliedert.
Der Apparat der Zentrale des MfS Berlin und der der BV waren analog strukturiert und nach dem Linienprinzip organisiert. So waren die Hauptabteilung II in der Zentrale bzw. die Abteilungen II der BV für die Schwerpunkte der Spionageabwehr zuständig usw. Auf der Linie der Hauptverwaltung A waren die Abteilung XV der BV aktiv. Einige Zuständigkeiten behielt sich die Zentrale vor: so die Militärabwehr (Hauptabteilung I) und die internationalen Verbindungen (Abteilung X) oder die Arbeit des Büros für Besuchs- und Reiseangelegenheiten in Westberlin (Abteilung XVII). Für einige Aufgabenstellungen wurde die Bildung bezirklicher Struktureinheiten für unnötig erachtet. So gab es in den 60er und 70er Jahren für die Abteilung XXI und das Büro der Leitung II Referenten für Koordinierung (RfK) bzw. Offiziere BdL II. Für spezifische Aufgaben gab es territorial bedingte Diensteinheiten bei einigen BV, z. B. in Leipzig ein selbständiges Referat (sR) Messe, in Rostock die Abt. Hafen.
An der Spitze der BV standen der Leiter (Chef) und zwei Stellv. Operativ. Der Stellv. für Aufklärung fungierte zugleich als Leiter der Abt. XV. Die Schaffung des Stellvertreterbereichs Operative Technik im MfS Berlin im Jahre 1986 führte in den BV zur Bildung von Stellv. für Operative Technik/Sicherstellung.
Von 1950 bis 1968 geltende Bezeichnung für die gewöhnlichen inoffiziellen Mitarbeiter, in den ersten Jahren auch nur Informatoren genannt. 1968 wurden die GI überwiegend zu IMS. GI dienten vor allem der allgemeinen Informationsbeschaffung. Sie wurden dabei auch zunehmend zur Sicherung von Institutionen, zur Feststellung der Bevölkerungsstimmung, zur Überprüfung verdächtiger Personen, zur Verhinderung von Republikfluchten oder auch bei Ermittlungen und Fahndungen eingesetzt.
Der Operative Vorgang (OV) war ein registrierpflichtiger Vorgang und Sammelbegriff für Einzel- bzw. Gruppenvorgänge (Registrierung, TV und ZOV). Er wurde angelegt, um im Rahmen von verdeckten, aber zum Teil auch offenen Ermittlungen gegen missliebige Personen vorgehen zu können (Anweisung 14/52 vom 10.9.1952: Vorgangsordnung; 1976 durch Richtlinie 1/76 "zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge" neu geregelt).
Ausgangspunkt des OV waren zumeist Hinweise auf, aus MfS-Sicht, strafrechtlich relevante Tatbestände (in der Regel Verstöße gegen die in der DDR geltenden politischen Normen), die es zu überprüfen galt. Bestandteil der nach einem klaren Abfolgeprinzip zu erstellenden OV waren "Maßnahmepläne" und ggf. in ihnen enthaltene Maßnahmen der Zersetzung, die vor allem dann zur Anwendung gelangten, wenn eine Inhaftierung aus taktischen Erwägungen als nicht opportun galt.
Im OV ermittelte das MfS nicht nur gegen die betreffende Person, es wurden auch Erkundigungen zum familiären Umfeld, zum Freundes- und Kollegenkreis u. ä. eingeholt. Konnten Delikte keinen Personen unmittelbar zugeordnet werden (z. B. Flugblätter, Losungen, anonyme Briefe), wurde ein OV gegen unbekannt eröffnet. Darin wurden die nach den Vorstellungen des MfS potenziell als Urheber in Frage kommenden Personen dahingehend überprüft, ob ihnen die "Tat" nachzuweisen war.
Häufig ging dem OV eine Operative Personenkontrolle (OPK) voraus. OV waren mit Vorschlägen zur Ahndung der nachgewiesenen Straftatverletzungen (z. B. Ermittlungsverfahren; Anwerbung; Zersetzungsmaßnahmen) bzw. bei Nicht-Bestätigung des Ausgangsverdachts durch Einstellen der Bearbeitung abzuschließen.
Fernschreiben der Bezirksverwaltung Karl-Marx-Stadt zu verhinderten Streikaktionen Dokument, 1 Seite
Meldung einer Arbeitsniederlegung in Freiberg Dokument, 1 Seite
Aufhebung des Ausnahmezustands in Karl-Marx-Stadt Dokument, 1 Seite
Meldung zu erneuten Streiks im Bezirk Karl-Marx-Stadt Dokument, 4 Seiten