Signatur: BStU, MfS, HV A, Nr. 210, Bl. 321-328
Am 24. Februar 1965 besuchte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht auf Einladung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser als offizieller Staatsgast Ägypten. Die Stasi verfolgte sehr genau, wie die Bundesrepublik auf diesen Affront Nassers reagierte, indem sie unter anderem "Äußerungen führender FDP-Politiker" auswertete.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese im Gegenzug die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war ein einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres gegeben. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel.
Im Oktober 1964 schließlich wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein verlässlicher Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als deutschem Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Die Stasi berichtete der Partei- und Staatsführung in der DDR im Februar 1965 über "Äußerungen führender FDP-Politiker" zum Nahostkomplex und insbesondere Ulbrichts Staatsbesuch in Ägypten. Diese befürchteten demnach, dass die Bundesrepublik unter Handlungsdruck geraten sei und auf die Politik der DDR reagieren müsse, was bedeute, die immer noch als "Zone" bezeichnete DDR "faktisch [...] aufzuwerten".
Mende stellte sodann fest, daß als Konsequenz der nunmehr enstandenen Lage die Wichtigkeit der Hallstein-Doktrin überprüft werden müsse. In diesem Zusammenhang führte Mende das Beispiel des Bonner Botschafters in Indonesien an, der in einem Gespräch gegenüber einem tunesischen Staatsmann auf einen entsprechenden Hinweis gesagt habe, daß er persönlich nichts dagegen hätte, mit dem Vertreter der Zone in Tunis zu verkehren und ihn bei offiziellen Empfängen zu begrüßen, jedoch ihm das durch die bestehende Hallstein-Doktrin untersagt sei.
Mende erklärte abschließend, daß er die gegenwärtige Haltung Israels nicht verstehe. Er meinte damit die Tatsache, daß es Israel abgelehnt habe, anstelle direkter Waffenlieferungen künftig nur noch finanzielle Mittel durch die Bundesrepublik zu erhalten. Ein FDP-Politiker bemerkte hierzu, daß er diese Haltung Israels mehr gut verstehe, weil sie dadurch die Bundesrepublik an ihre Politik binden wolle.
In diesem Zusammenhang berührte Mende das Problem des innerdeutschen Handels und machte die Andeutung, daß die FDP prädestiniert sei, über derartige Fragen mit der Zone zu verhandeln. Für die Zone müsse es doch angenehmer sein, mit der Bundesrepublik entsprechende Verträge abzuschließen, als Verträge mit anderen westlichen Ländern, da die Zone in diesen Fällen ja Devisen zahlen müßte, währen das im innerdeutschen Handel nicht der Fall wäre.
Die Erneuerung der Einladung, die die Bundesregierung an den derzeitigen sowjetischen Ministerpräsidenten Kossigyn zum Besuch der Bundesrepublik im Jahre 1965 gerichtet hat, kommentierte Mende dahingehend, daß es hierzu in diesem Jahr nicht kommen werde.
Mende blieb der Frage eines FDP-Politikers, ob denn in einer Situation, in der alles in der Politik in Bewegung sei, eine solche abwartende Haltung richtig sei, eine Antwort schuldig.
3. Zur Haltung der FDP-Führung gegenüber dem Problem der Verjährung von Naziverbrechen.
Bundesjustizminister Bucher und Bundestagsvizepräsident Dehler erklärten, die FDO solle bei ihrem Beschluß bleiben,
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Am 24. Februar 1965 besuchte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht auf Einladung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser als offizieller Staatsgast Ägypten. Die Stasi verfolgte sehr genau, wie die Bundesrepublik auf diesen Affront Nassers reagierte, indem sie unter anderem "Äußerungen führender FDP-Politiker" auswertete.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese im Gegenzug die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war ein einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres gegeben. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel.
Im Oktober 1964 schließlich wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein verlässlicher Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als deutschem Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Die Stasi berichtete der Partei- und Staatsführung in der DDR im Februar 1965 über "Äußerungen führender FDP-Politiker" zum Nahostkomplex und insbesondere Ulbrichts Staatsbesuch in Ägypten. Diese befürchteten demnach, dass die Bundesrepublik unter Handlungsdruck geraten sei und auf die Politik der DDR reagieren müsse, was bedeute, die immer noch als "Zone" bezeichnete DDR "faktisch [...] aufzuwerten".
sich gegen eine Verlängerung der Verjährung von Naziverbrechen auszusprechen. Hierbei nannten sie folgende Gründe:
a) Gegen die Verlängerung der Verjährungsfrist sei einzuwenden, damit ein juristischer Präzedenzfall hervorgerufen werde, der im Falle des Zustandekommens einer Koalition zwischen CDU/CSU und SPD nach der Bundestagswahl diesen Parteien freie Hand auch in der Annahme anderer Gesetze geben würde;
b) Es sei unmöglich, 20 Jahre nach Kriegsende noch ein wirkliches Urteil über die verübten Verbrechen abzugeben, zumal der größte Teil der Personen die in den Prozessen als Zeugen auftreten müßten, selbst nazistisch belastet seien. Außerdem stehe das Problem eventueller Freisprechungen in derartigen Prozessen (Bucher verwies auf den jüngsten Prozeß gegen Schunke und Kruney und betonte, daß der Freispruch einen der beiden Angeklagten zu Protesten geführt habe. Er sei auch für eventuelle weitere Prozesse im Falle einer Verlängerung der Verjährungsfrist zu erwarten, daß das In- und Ausland jeden Freispruch zum Anlaß nehmen würde, die Bundesrepublik weiter in Mißkredit zu bringen. Bereits 8 Tage nach Kriegsende hätte man schon nicht mehr genau entscheiden können, welche Verbrechen tatsächlich von welchen Personen begangen worden seien);
c) Kleinere Verbrechen, wie z.B. Totschlag, seien in einzelnen Fällen bereits durch einen entsprechenden Beschluß aus dem Jahre 1960 für verjährt erklärt worden. Im Falle einer Verlängerung der Verjährungsfrist würde in diesem Zusammenhang die Frage auftauchen, ob nun diese bereits verjährten Verbrechen erneut wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden müssen.
Aus den genannten Gründen sei es nach Auffassung Buchers rechtsstaatlich nicht zu vertreten, wenn eine Verlängerung der Verjährungsfrist beschlossen würde.
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Am 24. Februar 1965 besuchte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht auf Einladung des Präsidenten Gamal Abdel Nasser als offizieller Staatsgast Ägypten. Die Stasi verfolgte sehr genau, wie die Bundesrepublik auf diesen Affront Nassers reagierte, indem sie unter anderem "Äußerungen führender FDP-Politiker" auswertete.
Am 12. Mai 1965 vereinbarten Bundeskanzler Ludwig Erhard und der israelische Premierminister Levi Eschkol die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Dem Datum war eine jahrelange offizielle und geheime Annäherung von Israel und der Bundesrepublik vorausgegangen.
Die DDR dagegen unterhielt anders als die übrigen Staaten des Ostblocks zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zu Israel. Mit ihrer offen antizionistischen Haltung fand die DDR zunehmend Anerkennung in der arabischen Welt. Im Gegensatz dazu verlor die Bundesrepublik wegen ihrer Unterstützung Israels bei den arabischen Ländern an Ansehen und musste befürchten, dass diese im Gegenzug die DDR als souveränen Staat anerkennen könnten.
Die westdeutsche Außenpolitik war zu dieser Zeit von der "Hallstein-Doktrin" geprägt. Nahm ein Land diplomatische Beziehungen zur DDR auf, wertete die Bundesrepublik dies als "unfreundlichen Akt", der zum Abbruch der diplomatischen Kontakte führen konnte.
Rund vier Monate vor der Aufnahme diplomatischer Beziehungen war es zu einem Affront gegen die Bundesrepublik gekommen. Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den höchsten Repräsentanten der DDR, den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, als offiziellen Staatsgast eingeladen. Es war das erste Mal, dass ein Staat außerhalb des Ostblocks der DDR diese Möglichkeit bot. Vom 24. Februar bis 2. März 1965 besuchte Ulbricht Ägypten. Das Land war ein einflussreiches Mitglied der Organisation blockfreier Staaten und tonangebende Macht der Arabischen Liga.
Die Einladung Nassers an Ulbricht erfolgte auch als Antwort auf die jahrelangen, geheim gehaltenen Lieferungen von Waffen, Panzern und militärtauglichen Flugzeugen der Bundesrepublik an Israel. Bereits Ende 1957 hatte es Sondierungen zwischen dem bundesdeutschen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß und dem Generaldirektor des israelischen Verteidigungsministeriums Schimon Peres gegeben. In den folgenden Jahren dann lieferte die Bundesrepublik die zugesagte Militärausrüstung verschleiert über Frankreich an Israel.
Im Oktober 1964 schließlich wurde dieser bis dahin geheime Handel publik und sorgte für große Aufregung im arabischen Lager. Nassers Einladung an Ulbricht setzte die Bundesrepublik erneut unter Druck. Bis dahin war Ägypten ein verlässlicher Garant der Nicht-Anerkennung der DDR als deutschem Staat im Sinne der "Hallstein-Doktrin".
Die Stasi berichtete der Partei- und Staatsführung in der DDR im Februar 1965 über "Äußerungen führender FDP-Politiker" zum Nahostkomplex und insbesondere Ulbrichts Staatsbesuch in Ägypten. Diese befürchteten demnach, dass die Bundesrepublik unter Handlungsdruck geraten sei und auf die Politik der DDR reagieren müsse, was bedeute, die immer noch als "Zone" bezeichnete DDR "faktisch [...] aufzuwerten".
In diesem Zusammenhang gab Bucher bekannt, daß im Jahre 1960 die Justizminister der Länder einen Beschluß gefasst hatten, das Angebot verschiedener östlicher Staaten anzunehmen, Vertreter in diese Länder zur Sichtung des dort langernden Aktenmaterials zu entsenden.
Dieser Beschluß sei jedoch von der Bundesregierung mit dem Argument abgelehnt worden, eine Entsendung von Vertretern in diese Staaten würde mit der Hallstein-Doktrin in Widerspruch stehen. Bucher teilte diese Tatsache als Interna mit und äußerte, daß es unmöglich sei, derartige Tatsachen an die Öffentlichkeit zu bringen, da sie das Ansehen der Bundesrepublik weiter schwer erschüttern müßten.
Bucher ging dann auf die Tatsache ein, daß in dieser Frage allerdings eine neue Situation eingetreten sei. So sei erst jetzt bekannt geworden, daß die Zahl der noch nicht verfolgten Verbrechen wesentlich höher sei, als ursprünglich angenommen. So lagerten z.B. im Militärwissenschaftlichen Institut in Freiburg noch 80 t ungesichtetes Aktenmaterial, das zwar nicht nur Naziverbrechen betreffen, von dem aber anzunehmen sei, daß es unter Berücksichtigung der deutschen Gründlichkeit viele Darlegungen über begangene Verbrechen wie z.B. Erschießungen usw. enthalte. Ferner sei erst jetzt die Ermordung von 32.000 Polen in [unleserlich] bekannt geworden.
Trotz dieser erschütternden Tatsachen sei er der Meinung, daß die FDP bei ihrem bisherigen Standpunkt bleiben solle. Die Stellungnahme für die Verjährung sei in diesem Falle immer noch das kleinere Übel, weil man u.a. auch daran denken müßte, daß eine Änderung der Meinung seitens der FDP in der Öffentlichkeit wieder einmal als ein Umfallen der FDP-Minister angesehen werden könnte.
Bucher erklärte weiter, wenn das Bundeskabinett seinen bisherigen Beschluß, die Verjährungsfrist nicht zu verlängern, umstoßen würde, würde das für ihn als Konsequenz seinen Rücktritt als Justizminister und den Rücktritt aller FDP-Minister bedeuten, was zu einer neuen Koalitionskrise führen würde. Nur für den Fall, daß der Bundestag eine Verlängerung der Verjährungsfrist beschließen würde,würde er sich diesem Beschluß beugen und im Amt bleiben.
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Proteste der arabischen Staaten in Bonn wegen des Ausbaus der westdeutsch-israelischen Beziehungen Dokument, 2 Seiten
Äußerungen Willy Brandts und anderer West-Berliner SPD-Funktionäre zur Frage der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel Dokument, 5 Seiten
Äußerungen führender CDU-Kreise zu Walter Ulbrichts Besuch in Ägypten Dokument, 4 Seiten
Westdeutsche Einschätzung einiger außen- und wirtschaftspolitischer Probleme Israels Dokument, 7 Seiten